Am Ende fand er keine Antworten auf die sportlichen Fragen mehr: Ex-VfB-Coach Hannes Wolf Foto: dpa

16 Monate lag war Hannes Wolf Cheftrainer des VfB Stuttgart. Er wird in Erinnerung bleiben, das steht fest. Aber die Bilanz fällt nicht nur positiv aus.

Stuttgart - Wir sehen uns.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Hannes Wolf am Samstag aus der Runde mit Journalisten. Und ganz unabhängig von den Entwicklungen in der diesem Satz folgenden Nacht wird der Trainer recht behalten. Denn beim Blick in die Geschichtsbücher des VfB Stuttgart wird man Hannes Wolf wiedersehen. Weil der 21. Mai 2017 auf ewig ein besonderes Datum sein wird.

An ebendiesem Tag war die Rückkehr des VfB in die Bundesliga perfekt. 4:1 gegen die Würzburger Kickers, Bierdusche für Hannes, den Aufstiegscoach, euphorisierte Fans. Doch es gibt weitere besondere Termine – vor und nach dem Tag des Aufstiegs.

Für besonders gut wird der 21. September gehalten – der Tag also, an dem die Mission der Saison 2016/2017 neu gestartet wurde. Mit der Verpflichtung von Hannes Wolf. 35 Jahre alt damals, noch keine Erfahrung im Profibereich, aber im Ruf stehend, ein riesiges Talent zu sein. Prominenter Fürsprecher: Jürgen Klopp. Für besonders schlecht wird seit Sonntag der 28. Januar 2018 gelten. Es ist jener Tag, an dem der Club dieses besondere Projekt abgebrochen hat. Hannes Wolf musste gehen.

Besonderer Charme der Lösung Wolf

Alles gut mit, alles schlecht ohne Wolf – zugegeben: Das ist eine recht vereinfachte Sicht der Dinge. Denn diese 16 Monate, in denen der heute 36-Jährige das Sagen hatte bei den VfB-Profis, stehen nicht nur für Erfolge. Aber: Allein, dass der VfB in einer prekären Phase den Mut hatte, auf einen Neuling im Profigeschäft zu setzen, hatte für viele Beobachter einen besonderen Charme – und stand für einen neuen Weg.

Die Aufgabe, den einst ruhmreichen Club wieder nach oben zu hieven, war die Pflicht des jungen Trainers, aber beileibe kein Job mit Selbstläufer-Charakter. Doch Wolf startete furios. Dem 1:1 in Bochum kurz nach Amtsübernahme folgte ein 4:0 über die SpVgg Greuther Fürth – mit jungen Spielern, schnellem Spiel und prickelnder Flutlicht-Atmosphäre. Auch wenn es ganz so feudal nicht weiterging, führte Wolf den VfB solide durch die Zweitligasaison.

Er moderierte souverän und stets freundlich übertriebene Erwartungshaltungen ab, hielt auch unzufriedene Spieler bei Laune und half dem Club (wie auch Ex-Manager Jan Schindelmeiser) mit seiner sympathischen Ausstrahlung, das Projekt Ausgliederung erfolgreich über die Bühne zu bringen. Hannes Wolf also galt als wichtiger Erfolgsfaktor der Gegenwart – und noch mehr als Mann der Zukunft. Noch vor dem Start der Bundesligasaison wurde sein Vertrag vorzeitig bis 2019 verlängert (was ihm nun eine Abfindung im mittleren sechsstelligen Bereich bringen wird). Und er hätte jede Berechtigung gehabt, sein Profil zu schärfen. Doch genau an dieser Stelle nahm sich der gebürtige Bochumer betont zurück.

Lob von zwei Großen

Zweite Liga? Schön, dass wir das machen dürfen. Erste Liga? Noch schöner, dass man uns hier machen lässt. Die Zusammenstellung der Mannschaft? Ist Job anderer. Öffentliche Kritik an der Mannschaft? Eher nicht. Ein bisschen Schiri-Schelte? Nicht die Art des netten Herrn Wolf, der allerdings dadurch Härte bewies, dass er auch etablierten Kräften unerwartete Zwangspausen verordnete. Nach außen allerdings verharrte er im meist selben Modus, pflegte sein spezielles Fußballdeutsch und wirkte – im Gegensatz zu manch anderem Jungtrainer – selten wie einer, der die ganz besonderen Kniffe gewinnbringend einsetzen kann. Einen Spielstil mit Wiedererkennungswert konnte (und wollte) er nicht etablieren, die Aufstellungen wirkten zaudernd, auch wenn er stets beteuerte, keinem Spieler sei das Toreschießen verboten. Die quälende Offensivschwäche bekam er dennoch nicht aus der Mannschaft, die – das muss man Hannes Wolf zugutehalten – nicht mehr viel hatte von den eigenen Vorstellungen. Dennoch setzte er noch zwei Highlights.

Gegen Borussia Dortmund gelang ein 2:1-Erfolg, gegen den FC Bayern beinahe ein Remis, von Jupp Heynckes gab’s danach ein Sonderlob: „Der VfB ist taktisch super aufgestellt.“ Vor einer Woche erwies Jürgen Klopp seinem Ex-Schützling noch einen Dienst. Der heutige Coach des FC Liverpool pries den alten Weggefährten als großes Trainertalent und attestierte Wolf „ganz viel Fußball-Sachverstand“. Das war im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF. In jener Sendung also, in der Michael Reschke, der Sportvorstand des VfB, Wolf taktische Unterredungen nahelegte. Der Anfang vom Ende.

Wolf zuckte, schluckte und blieb auch in diesem Moment freundlich. So wie nach seinem Rauswurf, den er nach Lage der Dinge selbst mit auslöste. Präsident Wolfgang Dietrich attestierte Wolf „hervorragende Arbeit“. Doch die war nicht genug.