Die traditionelle Blaufärbung von Jeans belastet die Umwelt.Foto: Fotolia Foto:  

Der traditionelle Farbstoff Indigo macht Jeans blau, schneidet aber in punkto Ökologie nicht gut ab. Wissenschaftler suchen deshalb nach Alternativen – und sind dabei auf Colibakterien gestoßen.

Stuttgart - Zunächst verblüfft der Vorschlag von John Dueber von der University of California in Berkeley und seinen Kollegen in der Zeitschrift „Nature Chemical Biology“: Die Forscher wollen den Farbstoff Indigo für Jeans-Stoffe mit Hilfe von Bakterien viel umweltverträglicher als bisher herstellen. Dabei verwenden Menschen diesen tiefblauen Farbstoff bereits seit mindestens 6000 Jahren und gewinnen ihn aus Pflanzen.

Bis ins 17. Jahrhundert bauten die Bauern in Thüringen auf mehr als 3500 Hektar Färberwaid an, weil sie daraus Indigo herstellen und so gutes Geld verdienen konnten. Kügelchen aus getrocknetem Pflanzenbrei weichten die Färber in Urin und der aus Holz gewonnenen Pottasche ein und gewannen so Indigoweiß. Diese Substanz haftet gut an Stoffen, die anschließend auf einer Wiese in die Sonne gelegt wurden. Die intensive Strahlung verändert das Indigoweiß. Dabei entsteht das eigentliche Indigo mit seiner tiefblauen, ins Violette spielenden Farbe. Weil der Färber diesen Job der Sonne überließ und selbst die Hände in den Schoß legen konnte, prägten Beobachter für solches Nichtstun bald den Begriff „blau machen“.

Später bauten die Kolonialmächte in ihren tropischen Gebieten die Indigofera-Pflanze aus Indien an, die dreißigmal mehr Indigo lieferte als der aus der Türkei stammenden Färberwaid. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde dieser Naturfarbstoff zunehmend von Indigo abgelöst, das die deutschen Firmen Bayer und Hoechst großtechnisch aus Kohle herstellten. Dieses synthetische Indigo wird auch heute noch produziert – und zwar nicht gerade umweltverträglich. Grundstoff ist das mittlerweile aus Erdöl hergestellte Anilin, das nicht nur ein starkes Gift ist, sondern auch Blasenkrebs verursachen kann. Mit Hilfe von ebenfalls eher kritisch betrachteten Chemikalien wie dem giftigen und krebserregenden Formaldehyd, der hochgiftigen Blausäure und dem leicht entzündlichen, ätzenden und für Gewässer gefährlichen Natriumamid wird daraus Indigo hergestellt.

Billige Chemikalien belasten die Umwelt

Damit dieser Farbstoff an den Fasern haften bleibt, muss er ein wenig verändert werden, Chemiker nennen diese Reaktion Reduzieren. Die meisten Firmen verwenden dazu die Chemikalie Natriumdithionit, die billig ist und eine rasche Reaktion garantiert. Diese Substanz wird auch zum Bleichen von Zucker und Papier, sowie in einer Reihe weiterer Prozesse verwendet, die alle mehr oder weniger umweltbelastend sind. Schließlich entstehen aus Natriumdithionit Sulfat und Sulfit, die ihrerseits Geräte und Rohre der Firmen, sowie die Anlagen zur Abwasserbehandlung angreifen.

Vor allem in Ländern mit geringeren Umweltauflagen verzichten manche Firmen daher ganz auf eine Behandlung und leiten das Abwasser direkt in Flüsse, wo es das Ökosystem erheblich schädigt. Auch kann sich Natriumdithionit unter Umständen selbst entzünden und reizt obendrein Augen, Haut und Schleimhäute.

