Melanie Nazar und Daniel Homrighausen, Auszubildende bei Lapp Kabel, stellen ihr Unternehmen Schülern des Hegel-Gymnasiums vor. Foto: Michele Danze

Das Angebot an Ausbildungsberufen und Studiengängen scheint vielen Schülern schier unendlich zu sein. Da fällt die Entscheidung schwer. Helfen dabei können Erfahrungen von anderen jungen Leuten.

Stuttgart - Anfangs sind Melanie Nazar und Daniel Homrighausen noch etwas aufgeregt. Es ist das erste Mal, dass die beiden Auszubildenden ihren Betrieb einer Schulklasse vorstellen. Doch schnell entspannt sich die Stimmung zwischen der Klasse 9c des Hegel-Gymnasiums und den beiden Lehrlingen von Lapp Kabel. Der Familienbetrieb Lapp stellt in Stuttgart-Vaihingen flexible Kabel sowie Anschluss- und Steuerleitungen her. Melanie Nazar und Daniel Homrighausen erzählen den 30 Schülern, welche Ausbildungsberufe es gibt und warum sie sich für das Stuttgarter Unternehmen Lapp entschieden haben. Die junge Frau ist im ersten Ausbildungsjahr zur Industriekauffrau. Ihr Kollege Homrighausen hat sich für ein duales Wirtschaftsinformatikstudium entschieden.

Die Firma Lapp hat eine Bildungspartnerschaft für die Schule übernommen, um Schüler frühzeitig an die Arbeitswelt heranzuführen und auf die Anforderungen vorzubereiten. „Für uns ist die Bildungspartnerschaft ein Gewinn, da die Schüler das Unternehmen besser kennenlernen“, sagt Kathrin Fuchs, Ausbildungsreferentin bei Lapp Kabel. Seit 2010 besteht die Zusammenarbeit.

Betreut und in die Wege geleitet werden die Bildungspartnerschaften von der Industrie- und Handelskammer (IHK). Dort ist man mit den Erfolgen sehr zufrieden. Seit 2008 gibt es das Projekt. „Schulen brauchen den Blick in die Arbeitswelt und in die Wirtschaft“, sagt Martin Frädrich, Leiter Beruf und Qualifikation der IHK Region Stuttgart. „Unternehmen können so auch viel gezielter vermitteln, welche Fähigkeiten Jugendliche mitbringen müssen“, sagt Frädrich. Außerdem würden sie so Gymnasiasten erreichen und ihnen eine Ausbildung als Alternative zum Studium aufzeigen. Mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung würden mehr Schüler den Weg zum Abitur einschlagen und sich gegen andere Bildungswege entscheiden. Daher sei es immer schwieriger, qualifizierte Lehrlinge zu finden. Das Bundesinstitut für Berufliche Bildung meldet, dass jeder fünfte Auszubildende in Baden-Württemberg seinen Vertrag vorzeitig aufkündigt.

„Gymnasien sollen Schüler zum Studieren befähigen“

„Auf dem Gymnasium wurde ich wenig auf die Arbeitswelt vorbereitet“, sagt Daniel Homrighausen. Beim Bewerbungen-Schreiben haben ihm mehr seine Eltern als die Lehrer geholfen. René Wollnitz, betreuender Lehrer der Klasse 9c am Hegel-Gymnasium, kann die Kritik der IHK nur bedingt teilen. „Man muss nach Schularten differenzieren, und Gymnasien sollen Schüler zum Studieren befähigen“, sagt der Lehrer. Dies bedeute aber noch lange nicht, dass man blind für die Anforderungen der Arbeitswelt sei.

Er und seine Kollegen versuchten frühzeitig, die Schüler in ihren individuellen Fähigkeiten zu fördern und verschiedene Wege aufzuzeigen. Dazu gehörten auch die Bildungspartnerschaften und die Vermittlung von Praktikumsplätzen. Das brauche aber sehr viel Zeit. Der rote Faden füge sich oft erst nach dem Abitur zusammen. „Neben aller Berufsorientierung darf man auch nicht vergessen, dass Bildung einen eigenen Wert hat“, sagt Wollnitz.

Bei der IHK ist man sehr stolz auf den guten Austausch zwischen Schulen und Unternehmen. In Baden-Württemberg gebe es flächendeckend die Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schulen. Die Betriebe seien sehr zufrieden und würden viel investieren. „Durch die Bildungspartnerschaft konnten wir letztes Jahr einen unserer Auszubildenden gewinnen“, sagt Fuchs von Lapp.

Baden-Württemberg mit 1500 Schulen Spitzenreiter

Bundesweit haben 5000 Schulen Partnerschaften mit Betrieben geschlossen. „Das entspricht knapp einem Drittel aller weiterführenden Schulen“, sagt Thomas Renner, Sprecher des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Baden-Württemberg ist mit 1500 Schulen Spitzenreiter.

Bei den Schülern der Klasse 9c kommt der Besuch der beiden Lehrlinge gut an. „Mir gefällt, dass die junge Leute über das Unternehmen reden. Die Distanz ist geringer“, sagt Nina Brecht. Ihrer Mitschülerin Monia Chakchouk hat der Besuch gut gefallen, ihr Traumberuf sei aber nicht dabei gewesen.

Zum Abschluss des einstündigen Gesprächs hat sich die Aufregung bei den Lehrlingen gelegt. Sie machen den Schülern Mut. „Die Mathenote ist nicht entscheidend. Wichtig ist, wie man sich im Vorstellungsgespräch gibt“, sagt Daniel Homrighausen. Melanie Nazar hat noch einen wichtigen Tipp an die Schüler. „Macht möglichst viele Praktika. Nur so findet ihr heraus, was ihr wollt und was nicht.“

Alle Informationen zum Azubi-Projekt zett der Stuttgarter Nachrichten und wie Unternehmen ihren Auszubildenden ein Jahr lang die Stuttgarter Nachrichten zur Verfügung stellen können erfahren Sie hier.