Die Scheinzypressen sind inzwischen weg. Foto: Archiv Sägesser

Ein Plieninger Bürger fragt sich, wo von ihm gespendete Büsche sind. Er hat sie dem Bildstöckle an der Echterdinger Straße geschenkt.

Plieningen - Der Monolith steht einsam da. Fast entblößt kommt er denen vor, die seine Begleiter kannten. Bis zum vergangenen Jahr stand je eine Scheinzypresse an der Seite der steinernen Stele, die von den Ortskennern Bildstöckle genannt wird. Früher soll das Denkmal ein Kreuz gewesen sein, doch die Außenflügel haben die Jahrhunderte nicht überdauert.

Albert Hertig war erschrocken, als die beiden Büsche eines Tages verschwunden waren. „Es wäre sehr nett gewesen, wenn sich jemand gemeldet hätte“, sagt der Plieninger und meint denjenigen, der die Scheinzypressen entfernt hat. Albert Hertig hätte in der Tat ein moralisches Recht gehabt, dies zu erfahren. War er es doch, der diese Pflanzen zur Zier des Bildstöckles einst gespendet hatte. Zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Wilhelm Klotz hatte sich Albert Hertig um die Gedenkstelle am Westrand von Plieningen gekümmert – damit sie nicht verkümmert.

Das Denkmal erinnert an einen tragischen Unfall

Bisher ist Albert Hertig nicht dazu gekommen, sagt er, doch in einer der nächsten Sitzungen des örtlichen Bezirksbeirats will der Mann aus Plieningen die Sache mit den verschwundenen Scheinzypressen ansprechen. Das ist ihm ein großes Anliegen.

Das Bildstöckle erinnert an eine tragische Geschichte, die sich um das Jahr 1130 zugetragen haben soll. Soll, denn es ist unklar, was Dichtung und was Wahrheit ist. Im ersten Drittel des 12. Jahrhunderts hatte der Ritter Walther von Horwe seinen kleinen Sohn mit auf eine Jagd über die Filder genommen. Kurz vor deren Ende soll ein Wildschwein den Knaben angegriffen haben. Der Vater schmetterte sogleich einen Speer auf das Tier, traf aber daneben. Der Vater verletzte den Sohn tödlich.

Dieses fürchterliche Missgeschick konnte er sich nie verzeihen. Zur Buße pilgerte er nach Rom und schleppte von dort ein Holzkreuz nach Plieningen. Von Horwe schaffte es noch zum Grab des Sohnes bei der Martinskirche; auf dem Rückweg brach er aber erschöpft zusammen und starb, vermutlich an der heutigen Echterdinger Straße.

Zwei Bürger haben sich des Sandsteins angenommen

Weil der Zahn der Zeit zusehends an dem Zeitzeugen nagte, hatten sich Wilhelm Klotz und Albert Hertig der Säule aus Stubensandstein angenommen. Vor allem Wilhelm Klotz, den die alten Plieninger als Friseur Charlie kannten, hatte seine helfende Hand angelegt.

Das Stuttgarter Gartenamt kennt eine andere Version der Geschichte. Im Jahr 2009 habe der örtliche Bezirksbeirat die Stadt beauftragt, das Bildstöckle und dessen Drumherum zu pflegen. „Die Scheinzypressen haben das Sandsteindenkmal völlig verdeckt“, sagt Walter Wagner vom Gartenamt. „Sie waren außerdem nicht sachgemäß hingesetzt worden.“ Der Experte meint damit, dass die Scheinzypressen nichts mit der dortigen Umgebung zu tun haben. „Sie passen nicht in die Landschaft“, erklärt Wagner.

Könnte sein, dass der Pflanzenspender Hertig diesem Argument durchaus etwas abgewinnt. Seine Frage, warum ihm niemand Bescheid gesagt hat, wird er trotzdem stellen. Und bei der Gelegenheit anfügen, dass ihm der Monolith doch etwas kahl vorkommt ohne seine grünen Begleiter.