Die Vesperkirche endet an diesem Samstag nach sieben Wochen. Foto: Lichtgut/Schmidt

Die Verantwortlichen der Vesperkirche ziehen nach sieben Wochen Bilanz und machen dabei eines klar: Sie werden sich auch weiterhin auf politischer Ebene für die Belange von Armen und Bedürftigen einsetzen.

Stuttgart - Knapp sieben Wochen Vesperkirche hat die Diakoniepfarrerin Gabriele Ehrmann gerade hinter sich gebracht – erstmals als Leiterin. Ein „Marathon“ sei das gewesen, der nur so gut funktioniere, weil das hauptamtliche Team und die Ehrenamtlichen so gut eingespielt seien. Ehrmanns größter Wunsch ist trotzdem, dass „wir eines Tages die Vesperkirche, so wie sie jetzt ist, nicht mehr brauchen“. Dabei geht es ihr nicht um die Arbeit an sich. „Das politische Ziel muss sein, dass es eines Tages keine Bedürftigen mehr gibt, die ein günstiges Mittagessen und einen Ort brauchen, an dem sie dazugehören“, sag sie. Ob sie daran glaubt? „Als Christin habe ich die Hoffnung“, sagt sie.

 

Ein Wunsch ist, dass es die Vesperkirche so irgendwann nicht mehr braucht

Nach knapp sieben Wochen geht die Vesperkirche nun am Samstag, 3. März, zu Ende. Rund 800 Ehrenamtliche haben mit einem kleinen Team hauptamtlicher Mitarbeiter täglich 450 Vesperbeutel gepackt, je 1500 Kaffee- und Teebecher ausgeschenkt und rund 600 Mittagessen serviert. In dem „Zuhause auf Zeit“ werden die Armen nicht nur satt, sondern sie dürfen auch teilhaben. Neben Essen und Trinken gibt es ein Kulturprogramm, Gesundheitsberatung und vor allem einen Ort, an dem sie eine Gemeinschaft sind. Aber der politische Aspekt der sozialen Aktion ist den Verantwortlichen der Evangelischen Kirche Stuttgart genauso wichtig: „Wir machen auf Armut aufmerksam“, sagt Gabriele Ehrmann. Erstmals gab es in diesem Jahr den Dialogabend „Politiker hören zu“. Gäste der Vesperkirche konnten Politikern ihre Sorgen und Nöte schildern.

Mehr Wohnungen und ein zweiter Arbeitsmarkt

Hoffnung hat auch Dekan Klaus Käpplinger. Er spüre einen Aufbruch in der Landeshauptstadt hin zur Beteiligung möglichst vieler Menschen. Der müsse sich auch auf die Politik auswirken: „Wir brauchen Wohnungen für große und kleine Geldbeutel.“ Das allein reiche aber nicht. „Und auch beim zweiten Arbeitsmarkt müssen wir nicht auf Berlin warten, sondern selbst Akzente setzen“, so seine Forderung. Ein bedingungsloses Grundeinkommen sieht Käpplinger zwar kritisch. Aber: „Einige Punkte müssen wir einfach mal ausprobieren“, sagt der Dekan. Mit diesen Themen wolle man sich auch weiterhin politisch zu Wort melden. „Aber ich gehe davon aus, dass wir im Januar 2019 die Türen der Leonhardskirche für die Vesperkirche wieder öffnen müssen.“