Seit Januar müssen Nutzer die Biotonne zur Leerung nicht mehr an die Straße stellen – eigentlich eine Erleichterung. Doch die Einführung des neuen Vollservices geht nur stockend voran.
Stuttgart - So richtig rund will die Sache noch nicht laufen. Eigentlich sollte der Vollservice für die Biotonne, den die Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS) zu Beginn des Jahres eingeführt hat, den Anwohnern ihr Leben rund um die wöchentliche Müllleerung ja grundlegend erleichtern. Statt die Tonnen allwöchentlich an den Straßenrand wuchten zu müssen, können sie sie nun bequem an ihrem angestammten Platz stehen lassen, bis die Mitarbeiter der Abfallwirtschaft sie abholen. In der Praxis sieht das vor Ort jedoch bisweilen noch ganz anders aus – auch knapp vier Wochen nach der offiziellen Umstellung.
„Jeden Montag muss ich mich mit dem Mitarbeiter der Müllabfuhrherumstreiten“, beschwert sich zum Beispiel Wiltraud Rieder aus Bad Cannstatt. Seit Beginn des Vollservices stellt auch sie, die in einem Mehrfamilienhaus lebt, ihre braune Tonne nicht mehr wie gewohnt an den Rand der Straße, sondern lässt sie an ihrem angestammten Platz hinter dem Rosenbeet stehen. Doch während die Müllabfuhr sie dort auch ohne Probleme abholt, klappt es mit dem Zurückstellen weniger gut. Statt die leere Biotonne den kleinen Fußweg wieder zurück zu rollen, ließen die Mitarbeiter sie einfach am Straßenrand stehen, so Rieder: „Vollservice ist das ganz sicher nicht.“
Hier muss die Biotonne stehen
„Der Vollservice umfasst tatsächlich das Abholen des Behälters zur Leerung und das Zurückstellen nach erfolgter Abfuhr“, bestätigt auch Ann-Kathrin Gehrung von der Stadt Stuttgart. Einzige Einschränkung: Der Ort, an dem Wiltraud Rieder und andere Anwohner ihre Biotonne lagern, muss verschiedene Kriterien erfüllen, um den Service nutzen zu können. So darf er unter anderem nicht verschlossen, sondern muss frei zugänglich und anfahrbar sein. Der Weg bis zum Fahrzeug darf zudem nicht mehr als 15 Meter betragen. Sind diese und einige andere Kriterien erfüllt, steht dem Vollservice nichts mehr im Wege – zumindest in der Theorie.
In der Praxis bekommt Wiltraud Rieder eigenen Aussagen zufolge jedoch etwas anderes zu hören: Nachdem sie die Mitarbeiter der Müllabfuhr wiederholt auf das Problem mit der Tonne angesprochen habe, hätten diese ihr versichert, sie seien so informiert worden: abholen ja, zurückstellen nein. „Inzwischen weiß ich überhaupt nicht mehr, was eigentlich stimmt“, so Rieder.
„Wir werden den konkreten Fall gerne zum Anlass nehmen, das Ladepersonal nochmals entsprechend zu informieren“, räumt Gehrung ein. Es ist nicht der erste Vorfall, der deutlich macht, dass es bei der Einführung des neuen Systems zumindest ab und an mal unschön ruckelt. Das Ladepersonal müsse sich mit einer Vielzahl neuer Standplatzgegebenheiten vertraut machen und hinsichtlich der neuen Abfuhrsituation erst noch Routine gewinnen, erklärt Gehrung, die gleichzeitig betont, dass man nicht bedeutend mehr Beschwerden von Anwohnern vorliegen habe als sonst.
Der Vollservice ruckelt
Dazu kommt auch, dass die Abfallwirtschaft für die Umstellung auf den Vollservice zusätzliches Personal eingestellt hat, das jährlich rund 2,03 Millionen Euro Mehrkosten verursacht. „Auch die Anzahl der Biotonnen hat sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt“, sagt Gehrung. Inzwischen seien es mehr als 60.000 Tonnen, die geleert werden müssten. Die Startschwierigkeiten des Vollservices müsse man also immer in Relation dazu setzen.
Wiltraud Rieder hingegen erlebt den Streit um die Biotonne seit einem knappen Monat – und ist inzwischen verärgert. „Der Gebührenbescheid ist schon da, der Service aber nicht“, sagt sie. Fälle, in denen der Vollservice nicht wie gedacht umgesetzt worden seien, wolle man in den kommenden Wochen reduzieren, verspricht Gehrung.