Der Gitarre spielende indische Patient während der Operation. Foto: dpa

Während einer mehrstündigen Operation am Gehirn musste ein indischer Musiker dauernd auf seinem Instrument spielen – und so den Ärzten wichtige Hinweise geben.

Bangalore - Es ist ein merkwürdiges Bild: Ein Mensch liegt auf einem Operationstisch, er hat ein Metallgestell auf dem Kopf, ein Arzt arbeitet in seinem Gehirn – und der Patient spielt Gitarre. Entstanden ist das Bild in einem Krankenhaus der indischen Großstadt Bangalore. Die Ärzte dort sind auf die Behandlung einer neurologischen Krankheit namens Dystonie spezialisiert. Dieses Leiden ist bei Musikern besonders gefürchtet: Etwa ein Prozent aller professionellen Musiker ist von der sogenannten Musiker-Dystonie betroffen – was oft das Karriereende bedeutet. Die Betroffenen können dann die für das Spielen des Instruments erforderlichen Bewegungen nicht mehr ausführen: So verkrampften bei dem indischen Gitarristen Abhishek Prasad beispielsweise drei Finger der linken Hand. Die Ursachen für das Leiden sind nach wie vor unklar, sagen die Experten des Instituts für Musikphysiologie und Musiker-Medizin in Hannover.

Die Behandlung ist schwierig. In Bangalore haben sich die Experten für einen Eingriff in das Gehirn entschieden. Die OP dauerte rund sieben Stunden und hatte zum Ziel, diejenigen Nervenverbindungen zu finden und zu zerstören, die für die Fingerkrämpfe verantwortlich waren. Die Krämpfe traten nur auf, wenn der 37-jährige Musiker Gitarre spielte. Und so musste er auch während der OP sein Instrument spielen, um den Ärzten wichtige Hinweise geben zu können, wo genau im Gehirn das Problem lag. Wobei anzumerken ist, dass die Patienten generell bei Gehirnoperationen bei Bewusstsein sein müssen. Nur so können sie dem operierenden Arzt sagen, was sie bei einer künstlichen Reizung bestimmter Gehirnregionen empfinden. Zudem müssen sie zeigen, dass ihr Gehirn normal funktioniert – und sie etwa richtig sprechen oder, wie im aktuellen Fall, Gitarre spielen können. Allerdings werden sie durch Medikamente in einen sedierten, also beruhigten Zustand versetzt und am Kopf lokal betäubt.

Die Ärzte und der Patient feiern den Eingriff als vollen Erfolg. Indischen Medien gegenüber sagte der Gitarrist: „Ich war begeistert zu sehen, wie sich meine Finger wie magisch noch direkt auf dem OP-Tisch verbesserten. Am Ende der OP waren meine Finger zu 100 Prozent geheilt und ich konnte sie wie zuvor bewegen“. Als nach gut einer Woche die Fäden aus der Kopfwunde gezogen wurde, spielte der Gitarrist den Ärzten zum Dank ein paar Melodien vor, um zu zeigen, wie erfolgreich die OP war.