Die CDU-Fraktion ist ihrem Antrag zur Entlassung von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) erwartungsgemäß gescheitert. Der Antrag erhielt am Donnerstag im Stuttgarter Landtag nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Foto: dpa

Hat Bilkay Öney die CDU als rassistisch gebrandmarkt? Möglicherweise ja, aber Grüne und SPD stehen trotzdem zur türkischstämmigen Integrationsministerin.

Stuttgart - Die CDU-Opposition ist mit ihrem Antrag zur Entlassung der Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) wie erwartet gescheitert. Der Antrag erhielt am Donnerstag im Stuttgarter Landtag nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Die CDU wirft der türkischstämmigen Ministerin vor, die Christdemokraten in möglicherweise privaten Äußerungen als rassistisch bezeichnet zu haben. Die grün-rote Koalition stimmte in der letzten Sitzung vor der parlamentarischen Sommerpause geschlossen gegen den Entlassungsantrag - CDU und FDP stimmten dafür.

Zuvor hatte auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Öneys Entlassung abgelehnt. Kretschmann räumte aber ein, die nun kritisierten Äußerungen stammten aus einem Gespräch, das die Ministerin ausdrücklich als privat bezeichnet habe. Die Aussagen seien auf „dubiose“ Weise ins Internet gelangt. Was die Ministerin im Einzelnen gesagt habe, wisse er nicht - aber der Tenor des entsprechenden Gespräches sei „durchaus kritikwürdig“. Kretschmann machte klar: „Selbstverständlich ist die CDU keine rassistische Partei. Dieser Vorwurf ist abwegig, wer auch immer ihn erhebt.“

Private Äußerungen seien aber privat, meinte der Regierungschef. „Wenn das jedes Mal herauskäme und jedes Mal zu einem Rücktritt führen würde, blieben in diesem Haus nur wenige Heilige übrig. Ich würde sicher nicht dazu gehören.“ Er schätze Öneys „unverstellte Sprache“. Diese werde ihr zwar ab und zu zum Verhängnis. Aber ihre Ansage an die Migranten, sich nicht als Opfer zu fühlen, sondern sich aufzurappeln und ihre Rechte wahrzunehmen, sei gut.

Öney wird in einem türkischen Internetportal mit Aussagen zitiert, mit denen sie die Christdemokraten in die Nähe von Rassisten stellt. Die Ministerin hatte am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme erklärt: „Ich werfe der CDU nicht vor, eine rassistische Partei zu sein. Sollte der Eindruck entstanden sein, bedauere ich das.“

Öney ist wiederholt wegen ihrer Äußerungen in die Kritik geraten

Fraktionschef Peter Hauk erklärte am Donnerstag im Landtag, Öney dürfe grundsätzlich konstruktive Kritik nicht einfach mit dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit abtun: „Sie treiben einen Keil in die Gesellschaft, wenn Sie behaupten, Sie würden wegen ihres türkischen Hintergrunds diskriminiert.“ FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Ein privates Fehlverhalten eines Ministers ist eben auch ein Fehlverhalten. Da kann man nicht sagen: Das gilt nicht.“

Hintergrund für Öneys mögliche Äußerungen an der CDU war die Kritik der Union an Reisen der Ministerin in die Türkei; diese sieht die CDU als Beleg dafür, dass sich die Ministerin zur sehr den türkischen Einwanderern widme und die restlichen 80 Prozent der Migranten vernachlässige.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel entgegnete, dieser Vorwurf sei „vollkommener Blödsinn“. Er warf der CDU vor, die Ministerin regelrecht zu beschatten, wenn sie mit türkischstämmigen Menschen spreche oder in die Türkei reise. Auch Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann bezeichnete den Entlassungsantrag als unbegründet und warf der CDU eine Inszenierung mit Blick auf die Bundestagswahl vor.

Öney ist wiederholt wegen ihrer Äußerungen in die Kritik geraten. So hatte sie sich bereits vor gut einem Jahr dafür entschuldigt, dass sie in einer Diskussion über die NSU-Morde den Begriff „tiefer Staat“ auch für Deutschland verwendet hatte. Dieser steht in der Türkei für einen Staat im Staate, bei dem Politik, Verwaltung, Justiz und Sicherheitskräfte mit dem organisierten Verbrechen kooperieren.

Zuletzt waren CDU und FDP Ende vergangenen Jahres auch mit Entlassungsanträgen gegen die damalige Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer und Finanzminister Nils Schmid (beide SPD) gescheitert. Dabei fehlte ebenso die Zwei-Drittel-Mehrheit.