Die österreichische Band Bilderbuch hat in Stuttgart begeistert. (Archivfoto) Foto: Niko Ostermann

Zwischen infantilem Klamauk und Konzeptalbum: Die österreichische Band Bilderbuch lässt sich im seit Wochen ausverkauften Wizemann in Stuttgart feiern.

Stuttgart - Jetzt ist schon wieder was passiert, denn ein Jahr ist erst vergangen, seit die österreichische Band Bilderbuch in den Wochen im Voraus ausverkauften Stuttgarter Wagenhallen gastiert hat. Doch nach der Tournee, ihrer ersten als Headliner, kam die Platinauszeichnung für ihr Album „Schick Schock“, dann die sechs Nominierungen für den Amadeus-Award (von denen immerhin zwei in eine Auszeichnung mündeten), und nun sind sie wieder in Stuttgart, diesmal am Freitagabend im mit 1300 Zuschauern abermals seit Wochen ausverkauften Wizemann.

Nun gut, mag man jetzt sagen. Platin ist im kleinen Österreich schnell geholt, mit gerade mal 15000 verkauften Tonträgern. Der Amadeus hat den gleichen Stellenwert wie hierzulande der Echo, also keinen künstlerischen, sondern lediglich einen kommerziellen. Und dass die Hütte in Stuttgart voll ist, liegt doch wohl eher an jenem Begleitumstand, dass die Band eigentlich beim Stuttgart Festival auftreten sollte, jetzt quasi als Trostpflaster außerplanmäßig zu Gast ist und der Eintritt zur Feier des Tages sehr taschengeldfreundlich gestaltet worden ist, was den studentischen Anteil am Publikum in ungeahnte Höhen treibt.

Vorzügliches Album „Schick Schock“

Aber so einfach ist es nicht. Denn Bilderbuch ist nach Anja Plaschgs Soap & Skin künstlerisch derzeit sicherlich die maßgebendste Popband Österreichs. Dass sie schon große Hallen füllen können, haben sie andernorts längst bewiesen. Und das prämierte Album „Schick Schock“ ist wirklich vorzüglich geraten.

Den titelgebenden Song daraus spielt das Quartett gleich als zweites Lied des Abends, umgehend haben sie das euphorisierte Publikum hinter sich, das – hört, hört! – den Refrain lauthaus und freihändig mitsingt. Der Sänger Maurice Ernst gibt sich dazu außerordentlich redselig, vom nachfolgenden „Rosen zum Plafond“ geht’s im Konzertverlauf über die „Karibischen Träume“ auch rückwärts im nun ja auch schon drei Alben und zwei Minialben zählenden Repertoire, ehe bei „Maschin“ dann wieder – wie bei den Großen - kollektiv mitgesungen wird und das Konzert mit dem Stück „OM“ ausklingt.

Es sind die Texte, die zwischen hart an der Grenzen zum infantilen Klamauk (passend begleitet im Wizemann mit, allen Ernstes, einer Seifenblasenmaschine) und Konzeptalbum („Die Pest im Piemont“) changieren, die Bilderbuch eine sehr originelle Handschrift verleihen. Und es ist die Musik, die einnimmt, weil sie sich so beharrlich den gängigen Schubladen entzieht: das sehr häufige Wechselspiel zwischen fast deklamierten Strophen und druckvoll donnernden Refrains, fein und metrisch gewitzt arrangiert, irgendwo im Niemandsland zwischen Pop und Indierock, zwischen chillipepprigem Funk und bilderstürmender Juvenilität à la Arctic Monkeys oder Franz Ferdinand.

„If you don’t know me by now“, der alte, durch Simply Red bekannt gewordene Klassiker von Harold-Melvin erklingt überaus sinnfällig zum Finale. Wer sie jetzt noch nicht kennt hat viel verpennt? Ja, das ist wohl so.