Immer beliebter: Privatschulen Foto: dpa

Die Landesregierung in Baden-Württemberg  löst ein Versprechen ein: Die Pro-Kopf-Zuschüsse für die Privatschulen steigen auf fast 80 Prozent.

Stuttgart - Die Privatschulen können aufatmen. Die Landesregierung wird die Zuschüsse für die freien Schulen in diesem und im nächsten Jahr weiter anheben. 2015 erhalten sie zusätzlich 6,7 Millionen Euro, im nächsten Jahr dann weitere 33 Millionen Euro. Das hat der Ministerrat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. In der kommenden Woche muss noch der Landtag zustimmen. „Vorbehaltlich der Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushalts haben wir damit in dieser Legislaturperiode die Förderung freier Schulen um insgesamt 72,5 Mio. Euro jährlich erhöht“, sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD).

Grün-Rot hatte im Regierungsprogramm 2011 den freien Schule zugesagt, sie „fair“ auszustatten und die staatlichen Zuschüsse auf „mindestens 80 Prozent der Kosten eines Schülers an einer staatlichen Schule“ zu erhöhen. Diesem Ziel kommt das Land nun recht nahe. An allen Schularten würden jetzt mindestens 78,1 Prozent der Kosten erreicht, einige Schularten lägen sogar darüber, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch. Damit erhielten die Privatschulen so viel Geld wie nie zuvor. Insgesamt zahlt das Land den freien Schulen im nächsten Jahr 589,2 Millionen Euro, 2011 waren es 431,5 Millionen Euro.

Ein Grund für den deutlichen Zuwachs ist die Anhebung der Zuschüsse pro Schüler, ein zweiter die seit Jahrzehnten steigende Zahl der Privatschüler in Baden-Württemberg. Von den 1,055 Millionen Schülern an allgemeinbildenden Schulen besuchten 1990 rund 59 350 eine private Schule, das waren 5,6 Prozent der Schüler. Im vergangenen Schuljahr lag der Anteil der Privatschüler bei 9,1 Prozent. An den Berufsschulen erhöhte sich im gleichen Zeitraum der Privatschüleranteil von 5,1 auf 11,5 Prozent.

Wachsendes Interesse von Politikern

In den zurückliegenden Monaten hatten die Privatschulen im Südwesten immer wieder kritisiert, dass das Land seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, und beklagt, dass die Pro-Kopf-Zuschüsse sogar sinken würden. „Wir sind sehr erfreut, dass es uns gelungen ist, den Rückgang zu verhindern und sehen das als wichtigen Schritt“, sagte Christina Metke, Geschäftsführerin des Verbandes Deutscher Privatschulen Baden-Württemberg. Das sei auch eine Anerkennung ihrer guten Arbeit.

Metke beobachtet ein wachsendes Interesse der Landespolitiker an den freien Schulen. Vor einigen Wochen hatten diese Landtagsabgeordnete und -kandidaten zu Gesprächen mit Schülern und Lehrern eingeladen – rund 140 hätten die Einladung angenommen, sagte sie. Beim ersten Mal im vergangenen Jahr kamen 80. Ihre Eindruck: Die privaten Schulen werden weniger als Konkurrenz gesehen und mehr als gute Ergänzung des öffentlichen Schulwesens.

Auch in einem weiteren Punkt kommt das Land den Privatschulen entgegen. Seit diesem Schuljahr können Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen selbst entscheiden, ob sie ihr Kind an eine allgemeine Schule oder an eine Sonderschule schicken. In so genannten Inklusionsklassen unterrichten neben den allgemeinen Lehrern auch Sonderpädagogen. Geplant ist nun, dass auch Sonderpädagogen aus Privatschulen in Inklusionsklassen an öffentlichen Schulen eingesetzt werden können. Die Privatschulen erhalten vom Land dafür nicht nur die Personalkosten ersetzt, sondern auch einen pauschalen Zuschlag von 15 Prozent für den zusätzlichen Aufwand. Rund 25 Prozent der Sonderschulen sind Schulen in freier Trägerschaft. Die neue Regelung gibt ihnen mehr Planungssicherheit beim Personal. Dazu muss allerdings noch das Schulgesetz geändert werden.

Finanzierung muss neu geregelt werden

Der Landesregierung steht aber noch eine weitere Aufgabe vor. Nach einem Urteil des Staatsgerichtshofs vom Juli dieses Jahres muss das Land die Finanzierung der Privatschulen bis zum 1. August 2017 neu regeln. Bei einem Verzicht auf Schulgeld muss das Land den freien Schulen danach einen Ausgleich zahlen – allerdings nur für Unterricht und Lernmittel, nicht für Spezial- und Zusatzangebote, erklärten die Richter. Geklagt hatte eine Waldorfschule

In Baden-Württemberg gibt es rund 400 allgemeinbildende Privatschulen. Deren Zahl ist in den vergangenen Jahren ebenso gestiegen wie die Zahl der Schüler.