Angesichts dieser Nachteile verwundert es nicht, dass längst andere blaue Farbstoffe entwickelt wurden, die Indigo heute weitgehend ersetzen. Mit einer Ausnahme: Die Hersteller von Jeansstoffen setzen nach wie vor auf Indigo, weil diese Farbe beim Waschen nicht abgeht, aber an besonders beanspruchten Stellen abgerieben wird. Dadurch hellen sich der Gesäß- und Kniebereich, sowie die typischen Falten einer Jeanshose nach längerem Gebrauch auf, während der Rest der Hose blau bleibt. Genau solche Muster aber geben einer Jeans ihre individuelle Note und machen Jeansstoffe so beliebt. Von den im Jahr 2011 produzierten 50 000 Tonnen Indigo wurden 95 Prozent zum Färben der rund vier Milliarden Jeanshosen und anderen Kleidungsstücke aus diesem äußerst robusten Stoff verwendet, die im gleichen Jahr genäht wurden.

Genveränderte Bakterien ahmen die Vorgänge in der Pflanze nach

Die Zeit scheint daher reif für eine erheblich weniger problematische Färbung mit dem offensichtlich bei Jeansstoffen kaum zu ersetzenden Indigo. Dazu ahmen John Duebel und seine US-Kollegen die Prozesse nach, mit der Färberknöterich-Pflanzen in ihren Blättern Indigo herstellen. Allerdings verlegen die Forscher diese Vorgänge mit den Methoden der Gentechnologie von den Pflanzen in Escherichia-coli-Bakterien.

Zunächst stellen Pflanzen und Bakterien gleichermaßen ein Indol genanntes Biomolekül her, das im Organismus dann durch einen Oxidationsprozess zu einer Indoxyl genannten Substanz umgebaut wird. Da dieses Indoxyl rasch weiter reagieren und sich so verändern würde, schützen die Forscher es mit einem Zuckermolekül. Den Zucker hängen sie mit Hilfe eines Enzyms an, das sie vorher in der Pflanze entdeckt hatten. Dabei entsteht das stabile Indikan, das bis zur Verwendung ohne Probleme gelagert werden kann. Beim Färben heftet sich Indikan an die Textilien. Jetzt entfernt ein weiteres Enzym den Zucker wieder, erneut bildet sich Indoxyl. Diese Substanz wandelt der Sauerstoff der Luft dann direkt auf den Fasern in Indigo um und färbt die Jeans so tiefblau.

Im Labor funktioniert dieses Verfahren bereits sehr gut. Für die industrielle Anwendung muss es allerdings noch angepasst werden. So sind zum Beispiel die verwendeten Enzyme noch recht teuer. Um das Färben der Jeans nicht zu sehr zu verteuern, sollten billigere Varianten gefunden werden. Solche Hürden muss aber fast jeder neue technische Prozess überwinden. Daher dauert es meist einige Jahre, bis solche Erfindungen sich durchsetzen. Es dürfte also noch ein wenig Zeit ins Land gehen, ehe umweltverträglich gefärbte „grüne“ Jeans in echtemIndigo-Dunkelblau im Laden angeboten werden.

Farben aus Pflanzen

Färberwaid Die Pflanze mit dem latenischen NamenIsatis tinctoria wuchs ursprünglich wohl in der Türkei, Algerien und Marokko, wurde aber bereits seit vielen Jahrhunderten auch in Europa verwendet. So sollen sich vor rund 2000 Jahren die Kelten vor Schlachten mit den Blättern des Färberwaids eingerieben haben, um mit ihrer dunkelblauen Haut den Feind zu erschrecken. In Thüringen wurde die Pflanze ab dem 9. Jahrhundert angebaut und verhalf etwa der Handelsstadt Erfurt zu Reichtum.

Indigo Die Pflanze Indigofera tinctoria stammt ursprünglich aus Indien und wurde dort seit der Antike auch angebaut, um aus den Blättern die Indigo-Farbe zu gewinnen. Vor 4500 Jahren legten auch die Ägypter Indigo-Plantagen an. Im 18. Jahrhundert wurde Indigo dann in South Carolina angebaut und war bis zur Unabhängigkeit der USA im Jahr 1776 eines der wichtigsten Produkte der britischen Kolonie.

Färberknöterich (Persicaria tinctoria) heißt eine Pflanze, die in Osteuropa und Asien wächst. Aus ihren Blättern wurde bereits vor 3000 Jahren in China Indigo hergestellt.