BigAir: Im Stuttgarter Neckarpark springen wagemutige Snowboarder durch die Luft.

Stuttgart - Chas Guldemond aus den USA ist einer der besten Snowboarder der Welt, der 19-jährige Ethan Morgan aus Mittenwald will in seine Fußstapfen treten. Beide wissen: Einfaches Geld gibt es als Snowboarder nicht zu verdienen.

36 Meter über dem Boden des Neckarparks pfeift ein kalter Wind. Steil geht es von der Rampe des Big-Air-Snowboard-Events nach unten. Zwei der Männer, die dort oben am Ablauf stehen, sind vor jedem ihrer Sprünge extrem froh, hier oben angekommen zu sein. Chas Guldemond aus den USA verdient sein Geld, indem er mit einem Snowboard durch die Luft fliegt - und das, obwohl er an Höhenangst leidet. Diese Schwäche teilt er mit dem deutschen Nachwuchsfahrer Ethan Morgan.

Im Hochgebirge, wenn es fast senkrechte Abhänge hinunter geht und von hohen Felsen gesprungen wird, hatten die beiden deshalb noch keine Probleme, auf der Rampe in Stuttgart sieht das jedoch anders aus. "Der Weg nach oben ist das Schlimmste für mich", sagt der 23-jährige Kalifornier, "das Springen kostet mich dagegen keine Überwindung." Guldemond belegte 2009 den zweiten Platz in der Endabrechnung der TTR-Worldtour, des Weltcups der Freestyle-Snowboarder, und er gewann bei den X-Games, den Olympischen Spielen der Extremsportler, bereits Medaillen - er ist ein etablierter Star in der Szene und scheint seine Zeit in Stuttgart zu genießen. "Trotz Höhenangst freue ich mich auf jeden einzelnen Sprung", sagt Guldemond und lächelt.

"Mir geht es genauso", meint der 19-jährige Ethan Morgan, "der Aufzug zur Rampe hinauf ist die Hölle." Der Sohn eines Amerikaners und einer Deutschen steht am Anfang seiner Karriere, Morgan will sich in den kommenden Jahren zum Profi-Boarder entwickeln: "Ich muss noch hart arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen."

Doch die Boarder führen. kein einfaches Leben. "Als ich vor fünf Jahren Profi wurde, war es noch leichter, auf diese Weise Geld zu verdienen", erzählt Guldemond, "die Wirtschaftskrise hat uns hart getroffen." Man müsse mittlerweile in diesem Geschäft viel härter arbeiten als noch vor ein paar Jahren, sagt er. "Selbst Fahrer, die Medaillen bei den X-Games gewinnen, bekamen dafür vor kurzem nicht einmal einen Scheck."

Nicht nur wirtschaftlich birgt das Dasein als Snowboarder Risiken: "Verletzungen gehören zu diesem Sport einfach dazu", sagt der US-Amerikaner und lacht, "egal ob auf der Schanze oder in der Natur." Er selbst hat sich schon etliche Male die Knochen gebrochen - "Berufsrisiko", sagt Guldemond lapidar. Doch dann erzählt er, wie er seinen besten Freund nach einem Lawinenabgang gerade noch aus den Schneemassen befreien konnte, die Miene des Kaliforniers wird dabei ernst. "Das Wichtigste beim Snowboarden ist es, kluge Entscheidungen zu treffen", sagt er. Für die Veranstaltung in Stuttgart an diesem Mittwoch hat sich der Sieger der US Open von 2009 nur ein Ziel gesetzt: "Ich will die Leute begeistern und ihnen eine gute Show bieten", sagt Guldemond.

Gestern lief allerdings noch nicht alles rund auf dem Wasen: Die Piste war beim Training am Morgen extrem eisig und deshalb zu gefährlich. Die Profis sprangen indes ohnehin erst am Nachmittag - vor Hunderten Zuschauern.

Da war auch Morgan dabei - trotz seiner Höhenangst. Die hindert ihn nicht an spektakulären Sprüngen. "Und ich hatte, was Verletzungen angeht, bislang echt Glück", erklärt Morgan, "ich habe mir erst dreimal das Schlüsselbein gebrochen." Mit seinen erfolgreichen Kollegen gemeinsam an den Start zu gehen, motiviert den 19-Jährigen. "Ich kenne die Jungs wie Chas ja schon von anderen Events", berichtet er. Und sobald es die beiden einmal auf die Rampe hinauf geschafft und ihre Höhenangst überwunden haben, sind sie ohnehin in ihrem Element.