Austern gehören in den Kühlschrank, doch die Lebensmittelkontrolleure finden sie auch mal in offnen Behältern auf der Küchenarbeitsplatte. Weitere Gruselfunde der Lebensmittelkontrolleure finden Sie in unserer Fotostrecke. Foto: Lebensmittelüberwachung

Auch wenn 142 Betriebe geschlossen wurden, spricht der Chef der Lebensmittelüberwachung von einer guten Entwicklung: Er kann mit mehr Personal einen höheren Kontrolldruck ausüben.

Stuttgart - Es ist nicht so, dass sich ein Problem erledigen würde, wenn ein neues auftaucht: Das lehrt die Erfahrung der Lebensmittelkontrolleure im Laufe der Jahre. Dennoch legen sie immer wieder ihren Fokus auf bestimmte Bereiche, sagte Thomas Stegmanns, der Leiter der Dienststelle Lebensmittelüberwachung, als er am Mittwoch die Bilanz für das vergangenen Jahr präsentierte. Das aktuelle Thema sind die Eismaschinen in den gastronomischen Betrieben der Stadt. Nicht diejenigen, die das Speiseeis rühren, sondern die Apparate, die das sogenannte Scherbeneis für eisgekühlte Getränke spenden. „Eine neue Kollegin meinte, sie nehme sich zur Einarbeitung mal ein leichtes Thema vor. Was sie dann fand, war in manchen Betrieben eine Mischung aus Aquarium, Kühlschrank und Gulli“, berichtete Stegmanns. Nun werde man in den kommenden Wochen verstärkt auf diese Maschinen achten, fügte er hinzu. Dazu komme als weiterer Schwerpunkt das Phänomen, das in der Dienststelle auf den Spitznamen „Läppchen des Todes“getauft wurde: Man wolle in diesem Jahr auf Putztücher achten, die in Küchen herumliegen und den Kontrolleuren verdächtig vorkommen.

Die ärgste Personalnot ist gelindert

Es fällt den Lebensmittelkontrolleuren inzwischen etwas leichter, sich mit Sonderproblemen wie Eismaschinen zu befassen. Denn die ärgste Personalnot ist gelindert. Noch immer erreiche die Dienststelle nicht das Soll der eigentlich notwendigen Kontrollen, dennoch sei die Kontrollquote schon wesentlich besser geworden: Sie lag bei 48,5 Prozent. Konkret bedeutet das, dass in der Landeshauptstadt 5804 der 11970 Betriebe im vergangnen Jahr Besuch von den Lebensmittelkontrolleuren hatten. Beanstandungen gab es in mehr als der Hälfte der Fälle (57,6 Prozent).

Auch wenn mehr Beanstandungen zunächst nach einer schlechten Nachricht klingen, können Stegmanns und der Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) diesen Zahlen eine positive Seite abgewinnen. „Je mehr Kontrollen gemacht werden, desto mehr Verstöße werden dann auch festgestellt. Das dient in hohem Maße dem Verbraucherschutz, weil damit das Entdeckungsrisiko erhöht wird,“ kommentierte der Bürgermeister diese Entwicklung: Die Gastronomen in der Landeshauptstad rechnen bei einer größeren Personalstärke der Lebensmittelüberwachung eher mit einer Kontrolle, daher seien sie umso mehr um Ordnung und Sauberkeit bemüht, fügte Stegmanns hinzu.

Drei zusätzliche Stellen wurden geschaffen

Anfang 2015 seien alle 20 Stellen für Lebensmittelkontrolleure besetzt gewesen. Dank der Unterstützung des Landes hätten drei zusätzliche Stellen geschaffen werden können, so Schairer. Im Januar 2016 mussten fünf Stellen mit Auszubildenden besetzt werden, da weiterhin bundesweit ein Mangel an Lebensmittelkontrolleuren bestehe. Da in den zurückliegenden Jahren die Dienststelle stets unterbesetzt war, ist die Zahl der kontrollierten Betriebe von 2012 an stetig gesunken. Seit 2014 sei wieder ein klarer Aufwärtstrend zu verzeichnen.

Die Kontrolleure hatten im vergangenen Jahr auch jede Menge Arbeit wegen des evangelischen Kirchentags. „Wir haben allein am Abend der Begegnung 3000 Portionen Essen entsorgt“, berichtete Stegmanns. So sei er etwa an einem Stand auf einen Kartoffelsalat gestoßen, der eine Temperatur von 28 Grad hatte. Nun sei warmer Kartoffelsalat auf Schwäbischen Tafeln ja bekannt, jedoch war der Salat bereits mehr als zwölf Stunden zuvor zubereitet worden.

Bakterien verdoppeln sich jede halbe Stunde

Des Rätsels Lösung: die Macher hatten schlichtweg vergessen, den Stecker des Kühlschranks einzustecken, in dem der Salat aufbewahrt wurde. Die subtropisch anmutenden Wetterverhältnisse im vergangenen Juni taten ihr Übriges. Der Salat musste weg. „Man muss davon ausgehen, dass beim Kartoffelschälen und Zwiebelschneiden Bakterien an die Lebensmittel kommen. Das ist so gut wie unvermeidbar“, so der Chef der Lebensmittelüberwachung. Wenn man wisse, dass Bakterien sich alle halbe Stunde verdoppeln und dann hochrechne, was das für einen zwölf Stunden lang nicht gekühlten Salat bedeute, vergehe einem der Appetit.

In die übliche Ekelfotogalerie der übelsten Funde des vergangenen Jahres, welche die Lebensmittelkontrolleure präsentieren, schaffte es der Kartoffelsalat gleichwohl nicht. Jedoch fand sich darin ein ausgestopfter Habicht, der zwischen Lebensmittelvorräten eines Lokals nichts verloren hat. Und wenn aus einem Reiskocher in einem Asia-Lokal die Kakerlaken am unteren Rand schon dem Kontrolleur entgegen krabbeln, greift der sofort zum Fotoapparat. Auch Pastasaucen, auf denen der Schimmel schwimmt, präsentierten Stegmanns und seine Kollegin Anna Lauken. 142 Betriebe wurden von den Kontrolleuren dicht gemacht. In 120 Fällen verständigte die städtische Dienststelle Polizei und Staatsanwaltschaft.