In Baden-Württemberg gibt es rund 900 Biogasanlagen. Foto: dpa-Zentralbild

Eine Biogasanlage in Bad Friedrichshall (Kreis Heilbronn) hat mehr Biogas produziert als erlaubt. Die Aufsichtsbehörden auf allen Ebenen gehen von einer fahrlässigen Begehungsweise aus. Doch ein Schreiben stellt das infrage.

Bad Friedrichshall/Stuttgart - Trotz fragwürdiger Vorgänge rund um Bau und Betrieb einer Biogasanlage in Bad Friedrichshall hat das Wirtschaftsministerium als oberste Baurechtsbehörde eine erneute Prüfung der Baugenehmigung vom 28. Februar 2011 abgelehnt. Wie das Ressort von Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte, habe man den Sachverhalt bereits im Rahmen von mehreren Petitionsverfahren „eingehend geprüft“ und festgestellt, dass die Baugenehmigung damals rechtmäßig erteilt worden sei und die privilegierte Biogasanlage deshalb auch weiterhin betrieben werden könne.

Unserer Zeitung vorliegende Unterlagen belegen aber, dass die Anlage überdimensioniert gebaut worden ist. Im Jahr 2014 hatte sie die jährlich erlaubte Biogasmenge klar überschritten. Doch laut Wirtschaftsministerium führt dies nicht dazu, dass die Baugenehmigung erlischt. „Ein Entzug der Privilegierung und eine damit verbundene Nutzungsuntersagung käme nur dann in Betracht, wenn die nach Bauplanungsrecht zulässigen 2,3 Normkubikmeter Biogas pro Jahr wiederholt überschritten würden“, teilte das Ressort mit. Es wies ferner darauf hin, dass die zuständige Immissionsschutzbehörde – das Regierungspräsidium Stuttgart – seit der ersten Überschreitung überwacht, dass die maximal erlaubte Menge pro Jahr eingehalten wird.

Generalstaatsanwaltschaft spricht von einem „Missverständnis“

Im Zusammenhang mit der Anlage, die unter anderem die SLK-Kliniken mit Energie versorgt, stehen nicht nur die Aufsichtsbehörden im Fokus – auch die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart ist in Erklärungsnot geraten. Sie machte in einem Schreiben vom 12. November 2015 an einen Bürger falsche Angaben. So hieß es darin: „Eine tatsächliche Überschreitung der in der Baugenehmigung enthaltenen Grenzwerte der Biogasmenge (. . .) lag und liegt nicht vor.“ Dabei hatte das Landratsamt Heilbronn rund ein halbes Jahr vorher festgestellt, dass im Jahr 2014 mehr Biogas produziert wurde als erlaubt.

Auf Anfrage unserer Zeitung sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart, Jan Dietzel, dem Bescheid an den Bürger scheine „ein Missverständnis“ zugrunde zu liegen. Wie genau es dazu gekommen sei, sei nicht mehr nachzuvollziehen. Es könne aber ausgeschlossen werden, dass das Landratsamt falsche Angaben gemacht habe. Der Bußgeldbescheid liege in den Akten.

E-Mail aus der Planungsphase wirft Fragen auf

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte sich mit dem Fall überhaupt erst befasst, weil ein Bürger mit dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft Heilbronn in der Causa Biogasanlage nicht einverstanden war und Beschwerde einlegte. Weil die Anlage eine höhere installierte Produktionskapazität aufweist als baurechtlich erlaubt, hält der Mann die Genehmigung für rechtswidrig und den Betrieb für illegal. Deshalb stellte er Strafanzeigen, etwa gegen den damaligen Bürgermeister von Bad Friedrichshall. Allerdings ohne Erfolg. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Wegen der tatsächlichen Überschreitung der erlaubten Menge im Jahr 2014 verhängte das Landratsamt Heilbronn unterdessen ein Bußgeld in Höhe von 5000 Euro gegen den Landwirt, auf dessen Hof die Anlage auch steht. Die Behörde ging damals von einer fahrlässigen Begehungsweise aus und schaltete deshalb nicht die Staatsanwaltschaft ein. Aus Sicht von Dietzel haben „Anhaltspunkte für eine insoweit fehlerhafte Bewertung des Landratsamts“ nicht vorgelegen.

Jedoch liegt unserer Zeitung eine E-Mail vom 13. April 2011 aus der Planungsphase der Anlage vor, die eine fahrlässige Begehungsweise zumindest infrage stellt. Darin schreibt ein staatlich geprüfter Techniker, dass das Bauvorhaben „technisch und genehmigungsrechtlich so nicht gebaut werden“ könne. Seit Juni 2013 ist die Anlage trotzdem in Betrieb.