„You Should See Me In A Crown“: Billie Eilish beim Start ihrer Tournee in Berlin Foto: Getty

Sie hat das Zeug zum nächsten großen Ding. Mit Songs wie „Bury A Friend“ und „When The Party’s Over“ hat die Newcomerin Billie Eilish in Berlin ihre Tournee begonnen.

Berlin - Wenn die Teenager der Stadt am späten Montagabend in Prenzlauer Berg entweder draußen mit ihren Ohren an den Wänden des Kesselhauses kleben oder drinnen kreischend ihre Handys in die Höhe strecken, ist Billie Eilish in der Stadt. Die 17-Jährige aus Los Angeles ist die Popsensation der Saison. Ihr Debütalbum erscheint zwar erst im März, doch der Hype um Musik von Billie Eilish, die ein emotional aufgeladener Mix aus Hip-Hop, Avantgarde, Pop und Teenie-Schwermut ist, wirbelt längst schon das Internet heftig durch.

 

When we all fall asleep, where do we go?

Der Song, auf den sich gerade alle einigen können – depressiv veranlagte Pubertierende ebenso wie dauerskeptische Popkritiker der wichtigen Musikmagazine – heißt „Bury A Friend“: ein düsteres Schlaflied das einen mit einem tuckernden Elektro-Shuffle-Beat und einer hypnotischen Melodie unruhig träumen lässt. „When we all fall asleep, where do we go?“ fragt Eilish in diesem düster eingefärbten Stück über Verlust, Trauer und darüber, was nach dem Tod passiert.

Beim natürlich ausverkauften Auftritt in Berlin spielt sie das Lied tatsächlich zum allerersten Mal live. Und so sehr man sich darüber freut, dass Billie Eilish offenbar doch nicht das somnambule Gothic-Girl ist, das man aus den Videos kennt, sondern ein überdrehtes, langhaariges Mädchen, das im viel zu großen T-Shirt über die Bühne rennt, zappelnd tanzt und sich über die Begeisterung des Publikums freut, so verlieren einige ihrer Songs doch in der Liveinszenierung etwas von ihrem dunklen Zauber, von ihrer alptraumhaften Eindringlichkeit.

Eine Art Coming-of-Age-Soundtrack

Irgendwo zwischen Lana Del Rey und St. Vincent, zwischen Dark Wave und Bubblegum Pop findet Billie Eilish ihre musikalische Lücke, füllt sie mit Zittern, Wabern, Blubbern und einer Überdosis Larmoyanz und Aufmüpfigkeit. Nachdem der Auftritt mit einer Einspielung von Paul Ankas „Put Your Hand On My Shoulder“ eingeleitet wurde, spielt sie sich kreuz und quer durch ihr gar nicht so kleines Repertoire, das einer Art Coming-of-Age-Soundtrack gleicht. Da gibt es zum Beispiel Platz für das niedlich-trotzige „Party Favor“, bei dem sie sich eine Ukulele umhängt, für Herzschmerz-Balladen wie „Don’t Be That Way“, für fies zickende Elektropop-Rabauken wie „You Should See Me In A Crown“, für empfindlich-labile Stimmungsbilder wie „When The Party’s Over“ und den einen oder anderen klugen Ratschlag an ihr gleichaltriges Publikum: „Wenn ihr mich schon die ganze Zeit mit euren Handys filmen müsst“, sagt sie einmal zwischen den Liedern, „dann schaut dabei wenigstens nicht aufs Display, sondern auf mich: Denn diesen Moment hier und jetzt gibt es nur einmal. Der kommt nicht wieder.“