Während der Corona-Pandemie meldet sich Bill Murray aus der Badewanne zu Wort. Doch mit 70 Jahren ist der Komiker noch nicht im Ruhestand, im Gegenteil: Gleich drei Filme stehen an, auch als Geisterjäger wieder.
Los Angeles - Bill Murray sitzt in seinem Haus in Charleston (South Carolina) mit Pudelmütze und T-Shirt in der Badewanne. Er plaudert über Schaumbäder, Baseball und die Corona-Pandemie. Talkshow-Moderator Jimmy Kimmel hat den gewöhnlich publicityscheuen Schauspieler im Mai für das Interview gewinnen können. Während die Wanne vollläuft, gibt Murray Quarantäne-Ratschläge.
Ein Junge namens Ryder möchte von dem Star wissen, ob er seinem Vater erlauben solle, seine Haare zu schneiden, solange die Friseure zu sind. Mach es selber, empfiehlt Murray mit halbernster Miene. Er sei mit so vielen Geschwistern aufgewachsen, dass die Eltern ihnen stets die Haare schnitten. „Ich schneide mir nun selbst die Haare, und das sieht viel besser aus“, erklärt der Komiker. Ein paar graue Locken schauen unter der Strickmütze hervor. Murray, der an diesem Montag (21. September) 70 Jahre alt wird, macht seinem Ruf als Hollywood-Witzbold und Sonderling alle Ehre.
Murray ist schwer zu erreichen. Manager und Sprecher hat er nicht, nur ein Anwalt ist als Kontaktperson für den Schauspieler in einer Celebrity-Datenbank gelistet. Feedback auf Anfragen, wie der Schauspieler das runde Jubiläum feiert, gibt es nicht.
Im März 2021 kommt „Ghostbusters: Afterlife“ in die Kinos
Doch während der Corona-Pandemie ist Murray geradezu redselig. Im Juni machte er bei einer Zoom-Schalte mit „Ghostbusters“-Kollegen wie Dan Akroyd, Ernie Hudson und Sigourney Weaver mit. Komiker Josh Gad lockte die alten Geisterjäger für seine „Reunited Apart“-Serie vor die Kamera, um Spenden für einen guten Zweck zu sammeln.
Auch Regisseur Ivan Reitman und dessen Sohn Jason waren dabei, schließlich ging es auch um die von Jason inszenierte Fortsetzung „Ghostbusters: Afterlife“, in der Murray zum dritten Mal in seine legendäre Rolle als der Parapsychologe Dr. Peter Venkman schlüpft. Der Komödienspuk sollte schon in diesem Sommer im Kino anlaufen, doch coronabedingt ist nun März 2021 geplant.
Als Geisterjäger wurden Murray, Akroyd und der 2014 gestorbene Harold Ramis zu Kultfiguren. Ivan Reitman brachte den Klamauk „Ghostbusters - Die Geisterjäger“ über drei Wissenschaftler die eine Firma zur Geisterbekämpfung gründen, 1984 auf die Leinwand. 1989 schlug das Trio noch einmal zu.
Bill Murray tritt in den neuen Streifen von Wes Anderson und Sofia Coppola auf
Mit 70 Jahren belässt es der Komiker nicht nur bei einer Geisterjagd. Murray-Fans können sich auf zwei weitere, vielversprechende Auftritte freuen. In dem star-besetzten Comedy-Drama „The French Dispatch“, dem neuen Film von Wes Anderson, tritt Murray neben Tilda Swinton, Frances McDormand, Benicio del Toro und Timothée Chalamet in Aktion. Es geht um eine Gruppe amerikanischer Journalisten, die im 20. Jahrhundert in einer französischen Stadt für die Zeitung „The French Dispatch“ über Politik, Kultur und Leute schreiben. Die zentrale Figur ist der Herausgeber Arthur Howitzer Jr., gespielt von Murray. Er wirkte in den meisten Filmen von Regie-Wunderkind Anderson mit, darunter „Rushmore“, „Die Royal Tenenbaums“, „Die Tiefseetaucher“, „Moonrise Kingdom“ und „Grand Budapest Hotel“.
Für die Regisseurin Sofia Coppola macht sich Murray in „On the Rocks“ ausnahmsweise richtig schick. In einer seltenen Dandy-Rolle mimt er den Vater einer verheirateten New Yorkerin (Rashida Jones), die Zweifel an der Treue ihres Ehemannes hat. Zusammen spionieren Vater und Tochter im nächtlichen New York dem Gatten hinterher. Die Gesellschaftskomödie kommt Anfang Oktober in die deutschen Kinos.
Sofia Coppola holte aus Murray schon vor 17 Jahren in „Lost in Translation - Zwischen den Welten“ eine brillante Darbietung heraus. Die Rolle des alternden Filmstars, der in Tokio einen Whiskey-Werbespot dreht, hatte sie Murray auf den Leib geschrieben. Scarlett Johansson spielte die einsame Ehefrau eines viel beschäftigten Fotografen, die dem Altstar den Kopf verdreht.
Stoisches Narbengesicht und trockener Humor
Mit seinem stoischem Narbengesicht und trockenem Humor brachte Murray in „Lost in Translation“ die Zuschauer zum Lachen und zum Weinen - und holte damit seine erste und bisher einzige Oscar-Nominierung. Doch in der Oscar-Nacht 2004 unterlag er Sean Penn, der mit Clint Eastwoods Gesellschaftsdrama „Mystic River“ seinen ersten Oscar als bester Hauptdarsteller gewann.
Sein Handwerk lernte Murray als Komiker in der Comedyshow „Saturday Night Live“, die auch Dan Akroyd, John und James Belushi sowie Eddie Murphy berühmt machte. In seiner ersten größeren Filmrolle in „Caddyshack“ (1980) kämpft er als Rasenpfleger auf einem Golfplatz gegen Maulwürfe an. Die Kult-Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (1993), mit Murray als arrogantem TV-Wetteransager, der jedes Jahr über den „Groundhog Day“ aus Punxsutawney berichten muss, machte ihn zum Star-Comedian.
Es dauerte aber eine Weile, bis ihm Hollywood auch ernstere Rollen zutraute. In „Broken Flowers“ von Jim Jarmusch etwa glänzte Murray als verblühter, wortkarger Frauenheld. Für Jarmusch verwandelte er sich im vorigen Jahr in „The Dead Don’t Die“ auch in einen Zombie-Jäger. Schräge Film-Charaktere sind am Ende eben doch Murrays Stärke.
Auch Preisverleihungen nimmt der zweifach geschiedene sechsfache Vater mit Humor. 2016 ehrte ihn die deutsche Ausgabe des Männer-Magazins „GQ“ für sein Lebenswerk. Die Auszeichnung als „Legende“ nahm er bei den „Männer des Jahres“-Awards in Berlin persönlich entgegen. „Legende, das klingt so wie jemand, der gar nicht existiert“, kommentierte Murray trocken.