Düstere Zukunftsvision: Szene aus „Big Republic“ Foto: Luzie Marquardt

Christina Paulhofer bringt Oliver Schmerings Stück „Big Republic“ im Stuttgarter Theater Rampe auf die Bühne. Ihre Uraufführung schildert die totale Gleichheit zwar befremdlich, jedoch wenig bedrohlich.

Stuttgart - Die Wände ziert silberne Alufolie. Inmitten der Bühne ruht ein dunkelblauer Container. Countdown aus dem Off, Rauch und: Zero! Fünf Perückenträger, nebst rosa Bob-Frisur, von kurzen, weißen Morgenmänteln geschmückt, entfliehen der sich öffnenden Kiste.

„Wir sind die Bewahrer höchsten Glücks! Wir sind das Team!“, brüllen sie im Chor. Und „das Team“ beginnt zu einfachen Beats und mit poetry-slam-hafter Rhythmik zu verkünden: „Überleben, im einzigen Staat leben, heißt die Mechanik der Mechanismen zu kapieren und heißt, dass es doch nicht gelingt sich davon zu distanzieren – gibt’s Fragen?“

Aber ja, zuhauf! Allein die Antworten aus Oliver Schmaerings Stück „Big Republic“ herauszukristallisieren – das fällt schwer. Regisseurin Christina Paulhofer, bekannter Name auf deutschsprachigen Bühnen, nimmt die Herausforderung an und inszeniert das an den Roman „Wir“ von Jewgeni Samjatin angelehnte Werk am Mittwoch im Theater Rampe.

Bereits auf dem Papier kommt „Big Republic“ chaotisch daher. Teile des Textes sind rot oder blau oder schwarz hinterlegt, Illustrationen und Skizzen tauchen auf, hier und da fehlen seitenweise Satzzeichen. Die Akteure geben sich alle Mühe, dies Durcheinander zu visualisieren. Orlando Klaus mimt einen Raketenkonstrukteur namens D-503, Samia Chancrin die Rebellin I-330. Er würde lieber für die Raumfahrt brennen denn für diese Frau, doch wo die Liebe hinfällt, lässt sich nicht berechnen.

Von klarer Handlung kann bei diesem Stück allerdings keine Rede sein. So viel immerhin: Ein kleiner Teil eines futuristischen, allgegenwärtigen Globalstaats aus Menschen mit optimiertem Alltag fragt nach humaner Identität. „Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten“, fand Jean-Jacques Rousseau. Diese Frage stellt das Stück zumindest recht deutlich: Welche Ketten sind schlecht?

Paulhofers Uraufführung schildert die totale Gleichheit zwar befremdlich, jedoch wenig bedrohlich. Unter willkürlich anmutenden Tanzeinlagen und dröhnender Musik leiden Charaktertiefe und -entwicklung. Szenen kommen häufig wie Fragmente daher und enthalten manchmal schlaue Sprüche wie: „Die Welt verändern und nicht sich selbst – als wollte man dem eigenen Spiegelbild das Haar kämmen.“

Die Regiearbeit enthält zwar intelligente Gedanken, mangels identifizierungsschürender Erzählweise fesselt der Abend jedoch nicht, da hilft auch nicht die inszenatorische Erweiterung des Textes um eine Handvoll Aphorismen, Bässe und Geschrei.

Weitere Termine: 30. Mai und 10.-13. Juni, jeweils 19.30 Uhr. Karten: 0711 / 6 20 09 09 15.