Regionaldirektorin Nicola Schelling Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Vor einem Jahr hat Nicola Schelling ihr Amt als Chefin des Verbands Region Stuttgart angetreten. Anders als unter ihrer Vorgängerin arbeite die Verwaltung reibungslos, sagen Regionalpolitiker. Allerdings falle es Schelling schwer, Impulse in der Region zu setzen.

Stuttgart - Die jüngste Sitzung des Wirtschaftsausschusses war eine Bauchlandung für Nicola Schelling. Die Regionaldirektorin, die Mitte März 2014 nach fast vier Jahren Tätigkeit in der Landesvertretung in Brüssel das Ruder beim Verband Region Stuttgart übernommen hatte, berichtete über die Europaarbeit des Verbands.

Die 47-Jährige, die die Landesvertretung zeitweise sogar geleitet hatte, sprach über die Verantwortung, sich als Großstadtregion in die Gestaltung der europäischen Förderpolitik einzubringen und mit eigenen Mitarbeitern am Ort des Geschehens gleichzeitig Werbung für den Standort zu betreiben. Schelling stellte in Aussicht, als „Türöffner in Brüssel“ zu agieren, und betonte mehrfach ihre Rolle als Präsidentin des Metrex-Netzwerks der europäischen Metropolen. Um das Thema noch intensiver bearbeiten zu können, schlug Schelling vor, einen Arbeitskreis zu gründen, der zweimal jährlich tagt.

Da hatte sie die Rechnung ohne CDU und Freie Wähler gemacht. Der Sprecher der Christdemokraten, Wolfgang Häfele, konnte aus Schellings Vortrag nach eigenen Worten nicht erkennen, was der Arbeitskreis zu tun habe, und wollte Europa vorerst im Ausschuss belassen. Der Vaihinger OB Gerd Maisch (Freie Wähler) sagte: „Europa ist wichtig, das gehört hierher und nicht in einen Arbeitskreis.“ Da half es Schelling auch nicht weiter, dass sich Grüne und SPD positiv zu ihrem Ansinnen äußerten.

Zumal die Regionaldirektorin beim Versuch, ihren Plan zu verteidigen, schlecht aussah. So ein Arbeitskreis, sagte Schelling in der Sitzung, böte die Chance, die Europaarbeit „mehr in die Öffentlichkeit zu tragen“. Wohl weil er sich häufiger mit der Europaarbeit beschäftigen würde als der Wirtschaftsausschuss.

Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU), der die Sitzung vom Platz neben Schelling aus moderierte, verzog das Gesicht: „Die Begründung, dass das Thema mit einem nichtöffentlichen Arbeitskreis stärker in die Öffentlichkeit kommt, kann ich noch nicht nachvollziehen“, sagte der Vorsitzende der Regionalversammlung und plädierte dafür, Aktuelles öfter in den Ausschuss zu bringen – „dann kann man sich den Arbeitskreis vielleicht auch schenken“. Schelling sagte nichts.

Immerhin besser als bei Vorgängerin

Nun ist es nicht so, dass der Dienstvorgesetzte Bopp die Regionaldirektorin bei jeder Gelegenheit im Regen stehen lassen würde. Im Fall von Schellings Vorgängerin, Jeannette Wopperer, soll er nach Angaben von Insidern Mühe gehabt haben, etwas von seinem Gestaltungsspielraum abzugeben, nachdem er den Laden monatelang alleine geschmissen hatte. Doch im Fall von Schelling war auch schon zu beobachten, dass er sich vor die Regionaldirektorin stellte – als etwa Parteifreund Häfele im vergangenen Herbst die Beratungsvorlage zur Beteiligung des Verbands an der Interkommunalen Gartenschau Remstal 2019 zerpflückte.

Die Debatte um die Ablehnung des Europa-Arbeitskreises zeigt, woran es Schelling fehlt: am politischen Geschick in der Zusammenarbeit mit einem Gremium. Ein Regionalpolitiker sagt es so: „Sie bringt ein Thema und scheint zu denken, macht damit, was ihr wollt.“ Ohne zu erkennen zu geben, was sie selbst will. So war es nach übereinstimmenden Angaben beim sogenannten Haus der Region, über das hinter den Kulissen diskutiert wird, seit die LBS die beiden Gebäude verkaufen wollte, in denen der Verband Region Stuttgart und die Wirtschaftsfördergesellschaft untergebracht sind.

Dem Vernehmen nach gab es unter drei möglichen Lösungen, die beiden Institutionen mit anderen wie der Kulturregion zu vereinen, eine besonders praktikable. Statt diese voranzutreiben, habe Schelling das Thema einem weiteren Arbeitskreis ohne Empfehlung überlassen. Auch bei Themen des ÖPNV-Pakts wie dem Ausbau des P&R-Angebots agiert der Verband merkwürdig defensiv. „Ich habe keine Ahnung, ob Frau Schelling eine Vision davon hat, wo die Region 2020 oder 2025 steht“, sagt ein anderer Regionalrat. Und wohl noch nie in den 2000er Jahren sind so viele Vorschläge der Verwaltung durchgefallen wie bei den vergangenen Haushaltsberatungen im Herbst.

Nicola Schelling sei fleißig und stets bemüht, bescheinigen ihr einige – nur eben nicht so recht in der Lage, politische Mehrheiten zu organisieren. Das überrascht die Mandatsträger auch deshalb, weil Schelling durchaus forsch startete. So habe sie im vergangenen Jahr einigen Unmut geschaffen, weil sie Aufsichtsratsposten forderte, wo bisher ehrenamtliche Regionalräte diese bekleiden. Das ist etwa bei der Region Stuttgart Marketing und Tourismus GmbH der Fall.

Und dann war da noch die Sache mit dem Dienstwagen: Dass Schelling als Repräsentantin der Region nicht auf ein Auto aus der Region setzt, nennt ein Insider einen „verhängnisvollen Einstand“. Schelling fährt einen Tesla S für 85 000 Euro, weil der Amerikaner ein Elektroauto mit einer Reichweite sei, wie es das von Mercedes nicht gibt. Um die Kritik an ihrem Standortmarketing zu entschärfen, leaste Schelling das Auto aus eigener Tasche. Für viele Regionalpolitiker und auch andere Beobachter war das dennoch ein Impuls in die falsche Richtung.