Nach wie vor werden zu wenig blaue Biobeutel zur Abholung bereit gestellt. Foto: Rudel

Der blaue Bio-Beutel ist im Kreis Göppingen wenig beliebt. Obwohl die Abfalltrennung bares Geld wert ist, mangelt es an Resonanz. Die Verantwortlichen denken deshalb über eine mengenmäßige Erfassung des Restmülls nach.

Kreis Göppingen - Von einer Zwischenbilanz oder gar von einer abschließenden Bewertung wollte Eberhard Stähle nicht sprechen. Dies hatte der Leiter des kreiseigenen Abfallwirtschaftsbetriebs (AWB) deutlich gemacht, noch ehe er im Umwelt- und Verkehrsausschuss mit seinem Bericht über die getrennte Sammlung von Biomüll begann. „Nach sechs Monaten sind wir noch immer in der Anfangsphase und sammeln Erfahrungen“, betonte er.

Diese Warnung an die Kreisräte hätte es gar nicht gebraucht. Jeder der mit offenen Augen durch die Straßen geht oder fährt, sieht, dass es mit der allgemeinen Beteiligung an dem neuen Verfahren hapert. Rund 30 Tonnen an Küchenabfällen und Speiseresten kommen im Durchschnitt pro Woche zusammen. Etwa das Vierfache ist, wie eine Restmüllanalyse ergeben hat, rein theoretisch verfügbar.

Bereits durch 800 Tonnen werden 100 000 Euro gespart

Dennoch konnte Stähle eine Rechnung aufmachen, die zeigte, dass eine getrennte Abfuhr nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll ist. „Bereits durch die 800 Tonnen, die wir nicht verbrennen lassen mussten, konnten wir unter dem Strich rund 100 000 Euro sparen“, erklärte er. Schaffe man das mittelfristig gesetzte Ziel von 6000 Tonnen im Jahr, ließen sich allein hier die Kosten um 750 000 Euro reduzieren, fügte der AWB-Chef hinzu.

„Und, es ist noch wesentlich mehr drin“, legte Stähle nach. So habe die jetzt durchgeführte Untersuchung ergeben, dass rund ein Drittel des versammelten Restmülls aus Wertstoffen bestehe. „Papier, Glas, Leichtverpackungen, Textilien und eben Bioabfälle, da wandert alles rein“, stellte er klar. Würde sich dies ändern, könnten die Gebührenzahler um 2,6 Millionen Euro entlastet werden, was immerhin gut 20 Euro pro Haushalt entspräche.

Stähles Fazit: „Auch wenn das System inzwischen funktioniert, ist die Akzeptanz bei der Bioabfallsammlung noch nicht zufriedenstellend. Mittelfristig werden wir uns also über mengenbezogene Gebührenkomponenten Gedanken machen müssen.“ Offenbar nützten Appelle nichts. Klappen würde es wohl nur über den Geldbeutel, ergänzte er.

CDU würde das System am liebsten wieder abschaffen

Bis es überhaupt so weit sein kann, will der AWB, zum Wohlwollen etlicher Ausschussmitglieder, für das neue Modell weiter die Werbetrommel rühren. „Man muss den Leuten rüberbringen, dass es billiger wird, wenn sie weniger in die graue Tonne werfen“, sagte Brigitte Pullmann (SPD). Der FW-Rat Werner Stöckle hält „vermehrte Hinweise auf die Kosten ebenfalls für gut“. Auch Martina Zeller-Mühleis von den Grünen könnte sich vorstellen, „weitere monetäre Anreize zu schaffen“. Den blauen Sack empfindet sie dabei „zwar nicht als die beste, aber als eine akzeptable Lösung“.

Wolfgang Rapp (CDU) ist da anderer Ansicht: „Das System hat sich nicht bewährt und wird nicht akzeptiert. Nur 15 Prozent der Bevölkerung haben die Biobeutel nachgekauft.“ Rapp verwies auf andere Kreise, die noch nicht auf eine separate Abfuhr umgestellt hätten. „Es gibt also doch Ausnahmen.“ Auf Stähles Rückfrage, ob Rapps Fraktion die separate Sammlung wieder abschaffen wolle, nickte der CDU-Mann. Dass das nicht ohne weiteres möglich ist, zeigte sich jedoch rasch, da der Vertrag mit dem Entsorger über sechs Jahre läuft.

Landrat Edgar Wolff verstand aber nicht nur deshalb nicht, warum die CDU beim Biomüll-Beutel zurückrudern möchte. „Die Prognosen zeigen, dass es sinnvoll ist, das System fortzusetzen, weil es technisch machbar, wirtschaftlich zumutbar und ökologisch vorteilhaft ist“, betonte Wolff. Der Erste Landesbeamte Jochen Heinz warnte gar vor juristischen Konsequenzen: „Auch wenn uns die Umweltministerin nicht sagen wird, wie sie rechtsaufsichtlich gegen die Landkreise vorgeht, die sich nach wie vor weigern.“ Unter dem Strich blieb deshalb die gemeinsame Hoffnung, dass mit einer offensiven Öffentlichkeitsarbeit, die Akzeptanz der blauen Säcke in der Bevölkerung gesteigert werden kann.