Die Bildungsexpertin der Grünen-Landtagsfraktion Sandra Boser will sich auf Anfrage nicht zu ihren Überlegungen äußern Foto: dpa

Der Kürzungsvorschlag der Grünen bei der Inklusion zugunsten von Informatikkursen an Gemeinschaftsschulen stößt auf breite Ablehnung. Offensichtlich ist er schon wieder vom Tisch.

Stuttgart - Die internen Überlegungen der Grünen-Landtagsfraktion, Lehrerstellen für die Inklusion zu opfern, um Gymnasien und Gemeinschaftsschulen beim Informatikunterricht gleichzustellen, haben die Betroffenen verärgert. Der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) forderte, den Informatikunterricht an Gemeinschaftsschulen mit zusätzlichen Stellen zu unterfüttern statt sie bei der Inklusion einzusparen.

Inklusion sei ein „lang andauernder Prozess“, die Schulen benötigten dafür „kontinuierlich Unterstützung und Ressourcen“, sagte der stellvertretende VBE-Landeschef Michael Gomolzig: „Schule ist ein schwerer Dampfer und kein Schnellboot. Der Kurs sollte verlässlich beibehalten werden.“ Bisher sei die Inklusion „noch nicht so vorangekommen, wie sie eigentlich sollte“. Vor allem vom kontinuierlichen Zweipädagogenprinzip sei man „noch ziemlich weit entfernt“.

Kritik von GEW-Chefin Moritz

Die Bildungsexpertin der Grünen, Sandra Boser, hatte den Vorschlag, 40 der insgesamt 160 neuen Stellen für Inklusion umzuschichten, damit begründet, dass es schwierig sei, die Stellen mit Sonderpädagogen zu besetzen. Die Landeschefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, sagte, sie halte das Signal für falsch. Wenn es nicht genügend Sonderpädagogen gebe, müsse man schauen, dass man die Situation an den Schulen, die Inklusion anbieten, auf anderem Wege verbessere – zum Beispiel mit allgemeinbildenden Lehrern.

Auch die Opposition kritisierte den Plan heftig. Es sei „ein ganz schlechter Scherz, zwei Themen, die zentral für die Zukunft unseres Landes sind, so gegeneinander auszuspielen“, sagte der Bildungsexperte der SPD-Fraktion, Stefan Fulst-Blei. Bosers Ansinnen sei „eine Folge der Flickschusterei“ bei den Lehrerstellen und „inhaltlich völlig daneben“. Und der Fraktionschef der FDP-Fraktion, Hans-Ulrich Rülke, sagte, „mit dieser destruktiven Art, Bildungspolitik zu gestalten“ werde die Bildung im Land immer weiter an Substanz verlieren.

Ursprünglich hätten alle Siebtklässler an allen weiterführenden Schulen ab dem Schuljahr 2017/18 eine Wochenstunde Informatik erhalten sollen. Kultusministerin Eisenmann beantragte für die Umsetzung 180 Stellen, bekam im Zuge der Haushaltsverhandlungen jedoch nur 60 Stellen. Sie sollen nach Eisenmanns Plan alle an Gymnasien gehen – was die Grünen kritisch sehen.

Kultusministerium ist über den Vorgang „sehr verärgert“

Boser wollte sich auf Anfrage nicht näher zu ihrem Vorschlag äußern. Eine Sprecherin der Fraktion verwies darauf, dass es sich um einen internen Prüfantrag gehandelt habe. Sie bat um Verständnis, dass man das Thema deshalb „nicht weiter kommentieren“ werde.

Dass der Inhalt der E-Mail von Boser ans Kultusministerium durch die „Stuttgarter Nachrichten“ an die Öffentlichkeit gelang, missfiel auch dem Kultusressort. Ein Sprecher wollte keine Stellung zu Bosers Vorschlag beziehen. „Das Kultusministerium kommentiert keine interne Kommunikation und ist über den Vorgang insgesamt sehr verärgert“, teilte der Ministeriumssprecher mit.

Offensichtlich ist der Vorschlag der Grünen schon wieder vom Tisch. Der Bildungsexperte der CDU-Fraktion, Karl-Wilhelm Röhm, sagte, dass dieser mit Blick auf schulgesetzliche Vorgaben „nicht umsetzbar“ sei. Man habe dem Koalitionspartner vermitteln können, dass man alles so umsetze wie geplant. Damit gehen Gemeinschafts-, Real- und Werkrealschulen nächstes Schuljahr leer aus. Moritz kritisierte dies. „Wenn die Landesregierung sagt, Digitalisierung sei das Thema dieser Wahlperiode, ist es lächerlich, wenn sie nicht in der Lage ist, all diese Stellen für Informatik zur Verfügung zu stellen.“