Sascha Binder ist gut vernetzt in der Landes-SPD – nun will er auch Fraktion und Partei näher zueinander bringen. Foto: dpa

Der Vize der SPD-Landtagsfraktion, Sascha Binder, will auch Generalsekretär werden und der Partei mehr Schlagkraft verleihen. Landeschefin Leni Breymaier macht ihre Zukunft offenbar nicht mehr vom Verbleib der aktuellen Generalsekretärin Luisa Boos abhängig.

Stuttgart - SPD-Landeschefin Leni Breymaier erhält weiteren Gegenwind: Zunächst hatte Landesvize Lars Castellucci angekündigt, ihr das Amt streitig machen – was demnächst per Mitgliedervotum entschieden werden soll. Und nun will Fraktionsvize Sascha Binder auf dem Landesparteitag zum Generalsekretär gewählt werden. Der Angriff zielt zunächst auf Luisa Boos, für die Breymaier mit vollem Einsatz gekämpft hat – letztendlich aber auf die Landesführung. Er könnte die Gräben noch vertiefen.

Was denn passieren solle, wenn sowohl Breymaier als auch er selbst am 24. November gewählt werden, wird Binder bei der Bekanntgabe seiner Kandidatur gefragt. „Dann schauen wir uns beide tief in die Augen, weil wir uns schon sehr lange kennen“, sagt der 35-Jährige. „Dann sind wir von der Partei gewählt, unser Amt auszuführen.“ Alle Gewählten hätten die Verantwortung zusammenzuarbeiten – „egal, ob mir die Nase vom anderen gefällt oder ob es alte Geschichten gibt“. Er könne sich vorstellen, dass das gut funktioniert. „Dazu sind wir auch verdammt“, fügt er an. Denn sonst dürfe die SPD nicht hoffen, bei der Landtagswahl 2021 erfolgreich zu sein.

Schluss mit der Binnenorientierung

„Persönlich sind wir im Großen und Ganzen immer ganz gut miteinander ausgekommen“, sagt Binder. „Wir sind professionell miteinander unterwegs.“ Dennoch könnte ein Tandem Breymaier-Binder versucht sein, in unterschiedliche Richtungen zu lenken. Denn er verbindet seine Kandidatur mit der Ansage eines Kurswechsels: „Ich kann nicht erkennen, dass wir in Struktur und Parteiarbeit einen Schwerpunkt auf die Außenwirkung gelegt haben“, rügt er. „Das muss sich schlagartig ändern, wenn wir eine andere Wahrnehmung in der Bevölkerung haben wollen.“ Schluss mit der Binnenorientierung – die Landespolitik müsse wieder im Mittelpunkt stehen. Und nur gemeinsam mit Fraktion und Landespartei „können wir Schlagkraft entwickeln“. Die Fraktion habe schon vor zwei Jahren gesagt, dass beide Seiten in der Person des Generalsekretärs enger verzahnt werden müssten. Damals bestand Breymaier jedoch auf Luisa Boos als Frau ihres Vertrauens. „Wir fühlen uns bestätigt darin, dass es ein Fehler war, dies nicht zu tun“, resümiert Binder.

Binder will die Abteilung Attacke besetzen

Die Parteigliederungen vor Ort müssten besser genutzt werden, um die im Parlament diskutierten Themen – etwa zur Wohnungsbaupolitik – mit verständlichen Botschaften zu verbinden und in erfolgreiche Kampagnen umzumünzen, mahnt er. Umgekehrt gehe es darum, dass man frühzeitig darüber rede, wie man die in der Landespartei erarbeiteten Inhalte auch im Parlament umsetzen kann. Man dürfe „nicht nebeneinander herlaufen, was immer mal wieder unser Problem war“. Zudem will Binder dazu beitragen, in der Auseinandersetzung mit den anderen Parteien „mehr zuzuspitzen“. „Da muss es eine Rollenverteilung geben“, sagt er. Soll wohl heißen: Nicht nur im Landtag, sondern auch für die Landespartei will er künftig die Abteilung Attacke anführen.

Der Jurist hat mehrere Jahre als Rechtsanwalt in Göppingen gearbeitet und ist 2011 ins Parlament eingezogen. Den Posten des Generalsekretärs will er – anders als Boos – nur ehrenamtlich wahrnehmen. Ob es nicht konsequenter gewesen wäre, gleich für den Vorsitz zu kandidieren, wird er gefragt: „Das Amt des Generalsekretärs kann ich mir vorstellen – da kann ich einbringen, was ich kann“, erwidert er. „Mit gefällt das Amt.“

Kein Junktim mit Luisa Boos mehr

Lars Castellucci twittert daraufhin: „(. . .) Nach meinem Plädoyer für einen engen Schulterschluss im Land gibt es seit heute mit @saschabinder eine Bewerbung für die Position des Generalsekretärs. Gut so.(. . .).“ Der Landesvize hatte dazu ermuntert, dass sich ein Kandidat aus der Fraktion oder ihrem Umfeld um den Generalsposten bewerben möge. Binder versichert nun, dass er sich nicht mit Castellucci im Vorfeld abgesprochen hätte. Diesen wie auch Breymaier habe er am Dienstagabend über seinen Vorstoß informiert, nachdem ihm die Fraktion breite Rückendeckung gegeben hätte. Wie sie reagiert hätte? „Gefasst“, sagt er nur.

Öffentlich will die Landesvorsitzende zunächst nicht Stellung nehmen. Allerdings twittert sie ihrerseits: „Auch wenn #SaschaBinder nicht mein Vorschlag ist, so ist es doch ein gutes Zeichen, wenn in für die #SPD schwierigen Zeiten viele bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Mein Vorschlag: #LuisaBoos.“ Dennoch verknüpft sie ihren Verbleib im Amt nicht mehr zwingend mit dem von Luisa Boos – das frühere Junktim gilt nicht mehr. Beim Mitgliederentscheid gehe es allein um die Frage, wer den Landesvorsitz übernehmen solle, nicht um den Generalsekretär, sagt Breymaier.

Luisa Boos wiederum verweist in einer Stellungnahme auf die bisherigen Erfolge nach dem „Desaster von 2016“ und betont: „Mir ist vor diesem Wettstreit nicht bange.“