Jugendliche bekommen auch rund um das Stuttgarter Flühlingsfest hochprozentigen Alkohol Foto: dpa

Testkäufer sind bei fast der Hälfte ihrer Versuche rund ums Frühlingsfest bedient worden.

Stuttgart - Minderjährigen Testkäufern ist bei fast der Hälfte ihrer Versuche rund ums Frühlingsfest reichlich eingeschenkt worden. Gleichzeitig hat die Polizei deutlich weniger stark angetrunkene Jugendliche auf dem Gelände beobachtet. Sie will die intensive Aufklärungsarbeit fortsetzen.Vor zwei Wochen ist das Stuttgarter Frühlingsfest zu Ende gegangen. Bei den Besuchern ist der letzte Kater längst abgeklungen, doch Polizei und Stadt bereitet die Wasen-Sause weiter Kopfschmerzen. Das Thema Jugendschutz ist zwar in aller Munde, doch angekommen ist es längst noch nicht überall. Die Bilanz von jugendlichen Testkäufern klingt ernüchternd: Zwar hat sie sich im Vergleich zum Volksfest im vergangenen Herbst, als die Sünderquote 100 Prozent betragen hatte, deutlich verbessert - doch noch immer hat fast jeder zweite Versuch den Minderjährigen hochprozentigen Alkohol beschert.

Zwei 17 Jahre alte Beschäftigte der Stadt waren an vier Tagen auf dem Festgelände, in dessen Umfeld und vereinzelt auch in anderen Ecken des Stadtgebiets unterwegs. Sie versuchten, in Festzelten, bei Gastronomiebetrieben, in Geschäften oder Tankstellen Spirituosen zu kaufen. In 28 von 62 Fällen hatten sie Erfolg. Auf dem Wasen selbst fiel die Quote mit 17 Treffern bei 46 Versuchen etwas geringer aus als im Umfeld. Getestet wird zu verschiedenen Tageszeiten und bei unterschiedlichem Besucherandrang an den Verkaufsstellen.

Erstaunlich sind die Zahlen angesichts der Vorgeschichte. "Wir haben bereits vor Festbeginn die Betroffenen nochmals ausdrücklich über die Jugendschutzbestimmungen informiert", sagt Polizeisprecherin Kerstin Nelson. Diejenigen, die später überprüft worden sind, seien in weiten Teilen mit dieser Gruppe identisch. Die ertappten Sünder können bei allen Ausreden, die sich die Tester samt der Begleitpersonen vom Ordnungsamt oftmals anhören müssen, also nicht behaupten, sie hätten nichts von den geltenden Bestimmungen oder der strengen Überprüfung deren Einhaltung gewusst.

Hohe Bußgelder für die Ertappten

Auf die Ertappten kommen jetzt hohe Bußgelder zu. So soll das Problem ins Bewusstsein rücken. Die Mitarbeiter, die den Jugendlichen den Alkohol verkauft haben, müssen 300 Euro plus Bearbeitungsgebühr bezahlen. In Einzelfällen sind auch die Betriebsleiter betroffen. Sie müssen nachweisen, dass sie ihr Personal geschult haben. Können sie das nicht, werden auch für sie 300 Euro fällig. Härter fällt die Strafe aus, wenn der Chef selbst Wodka oder Schnaps verkauft oder ausgeschenkt hat: Dann beträgt das Bußgeld 2000 Euro.

Doch trotz der bescheidenen Testkäuferbilanz sieht die Polizei auch positive Ansätze. "Wir haben dafür zwar keine konkreten Zahlen, aber wir haben doch den Eindruck, dass wesentlich weniger stark angetrunkene Jugendliche aufs Festgelände geströmt sind als sonst", sagt Ulrich Sauter, der beim Polizeipräsidium für Präventionsarbeit zuständig ist. Verantwortlich dafür sei die groß angelegte Aufklärungsaktion mehrerer Partner während des Festes.

So umfangreich wie nie zuvor ist die Polizei dabei auf Jugendliche zugegangen. Mit im Boot waren die Stadt, Ärzte und die Beauftragte für Suchtprophylaxe des Gesundheitsamts, die Verkehrswacht sowie die Mobile Jugendarbeit. Auch Polizei und Suchthilfeeinrichtungen aus den angrenzenden Landkreisen wurden einbezogen. Sie informierten etwa an einem Präventionsstand über die Gefahren von Alkohol am Steuer. Mit Rauschbrillen, Sehtests und Fahrsimulator konnten Festbesucher dabei ausprobieren, wie es sich betrunken fährt. An einem weiteren Stand am Cannstatter Bahnhof klärte die Polizei vier Tage lang 1200 Jugendliche über die Folgen von Alkoholmissbrauch auf. "Alle Beteiligten sind zufrieden und der Meinung, dass die Aktion etwas gebracht hat", sagt Sauter.

Deshalb hofft die Polizei, die intensive Präventionsarbeit fortsetzen zu können. "Wir würden gerne so weitermachen. Allerdings bindet das viel Arbeit und zahlreiche Leute", sagt Ulrich. Dennoch müsse die Aktion den Beteiligten diesen Aufwand wert sein. Ob er sich auf dem Festgelände und beim Trinkverhalten junger Leute widerspiegelt, wird sich zeigen müssen. Für uneinsichtige Gastronomen und Händler sind die Folgen schneller spürbar: Sie müssen zahlen. Und damit rechnen, dass es unabhängig vom Wasen weitere Testkäufe in der Stadt geben wird. Falls das Ergebnis so ausfällt wie diesmal, ist der nächste Kater programmiert - bei den ertappten Unbelehrbaren.