Marco Grenz eröffnet heute den Biergarten beim Kursaal in Bad Cannstatt. Foto: Leif Piechowski

Ein Pavillon mit Strohdach stand einst am Kurpark, damals vor 200 Jahren trank man hier Mineralwasser. Viel hat sich getan seitdem. Hofbaumeister Thouret schenkte den Cannstattern den Kursaal, bald schenkt Marco Grenz dort Augustiner aus.

Ein Pavillon mit Strohdach stand einst am Kurpark, vor 200 Jahren trank man hier Mineralwasser. Viel hat sich getan seitdem. Hofbaumeister Thouret schenkte den Cannstattern den Kursaal, bald schenkt Marco Grenz dort Augustiner aus.

Stuttgart - Er hat malocht, bis der Doktor kommt. Gut, ganz so schlimm war’s noch nicht, aber vor der Eröffnung des Biergartens am heutigen Donnerstag war Marco Grenzbei seinem Arzt. „Ich habe mich durchchecken lassen“, erzählt er als wir uns am Kursaal treffen, „es ist alles okay.“ kommt etwas zu spät. Ein bisschen langsamer sollte er es trotzdem angehen lassen, 17 Stunden Arbeit am Tag sind der Gesundheit nicht gerade zuträglich.

Und dennoch sind die Tage gerade zu kurz. Jeder will noch etwas, wo man die Liegestühle hinstellen solle, will das Personal wissen; die Elektriker gibt einen Hinweis wegen der Beleuchtung; ein Mann schleppt ein Musterbuch herbei, welche Farbe solle denn nun die Markise haben. Da schwirrt der Kopf ganz ohne Augustiner.

Ein Comeback an historischer Stätte

Heute um 18 Uhr muss alles fertig sein. Dann öffnet nach vier Jahren Pause wieder der Biergarten des Kursaals. Es ist nicht nur ein Comeback an historischer Stätte, es ist auch die endgültige Wiederkehr des Marco Grenz auf der gastronomischen Bühne der Stadt. Im Winter hat er bereits mit seinem Partner Bekim Pajazitaj das Restaurant im Kursaal übernommen, so wie das Catering im großen und kleinen Saal. Nun kommt der Biergarten mit seinen 800 Plätzen hinzu.

Die Auszeit ist also zu Ende. „Es ist für mich ein Neuanfang nach einer bitteren Enttäuschung.“ Lange Jahre war er Wirt in der Alten Kanzlei, dort hält er heute noch 50 Prozent der Anteile, ins Geschäft eingebunden ist er allerdings nicht mehr. Wie das alles kam, darüber will er heute nicht mehr viele Worte verlieren. Auch weil die ehemaligen Kompagnons mit der Juristerei gut vertraut sind.

Gemeinsam hatte man sich 2012 mit dem Württemberg-Haus aufs Volksfest gewagt. Doch die Premiere des Edel-Zelts endete mit einer krachenden Pleite. In der Folge zerstritten sich die Partner. Grenz will nicht viel dazu sagen, „ich habe viel Geld verloren, aber das ist Vergangenheit“.

Nun ist es aber durchaus süffisant, dass Grenz heute auf dem Schillerplatz in Sichtweite der Alten Kanzlei zur Pressekonferenz lädt. Zur Feier des Tages schickt die Brauerei Augustiner ein Pferdegespann, dass erst durch die Innenstadt und dann nach Bad Cannstatt zuckelt. Ein Gruß an die ehemaligen Geschäftspartner – und an die Stuttgarter Brauereien.

Der Kursaal gehört ja der Stadt, dort wird nun Münchner Bier ausgeschenkt. „Viele Brauereien hatten Interesse, auch die Stuttgarter“, sagt Grenz, „aber Augustiner hat mir das beste Angebot gemacht.“ Schließlich hat er eine hohe sechsstellige Summe investiert, und da ist jede Hilfe willkommen. Offenbar war den Münchnern das Engagement in Stuttgart lieb und teuer.

Früher Almöhi mit Gamsbart, heute Szenehirsch mit Backenbart

Damit fassen sie in der Region Fuß. Ihre Marke „Edelstoff“ ist ja das neue Flens, das neue Tannenzäpfle, wer hip sein will, trinkt Edelstoff. Eine spannende Entwicklung, früher trank der Almöhi mit Gamsbart das Bier, heute der Szenehirsch mit Backenbart. Als besonders aggressiv ist die Münchner Brauerei der hiesigen Konkurrenz allerdings nicht aufgefallen. Bisher versuche Augustiner nicht, mit Kampfpreisen in den Markt zu drücken.

„Ein Biergarten passt zum Portfolio“, sagt ein Branchenkenner. „Sie betreiben in München den größten Biergarten mit 11 000 Menschen“, sagt Grenz. Diese Erfahrung merke man, „die legen unheimlich Wert auf Kleinigkeiten und schulen meine Mitarbeiter, bei welcher Temperatur man das Bier kühlt und wie man das Glas richtig spült.“

Doch mit richtig temperiertem Bier allein lockt man die Menschen nicht nach Bad Cannstatt. Das mussten schon manche Gastronomen leidvoll erfahren. Deshalb gibt’s sonntags Jazzkonzerte, die hiesigen Vereine dürfen sich präsentieren. Und während der WM gibt’s Fußball zu sehen. Draußen und drinnen. Damit man auch nachts jubeln darf, bis der Arzt kommt.