Die Schülerzahl an der Berkenschule ist stark rückläufig. Der Rektor hofft auf mehr Zulauf durch Flüchtlingskinder und möchte nicht aufgeben. Foto: factum/Granville

In Holzgerlingen, Waldenbuch und Rutesheim meldeten sich zwei Mal in Folge zu wenig Schüler für die fünften Klassen an. Jetzt droht die Schließung.

Holzgerlingen - Weil viele Schüler in die Gemeinschaftsschulen strömen, werden Werkrealschulen nach und nach zum Auslaufmodell. Im Kreis Böblingen droht nun drei von ihnen das Aus. Das Kulturministerium prüft zurzeit, ob es eine Schließung für die Werkrealschulen in Holzgerlingen, Waldenbuch und Rutesheim

anordnet. Oder ob es für sie noch einen Weg gibt zum Weitermachen. Die Theodor-Heuss-Schule in Rutesheim setzt auf eine Kooperation mit der Leonberger Karl-Georg-Haldenwang-Schule und will behinderte und nicht behinderte Schüler zusammen unterrichten. Die Berkenschule in Holzgerlingen und die Oskar-Schwenk-Schule in Waldenbuch möchten Flüchtlingskinder für ihren Unterricht gewinnen.

Für die drei Werkrealschulen haben sich zwei Mal hintereinander zum Schuljahresbeginn zu wenig Schüler für die fünfte Klasse angemeldet. Laut dem Kultusministerium müssen es mindestens 16 sein. Sollten die Bildungsplaner zu dem Schluss kommen, dass die Schulen kaum Aussicht auf mehr Schüler haben, sie nach der Anmeldung am 16. und 17. März zum dritten Mal in Folge weniger als 16 Fünftklässler begrüßen, werden keine Eingangsklassen mehr gebildet. Das würde das Ende der Werkrealschulen für das kommende Schuljahr bedeuten. Die Schüler der Klasse sechs können noch bis zur Klasse zehn bleiben und ihren Abschluss machen.

Früher war die Werkrealschule sogar dreizügig

Im Kreis gibt es zehn noch Werkrealschulen. Die Berkenschule in Holzgerlingen – wie die Heuss-Schule in Rutesheim eine Grund- und Werkrealschule – zählt 130 Werkrealschüler. „Früher waren wir zwei- und sogar dreizügig“, sagt der Rektor Bernhard Köhler. Aber die nächste Gemeinschaftsschule in Weil im Schönbuch sei auf der Strecke der Schönbuchbahn nur eine Haltestation entfernt. Und viele Eltern fänden die dortigen Angebote attraktiver: „Mit einem Unterricht, bei dem die Lehrer ohne Noten auskommen und auf die Selbstständigkeit der Schüler setzen.“

Jedoch kämen manche Jugendliche nicht zurecht damit, sagt Köhler. „Es gibt schwächere Schüler, die von den Lehrkräften gelenkt werden müssen. Außerdem sind für sie auch Noten wichtig. Für ihre Motivation und um zu wissen, wo sie stehen“, erklärt der Rektor der Berkenschule. Deshalb habe er pro Schuljahr zwei bis drei „Rückläufer“ aus Weil im Schönbuch, die zurück an die Holzgerlinger Schule kämen.

Mehr Flüchtlingskinder erwartet

Trotzdem folgen zurzeit nur zehn Schüler in der fünften Klasse dem Unterricht. In der sechsten Klasse sind es 14 – die vom Kultusministerium angesetzte Klassenstärke von 16 Schülern wurde bei zwei Jahrgängen verfehlt. „Wir warten jetzt die Anmeldetermine ab und hoffen auf genügend Zuspruch“, sagt Köhler. Zuversichtlich stimme ihn, dass es in Holzgerlingen immer mehr Flüchtlingskinder gebe, die „man in diesen Schultyp Werkrealschule gut integrieren könnte“. Holzgerlingen baue drei neue Heime. „Es werden noch einige Flüchtlingseltern kommen, die für ihre Kinder den geeigneten Unterricht suchen.“

Der Rektor der Oskar-Schwenk-Schule in Waldenbuch, Christian Metzger, wo ebenfalls Realschüler unterrichtet werden, hegt dieselbe Hoffnung. Auch in Waldenbuch gebe es zunehmend Flüchtlingskinder, für die die Werkrealschule wohl das Richtige wäre. „Weil es häufig eine Sprachbarriere gibt, ist der Bedarf da. Die Stadt setzt sich deshalb für den Erhalt der Werkrealschule ein“, sagt der Hauptamtsleiter Ralph Hintersehr. Wie das Kultusministerium mitteilt, werden für die Schulen „flüchtlingsbedingte Sondersituationen“ geprüft. „Jeder Einzelfall wird analysiert“, versichert der Pressesprecher Benjamin Godde. Außerdem sollen die Schüler in erreichbarer Nahe ihres Wohnorts auch weiterhin ihren Abschluss machen können.

Klassen fünf und sechs zusammengelegt

Weil die Klassenverbände der fünften und sechsten Stufe zu dünn besetzt sind, hat sie Metzger zusammengelegt. Die jeweils elf Schüler genießen einen gemeinsamen Unterricht. Dasselbe gilt für die Klassen sieben und acht. Bis zur Klasse zehn zählt Metzger nur noch insgesamt 80 Schüler. Diese Zahl kommt aber nur zustande, weil die Oskar-Schwenk-Schule eine Kooperation mit der Förderschule in Holzgerlingen eingegangen ist und 19 der Schüler von dort kommen. In dem Klassenverbund fünf und sechs in Waldenbuch sind es von den 22 Schülern allein acht, die aus der Holzgerlinger Förderschule kommen.

Dass die Werkrealschule aber noch eine Daseinsberechtigung hat, meint auch Metzger. „Wir haben Schüler, die das Gymnasium in Leinfelden-Echterdingen oder in Tübingen nicht bewältigen und bei uns den Realschulabschluss machen“, sagt Metzger. Manche bräuchten in der Pubertät mehr Zeit und könnten später wieder auf ein Gymnasium wechseln.

Auch Friederike Bailer, die Rektorin der Rutesheimer Theodor-Heuss-Schule, sucht mittels einer Schulkooperation einen Ausweg – in ihrem Fall mit der Karl-Georg Haldenwang-Schule in Leonberg. Während ihr Holzgerlinger Kollege guter Dinge ist, dass es mit seiner Werkrealschule weiter geht und der Waldenbucher Rektor Metzger keine Prognose wagt, sagt Bailer klipp und klar: „Wir sind Realisten genug, um zu erkennen, dass es demnächst ausläuft.“