Die Bedeutung des Onlineshops wächst auch bei Würth: Mittlerweile trägt er 21 Prozent zum Gesamtumsatz der Künzelsauer Gruppe bei. Foto: Würth/Joerg Eberl

Der Konzern aus Künzelsau profitiert vom Boom der erneuerbaren Energien und steigert den Gewinn auf 1,5 Milliarden Euro. Konzernchef Robert Friedmann bleibt dennoch vorsichtig.

Am Ende ist das Jahr 2022 für Würth rund einen halben Tag zu kurz gewesen. Zwischen 40 und 50 Millionen Euro fehlten, um die symbolträchtige 20-Milliarden-Marke beim Jahresumsatz zu knacken. Die Differenz fährt das weltweit tätige 400-Firmen-Konglomerat mit Stammsitz in Künzelsau im Hohenlohekreis durchschnittlich an einem halben Arbeitstag ein.

„Schneller als die Konkurrenz“

Die firmenintern ausgerufene Jahresendrallye, in der die Geschäftsführung zu besonderem Einsatz aufgerufen und Mitarbeiter sich teils via Video über besondere Ideen und Aktionen ausgetauscht hatten, kam also ganz knapp vor dem Zielstrich zu stehen. Schade einerseits, meint dazu Robert Friedmann, der Sprecher der Konzernführung. Andererseits gerate man so wenigstens gar nicht erst in den Verdacht, man könnte das Ergebnis auf einen Wert, der ganz knapp darüber liegt, hingetrimmt haben.

Die Zahlen seien auch so als großer Erfolg für Würth zu werten. „Wir haben den Umsatz der Würth-Gruppe in zwei Jahren von 14,4 auf fast 20 Milliarden Euro steigern können“, sagt Friedmann. Allein im vergangenen Jahr legte die Gruppe dem vorläufigen Konzernabschluss zufolge beim Umsatz währungsbereinigt um 15,1 Prozent auf 19,95 Milliarden Euro zu, der Gewinn vor Steuern stieg von 1,27 auf die Rekordsumme von 1,5 Milliarden Euro. Und was noch wichtiger sei, so Friedmann: In wachsenden Märkten sei man schneller unterwegs als die Konkurrenz.

Weltweit beschäftigt Würth jetzt 65 637 Mitarbeiter

Die Mitarbeiter der deutschen Muttergesellschaft werden am Erfolg mit einer Sonderzahlung von bis zu 1000 Euro netto beteiligt, in anderen Regionen ist der Betrag nach Kaufkraft und Inflation gestaffelt. Insgesamt wendet der Konzern dafür 50 Millionen Euro auf – bei weltweit fast 86 000 Beschäftigten.

In Deutschland erhalten die Mitarbeiter zudem eine steuerfreie Einmalzahlung von 3000 Euro, die sich am Tarif der Metallbranche orientiert. Der Firmengründer Reinhold Würth hat allen Mitarbeitern außerdem ein Sachgeschenk in Aussicht gestellt, aber noch offengelassen, worum es dabei geht.

Zum Umsatz trugen die deutschen Firmen der Würth-Gruppe 7,85 Milliarden Euro bei, die Gesellschaften im Ausland 12,10 Milliarden. Der Konzern, der aus der Schraubenhandlung des Gründers hervorging und sich heute als Weltmarktführer in Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von Montage- und Befestigungsmaterial sieht, ist stark diversifiziert. Das Portfolio reicht von Dübeln bis hin zum Internationalen Bankhaus Bodensee, das unter anderem Transfers internationaler Fußballprofis abwickelt.

Mit einem Plus von 25 Prozent wuchs 2022 der Geschäftsbereich Elektrogroßhandel besonders stark. Würth profitiert dabei vom Run auf erneuerbare Energien. Für Photovoltaik-Anlagen liefert Würth beispielsweise Komplettpakete aus Solarpaneelen, Wechselrichter, Kabel und Befestigungmaterial an die Betriebe des Elektrohandwerks. Überproportional zugelegt haben zudem der OnlineHandel mit jetzt 21 Prozent am Gesamtumsatz und das Geschäft mit Industriekunden.

Die eigenen Bauprojekte liegen bis April auf Eis

Gegen ruckelnde Lieferketten hatte sich die Gruppe mit großen Lagerbeständen gewappnet und allein in deren Bestand in den vergangenen zwei Jahren 1,6 Milliarden Euro gesteckt. So blieb man auch während coronabedingter Engpässe lieferfähig.

Nicht völlig kompensieren konnte Würth allerdings die gestiegenen Kosten. Die Preise hätten nicht entsprechend erhöht werden können, sagt Friedmann, weswegen der Rohertrag seit zwei Jahren rückläufig sei.

Trotz des Wachstums in den zurückliegenden, krisengeprägten Jahren blickt Würth nur vorsichtig optimistisch ins neue Geschäftsjahr. Bei den Kunden würden die gestiegenen Personal- und Energiekosten erst jetzt voll durchschlagen. In der Baubranche führten gestiegene Kosten und Zinsen dazu, dass Projekte storniert oder auf später verschoben würden. Die Würth-Gruppe selbst agiert genauso: Seit September habe man keine eigenen Bauvorhaben mehr gestartet, auch wenn sie fertiggeplant seien, sagt Friedmann. Mitte April werde man dann darüber entscheiden. „Trotz aller Krisen behalten wir unseren Optimismus bei und handeln mit Bedacht“, sagt Friedmann.

Mehr als ein Schraubenkonzern

Mittelstand
 Trotz des Umsatzes von fast 20 Milliarden Euro und mittlerweile 85 637 Mitarbeitern versteht sich Würth als mittelständisches Unternehmen. Der Grund: die 400 Firmen der Gruppe agieren selbstständig, etwa die Hälfte davon liegt unter einem Jahresumsatz von zehn Millionen Euro.

International
 Der Konzern ist in mehr als 80 Ländern aktiv. Besonders stark wuchsen zuletzt die Umsätze in Nordamerika (plus 18 Prozent) und Osteuropa (plus 21). In Deutschland waren es plus 13 Prozent.