Ajax und Tottenham: zwischen tiefer Trauer und grenzenlosem Jubel Foto: dpa

Der Traum von Ajax Amsterdam vom Einzug ins Champions-League-Finale ist auf dramatische Art geplatzt. Dennoch ist es nicht zuletzt den Niederländern zu verdanken, dass die Königsklasse ihre vielleicht spannendste Saison erlebt. Ihr Beispiel sollte auch den deutschen Clubs Mut machen, meint Sportredakteur Marko Schumacher.

Stuttgart - Auf den ersten Blick mag es ernüchternd sein, wie diese denkwürdige Champions-League-Saison nun zu Ende geht: Im großen Finale ist die milliardenschwere englische Premier League unter sich. Der FC Liverpool und Tottenham Hotspur sind es, die am 1. Juni in Madrid um Europas Fußballkrone kämpfen. Es sind nicht einmal die besten Teams von der Insel, denn an der Tabellenspitze steht vor dem letzten Spieltag der Scheich-Club Manchester City.

Geld schießt also Tore, das weiß man schon lange – neu aber ist die Erkenntnis, dass die Königsklasse trotzdem großen Spaß machen kann. So aufregend wie in dieser Saison ist sie vielleicht noch nie gewesen. In einem verrückten Rückspiel gegen Manchester United ist Paris St. Germain schon im Achtelfinale gescheitert, im Halbfinale folgten zwei unvergessliche Schlachten, die in die Fußballhistorie eingehen: die Aufholjagd von Liverpool gegen den FC Barcelona und der K.o. von Ajax Amsterdam gegen Tottenham in der sechsten Minute der Nachspielzeit.

Das große Ajax-Märchen bleibt ohne Happy End

Auf die denkbar brutalste Art ist das Ajax-Märchen unmittelbar vor dem Happy End zum Albtraum geworden. Dennoch ist es vor allem den Niederländern zu verdanken, dass auch unter Fußball-Romantiker die Hoffnung auf einen spannenden Wettbewerb wiederbelebt wurde. Mit einer hungrigen jungen Mannschaft und mitreißendem Kombinationsspiel hat Ajax erst Real Madrid, den Sieger der vergangenen drei Jahre, und danach Cristiano Ronaldos Juventus Turin aus dem Wettbewerb gekegelt. Auch das wird so schnell nicht vergessen werden.

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Beliebig wiederholbar sind solche Fußballmärchen natürlich nicht. Die besten Ajax-Spieler werden nächstes Jahr nicht mehr in Amsterdam spielen, sondern bei den Großclubs in England oder Spanien. Doch sollte dieses Beispiel auch allen anderen Vereinen aus der zweiten oder dritten Reihe Mut machen: Sie haben gesehen, was auch mit kleinem Budget möglich ist, wenn man konsequent auf den Nachwuchs setzt, einen ausgeprägten Teamgeist besitzt und fest daran glaubt, Unmögliches zu schaffen.

Damit dürfen sich nicht zuletzt die deutschen Clubs angesprochen fühlen, die allzu gern die finanzielle Übermacht der Konkurrenz beklagen. Während im Achtelfinal-Rückspiel Schalke 04 von Manchester City mit 0:7 überrollt wurde, entzauberte Ajax in Madrid die Königlichen mit 4:1.