Eine Serie quietschbunter, abstrakter Zirkusbilder von Henri Matisse. Foto: factum/Bach

Die städtische Galerie in Bietigheim-Bissingen zeigt in ihrer neuen Ausstellung Zirkusbilder von Picasso über Macke und Dix bis hin zu Matisse und Chagall.

Bietigheim-Bissingen - Ob Picasso, Macke, Dix oder Matisse – die Welt des Zirkus hat sie alle fasziniert. Viele Künstler haben sich immer wieder mit dem Thema beschäftigt. Den einen interessierte das Leben der Artisten hinter den Kulissen, den anderen reizte das ungebundene Leben der Gaukler als Gegenentwurf zur konservativ-steifen Gesellschaft des Wilhelminismus. Manche Künstler nutzten die Bilder aus der Manege als Vorlage für das Spiel von Farbe und Bewegung, andere als Schauplatz für sozialistische Gesellschaftskritik. Die städtische Galerie in Bietigheim-Bissingen hat Zirkusbilder verschiedenster Künstler in ihrer neuen Ausstellung versammelt – und bietet damit auch einen Einblick in die Geschichte des Zirkusses.

Viel Raum für deutsche Expressionisten

Den Anfang der Ausstellung machen Bilder von Henri de Toulouse-Lautrec, der vor allem für seine Bilder aus der Pariser Halbwelt der belle Époque bekannt ist, dem es aber neben den freizügigen Tänzerinnen der Varietés auch die Gaukler der Zirkusse angetan hatte. Während der Franzose wie mit einer Handkamera direkt an die Artisten in der Manege heranzoomt, hält Pablo Picasso mehr Abstand. Er bildet in einer Folge von Skizzen das Leben der Artisten hinter den Kulissen ab und zeigt den Zusammenhalt der Gaukler, die sich als große Familie verstehen.

Großen Raum gibt die Ausstellung den deutschen Expressionisten. Auch sie werfen immer wieder einen Blick hinter die Kulissen und bilden nicht nur ab, was die Artisten in der Manege dem Publikum präsentieren. Die Künstler fühlen sich mit den Gauklern verwandt – und beneiden sie um ihr vermeintlich ungebundenes Leben. August Macke etwa bildet sich in einem Selbstporträt als traurigen Clown ab, Max Beckmann beginnt eine Serie von Kaltnadelradierungen zum Thema Zirkus mit einem Bild von sich als Ausrufer in einem „Circus Beckmann“ und kritisiert so die Situation der Künstler, die immer wieder dazu gezwungen sind, Marktschreier in eigener Sache zu sein.

Dix setzt auf groteske Übertreibung, die Franzosen auf Farbe

Während viele seiner Zeitgenossen trotz aller Sinnbildhaftigkeit noch großen Wert auf das realistische Element in ihren Bildern legen, konzentriert sich Otto Dix in seiner zehnteiligen Serie „Zircus“ vor allem auf das Groteske: Er zeigt Akrobaten als „Verächter des Todes“ mit Totenkopftätowierungen, oder eine „Dompteuse“ im Dominalook, die aussieht wie eine aus Lack und Leder quellende Raubkatze.

Besonders bunt wird das Treiben bei den Franzosen Matisse und Chagall am Ende der Ausstellung. Matisse hat seine abstrakte Vision der Zirkuswelt unter anderem in der Schablonendruckserie „Jazz“ verewigt, Chagall konzentriert sich bei seinen Lithografien auf das Wirbeln der Gaukler in der Manege und wirft nur einen kurzen Blick hinter die Kulissen.