Adieu Waiblingen: Birgit Priebe hat 16 Jahre das Waiblinger Baudezernat geleitet, nun zieht es sie flussabwärts, nach Remseck. Im Interview verrät sie, welche Projekte sie noch gerne umgesetzt hätte.
Waiblingen - Nach 16 Jahren sagt Birgit Priebe der Stadt Waiblingen adieu. Die langjährige Baubürgermeisterin hat sich gegen eine Bewerbung für eine dritte Amtszeit entschieden. Nun zieht es sie flussabwärts: In Remseck am Neckar im Landkreis Ludwigsburg wird sie künftig das Baudezernat leiten.
Frau Priebe, Sie haben einmal Wahlen als die schlimmsten Momente in Ihrer Berufslaufbahn bezeichnet…
Ja, Wahlen sind furchtbar für mich.
Nach zwei Amtsperioden haben Sie darauf verzichtet, sich für eine dritte als Baubürgermeisterin in Waiblingen zu bewerben. Die Entscheidung hatte aber andere Gründe als Ihre Wahlphobie?
Ein wichtiger Grund war für mich die mangelnde Wertschätzung von Teilen des Gemeinderats. Die hat mich schon sehr getroffen.
Anfang Juli hat Sie der Remsecker Gemeinderat einstimmig zur neuen Baubürgermeisterin gewählt. Ein guter Start?
Ein sehr guter Start. Ich bin bislang noch nie einstimmig gewählt worden. Aber wenn ich nicht vorab so eindeutige Signale aus den Fraktionen bekommen hätte, hätte ich das Jobangebot wohl abgelehnt. Es war eine so schöne positive Gesprächsatmosphäre wie man sie sich nur wünschen kann.
Das heißt, die Kommune kam auf Sie zu?
Ja. Ich wollte eigentlich nach meiner Zeit in Waiblingen erst in Ruhe gucken, was ich mache. Ich bin bisher fremdbestimmt und als Getriebene durchs Leben gegangen. Das wollte ich mal anders machen. Doch als in der Zeitung stand, dass ich in Waiblingen nicht mehr kandidiere, hat der Remsecker Oberbürgermeister Dirk Schönberger mich angerufen und ich habe angefangen, über eine Bewerbung nachzudenken.
Und Sie haben schließlich ja gesagt!
Erst musste noch der Familienrat tagen, aber als der grünes Licht gegeben hatte, war klar, dass ich antrete.
Was wäre eine Alternative für Sie gewesen?
Ich hätte mir gut vorstellen können, selbstständig als Coach und Moderatorin zu arbeiten. Für Bereiche wie Personalentwicklung, Konfliktmanagement in der Verwaltung, Klausurtagungen und Bürgerbeteiligungsverfahren werden händeringend Leute gesucht. Ich habe nebenbei bei der Führungsakademie eine Ausbildung zum Coach gemacht, weil mich Personalführung sehr interessiert. Was einen guten Chef ausmacht, das ist nicht nur Fachkenntnis. Ein Chef muss auch Coach für seine Mitarbeiter sein und mit viel Empathie führen. Bei den Vorgesprächen in den Fraktionen und mit dem Oberbürgermeister hat sich gezeigt, dass in Remseck in Sachen Personalführung Bedarf besteht, was mich natürlich sehr interessiert.
Welches Projekt hätten Sie in Waiblingen gerne noch zu Ende gebracht?
Die Ansiedlung der Firma Daimler auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei Hess hätte ich gerne noch ein Stück weiter gebracht. Da ist noch vieles offen, das Projekt steckt in der Anfangsphase und ist das einzige, bei dem ich denke, da bräuchte es in diesem Stadium mich als koordinierende Person, da wird eine Lücke entstehen, bis meine Nachfolge geregelt ist. Ansonsten kann ich gut loslassen, denn für alle anderen Projekte gibt es hier ein super aufgestelltes Baudezernat.
Worauf sind Sie besonders stolz?
Auf den Stadtentwicklungsplan. Den haben wir gleich zu Anfang auf den Weg gebracht und stetig daran weitergearbeitet. Ich bin mit Leib und Seele Stadtplanerin. Außerdem bin ich stolz darauf, dass wir bei den Themen Regenerative Energien, Photovoltaik und Co2-Einsparung so weit gekommen sind. Zum Beispiel, dass wir eine Dachbegrünung in Gewerbegebieten vorschreiben. Den Klimawandel kann man nicht wegreden, der ist definitiv da und man muss dagegen halten.
Was hätten Sie gerne gebaut?
Das grüne Hochhaus! Es war ein richtig gut durchdachtes Projekt, insofern finde ich es sehr schade, dass es nicht gebaut wird. Das ist eine vertane Chance und wäre ein wunderbares Projekt für die geplante Internationale Bauausstellung 2027 gewesen.
Was hat Ihnen schlaflose Nächte bereitet?
Das Thema Postplatz und der Bürgerentscheid waren nicht lustig. Das hat mir schon zugesetzt. Es waren damals auch sehr knappe Entscheidungen im Gemeinderat. Und dann ganz am Anfang meiner Amtszeit in Waiblingen vor 16 Jahren gab es heftige Auseinandersetzungen um einen Mobilfunkmast auf dem Galgenberg, über den schon vor meinem Amtsantritt entschieden worden war. Da hat mich etwas ereilt! Es war ein Volksaufstand und ich wurde dabei namentlich beschimpft. Aber ansonsten sind viele Projekte zwar anstrengend, aber es überwiegt das Positive.
Welche Themen werden Sie künftig beschäftigen?
Das Thema Westrandbrücke und Nordostring wird mich weiter begleiten. Es ist mir damals in Kornwestheim begegnet, hat mich hier in Waiblingen als Baubürgermeisterin beschäftigt und wird es auch in Remseck tun. So langsam kenne ich bei diesem Thema alle Positionen. Und in Remseck beschäftigt mich natürlich die Neue Mitte. (Anm. d. Red.: In Remseck entsteht ein neues Zentrum mit einem Rathaus, einer Stadthalle und einer Mediathek).
Was werden Sie vermissen an Ihrem neuen Arbeitsplatz?
Meine Kollegen vom Dezernat und die tolle Aussicht aus meinem Büro mitten in der Stadt. Und die sehr gute Infrastruktur rund ums Büro. Von hier aus konnte ich alles schnell erreichen, zum Beispiel den Markt, auf den ich jeden Mittwoch gegangen bin, und den Buchladen, denn ich bin ein Bücherfresser.
Was lesen Sie?
Grundsätzlich alles, am liebsten aber Biografien, zum Beispiel von Stefan Zweig, weil sie oft viel Geschichte erzählen, man lernt also viel über eine Zeit. Und Krimis lese ich auch gerne, aber keine Psychothriller. Die würden mir schlaflose Nächte machen.
Stadtplanerin mit Leib und Seele
Persönliches:
Birgit Priebe ist im Jahr 1962 in Ludwigsburg geboren, ihre Mutter stammt aus Marbach am Neckar, ihr Vater aus Danzig. Sie hat nach dem Abitur Architektur und Stadtplanung studiert, hätte sich aber durchaus auch vorstellen können, Archäologin oder Lehrerin für Geschichte und Sport zu werden.
Berufslaufbahn:
Nach dem Studium hat Birgit Priebe erst in einem Architekturbüro gearbeitet. Dann wechselte sie in die Verwaltung und leitete von 1992 bis 2002 in Kornwestheim erst das Stadtplanungsamt, dann war sie Baubürgermeisterin. 2002 kam sie als Baubürgermeisterin nach Waiblingen. Birgit Priebe hat eine erwachsene Tochter.