Im Biergarten im Schlossgarten schauten sich Fans die EM-Partie zwischen Deutschland und Frankreich gemeinsam an. In unserer Fotostrecke zeigen wir, wie Stuttgarter das Deutschland-Spiel erlebten. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Ein Sieg für das Gemeinschaftsgefühl: Im Biergarten im Stuttgarter Schlossgarten verfolgten mehr als 600 Fußballfreunde das EM-Auftaktspiel der Deutschen Elf.

Stuttgart - Die Marseillaise erklingt. Unter der Kastanie gegenüber des Ausschanks im Biergarten von Sonja Merz stimmt eine Gruppe Franzosen ein. Es sind nicht viele Anhänger der Équipe Tricolore unter den Besuchern, die sich am Dienstagabend zum Public Viewing im Schlossgarten eingefunden haben, aber sie sind unüberhörbar. Die Deutsche Hymne erklingt etwas lauter. „Ich weiß gar nicht, ob singen erlaubt ist“, merkt ein junger Mann halb im Scherz an. Zumindest hindern keine Masken die Schallentwicklung. An den Tischen herrscht mundschutzloses Miteinander. Das ist möglich weil nur zugegen sein darf, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Trotzdem herrscht Maskenpflicht, sobald jemand seinen Platz verlässt, etwa um Getränkenachschub zu holen. Die Security hat ein Auge auf die Einhaltung der Vorschriften. Das schließt Ermahnungen ein, sich zu setzen oder aufzurücken, damit sich Neuankömmlinge niederlassen können.

Lesen Sie aus unserem Plus-Angebot: Das sind die Gründe für das 0:1 der DFB-Elf

Bierbänke sind ziemlich dicht besetzt

Mit rund 650 Fußballfreunden sind die Bierbänke ziemlich dicht besetzt. 700 Gäste sind derzeit das Maximum. Erstaunlich ist, wie ruhig es trotz dieser Menschenmenge letztlich bleibt. Für die Klangkulisse sorgen vorrangig die Fans aus den Lautsprechern. Das mag auch am Spielverlauf liegen: Ein Grüppchen, das vor Spielbeginn „Auf geht’s Deutschland, schießt ein Tor“ skandiert hatte, verfolgt das Geschehen, spätestens nachdem Hummels den Ball in den eigenen Kasten gelenkt hat, eher angespannt. „Wenigstens haben wir einen historischen Moment miterlebt“, kommentiert Steffen (19) das erste deutsche Eigentor der EM-Geschichte. Natürlich wäre ihm ein anderer Spielverlauf lieber gewesen. Der Open-Air-Fußballabend selbst ist ihm aber noch wichtiger als das Ergebnis des Spiels. „Es ist klasse, endlich mal wieder unter Menschen sein zu können und mit Freunden eine gute Zeit zu haben“, schwärmt er. An anderen Tischen entbrennen in der Pause hitzige Diskussionen. Was hätte man anders machen können? War es doch falsch, Hummels und Müller mit zur EM zu nehmen?

Gemeinschaftsgefühl kommt auf

„Dass es nur Sitzplätze gibt, ist schon ungewohnt“, befindet Martina (32), die sich ein wenig die Beine vertritt, ehe die zweite Halbzeit beginnt. Ihr sei es aber lieber, sich an eine andere Atmosphäre beim Public Viewing zu gewöhnen, als Risiken einzugehen. Bei entsprechenden Szenen leben die Zuschauer dann auch unter den neuen Gegebenheiten merklich auf. Gnabrys Chance in der 54. Minute bringt manchen dazu, aufzuspringen. Wieder werden Anfeuerungschöre in Richtung Nationalmannschaft laut. Die Franzosen halten aus ihrer Ecke dagegen. Kurz herrscht lebhafte Stimmung im Rund des Biergartens. Dann dominiert wieder die Konzentration auf die Großleinwand. „Ich glaube, ich besorge mir Tickets für das Portugal-Spiel und komme am Samstag wieder, zeigt sich ein Besucher mit dem sportlich weniger erbaulichen Abend versöhnt. „Hier ist es halt doch schöner, als zuhause vor dem Fernseher“.