Der Waldgasthof Schmellbachtal hat seinen Biergarten eröffnet. Foto:  

Wo sich bis in die 60er das Rohrer Naturfreibad befand, erwacht eine grüne Oase neu. Ein junges Paar hat von der Katholischen Kirche das Areal im Schmellbachtal gekauft, baut eifrig um und ist im Freien gestartet. Unser Test im Biergarten ohne Convenience.

Mit ihren vier Hunden waren Jessica Göthel, früher für Daimler in der Formal 1 tätig, und ihr Freund Julian Schramm, ein promovierter Controller, 2020 unterhalb von Oberaichen unterwegs, als sie mittenrein in eine verblasste Idylle gerieten. „Lost Place“ nennt man so etwas heute, eigentlich ein vergessener Ort.

Im Schmellbachtal ist 1926/1927 das Rohrer Naturfreibad gebaut worden. Das Quellwasser speiste sich vor allem aus den Drei Brunnen, war 18 Grad kalt und lockte bis in die 60er an den Wochenenden etwa 3000 Badegäste an. Nach dem Krieg kaufte ein Vaihinger Reißverschlussfabrikant das gesamte Areal, ehe die Katholische Kirche alles übernahm und 1972 ein Waldheim erbaute.

Auf Convenience-Produkte will das Wirtepaar völlig verzichten

Die Gassigeher, beide Mitte 30, verliebten sich in diese grüne Oase und beschlossen, sie wachzuküssen. Als Neu-Wirte wollten sie das Gebäude mieten, aber die Kirche war am Verkauf von 2000 Quadratmetern Hausfläche und 10 000 Quadratmetern Grundstück interessiert, was einer Größe von zehn Einfamilienhäusern entspricht. Als Controller weiß Julian Schramm, wie man Risiken berechnet. Er kam zum Schluss: Wir kaufen’s mithilfe der Banken! Im Sommer vermieten wir’s der Kirche für Waldheimkinder! So ist es geschehen. Das junge Paar sorgt damit für eines der spannendesten neuen Gastroprojekte im Großraum Stuttgart.

Am Grill steht Ralf Ahrens, der Vize-Grillmaster von Baden-Württemberg

Die beiden Vegetarier streben die Slow-Food-Zertifizierung an (alles ohne Convenience) und haben sich zur Eröffnung ihres Biergartens Markus Mack und Ralf Ahrens geholt, den Vize-Grillmaster von Baden-Württemberg. Im Inneren läuft die Kernsanierung. Jedes einzelne Kabel wird neu verlegt. Eine riesige Fensterfront wurde eingebaut, so dass man jetzt auch sieht, wie man mitten im Wald sitzt. Vor der kompletten Eröffnung im Juni/Juli ist der Waldgasthof, der mit eigener Solar- und Kläranlage autark ist, zu Recht zum Publikumsmagneten geworden. Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert. Wer da war, erzählt es weiter – auch der Klettergarten lockt. Die Qualität dieses Biergartens ist so hoch wie in wohl keinem anderen in der Region. Das Fleisch stammt von heimischen Landwirten. Auch die Pommes sind selbst gemacht. Zum Gastroteam gehört Peter Amann, der 10 000 Instagram-Follower hat, seitdem er in Las Vegas kochte. Von der Showstadt in Nevada geht’s bei ihm in die Idylle, in der sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. Sehr empfehlenswert: Der Hamburger (9,90 Euro) mit Pommes/Wedges (4,50 Euro). Es gibt eine große Auswahl an perfekten Salaten (ab 12,90 Euro). Auch weit über der gewohnten Biergarten-Qualität ist das Feta-Schiffchen mit Kartoffelstampf (10,90 Euro) gelungen. Was bereits im Freien geboten wird, ist ein sehr guter Start für noch mehr, was da kommen mag. Sehr sympathisch erwacht ein vergessener Ort neu. Waldgasthof Schmellbachtal, Telefon 01 72 / 7 63 92 61. Der Baustellen-Biergarten ist geöffnet: Do, Fr 14 bis 19 Uhr, Sa, So 12 bis 20 Uhr. www.waldgasthof-schmellbachtal.de

Bewertung

Küche: 4 Sterne, Service: 4 Sterne, Ambiente: 4 Sterne

***** = herausragend, ****= überdurchschnittlich, *** = gut, **= Luft nach oben, * = viel zu verbessern