Der Komponist und Musiker Adrian Werum (am Klavier) lässt die Teilnehmer vorsingen. Foto: factum/Granville

Beim Casting für das Pop-Musical im kommenden Sommer entdeckt der Regisseur Siegfried Barth viele Talente. Gesucht wird noch ein Mann mittleren Alters, der einen Vater spielen kann.

Sindelfingen - Gespannte Ruhe herrscht im Lehrerzimmer der Sindelfinger Schule für Musik, Tanz und Theater (SMTT), das zum Warteraum umfunktioniert wurde. Ein Dutzend junger Leute wartet auf den großen Auftritt. Zum Casting hat Siegfried Barth eingeladen. Der Geschäftsführer der Kinderfilmakademie SimTV wurde vom Biennale-Kuratorium als Regisseur für das Pop-Musical bestimmt. Es ist einer der Hauptacts der kommenden Biennale im Sommer 2017.

„Die Geschichte für das Musical steht, das Buch ist fertig“, sagt Barth. Gemeinsam mit dem Autor Jörn Precht hat er es in den vergangenen Monaten verfasst. „Es geht um eine Fernsehshow und was da hinter den Kulissen so alles passiert“, verrät Barth. Auch ein Großteil der Lieder sei bereits komponiert – vom Stuttgarter Adrian Werum, einem alten Bekannten in der Sindelfinger Szene und Oliver Palotai, Musiker und Lehrer an der SMTT. Jetzt sucht das Team die Darsteller für das Musical.

Alte Bekannte und Neuentdeckungen

Ein ganzes Wochenende hat die Crew um Barth, darunter viele ehrenamtliche Mitarbeiter von SimTV, aber auch die Komponisten Werum und Palotai für das Vorsprechen, – singen und -tanzen reserviert. In der Jury sitzen der Regisseur Barth, die beiden Komponisten, der Autor des Stücks, Jörn Precht sowie Ingo Sika, der bei den vergangenen großen Produktionen im Jubiläumsjahr 2013 sowie bei der Biennale 2015 die tragenden Rollen inne hatte.

Alte Bekannte sind auch unter den Anwärtern für eine der drei Haupt- und drei großen Nebenrollen. Zum Beispiel Stefan Siebert. Der heute 16-Jährige stand schon beim Multimedia-Spektakel „Sindolfs Traum“ vor drei Jahren gemeinsam mit Ingo Sika auf der Bühne. Zwei Jahre später beim Freilufttheater „Sindelfinger Jedermann“ war er als einer der drei Teufelchen einer der Publikumslieblinge. Doch eine Rolle im neuen Stück hat er damit nicht automatisch. „Jeder muss sich hier vorstellen“, sagt Siegfried Barth. „Jeder soll eine Chance haben.“

Ganz neu dabei ist die 22-jährige Eleni Stein. Die junge Frau wuchs in New York als Tochter eines Deutschen auf und hatte nach eigner Aussage bereits mit 16 Jahren einen Plattenvertrag als Hip-Hop-Sängerin. Seit zwei Jahren lebt sie in Stuttgart, wo sie an der Medienakademie studiert. Ihr Professor ist Jörn Precht, der das Buch für das Musical schrieb und sie auf das Casting aufmerksam machte. Eleni Stein tritt an für die Hauptrolle der Marie. „Eine junge Frau, die von zuhause weggeht, um ihren Traum von einer Showkarriere zu verwirklichen“, sagt Barth. Doch Eleni Stein hat Konkurrenz. Drei weitere junge Frauen wollen die Rolle der Marie. Mit einer Doppelbesetzung plant Barth. Komfortabler hat es da Stefan Siebert, der momentan mit Nils Weber nur einen Mitbewerber hat.

Aufregung beim Recall

Am Freitagabend und Samstagvormittag war das Eingangscasting. 25 Leute stellten sich vor. „Neun davon sind spontan vorbeigekommen“, berichtet die Regieassistentin Hannah Schmidbauer, die gemeinsam mit dem Organisationsleiter Tarek Musleh am Empfang sitzt und die Teilnehmer registriert. Wer die Jury von sich überzeugen konnte, ist am Samstagnachmittag beim Recall dabei.

Zur Vorbereitung auf die zweite Runde haben die Teilnehmer nur wenig Zeit. In knapp zwei Stunden müssen sie ein neues Lied einüben sowie einen kleinen Text auswendig lernen. Dann geht es erneut auf die Bühne: erst Singen zur Klavierbegleitung von Adrian Werum, dann die Sprechprobe, am Sonntag steht zum Abschluss der Tanz auf dem Programm. Der Ton der Jury ist – anders als bei vielen Fernseh-Casting-Shows ausgesprochen freundlich. Kein Dieter Bohlen putzt die aufgeregten Teilnehmer runter. Jeder in der Jury weiß, wie schwierig ein solches Vorsingen ist. Applaus erhält deshalb jeder, der sich nach oben wagt. Doch zu meckern haben Barth und seine Jury-Kollegen sowieso nur wenig. „Das Niveau der Teilnehmer ist sehr hoch. Wir mussten nur wenigen absagen“, stellt Barth zufrieden fest. „Bei manchen reicht es nicht ganz für eine große Rolle. Aber wir brauchen auch noch Leute für Nebenrollen und das Ensemble.“

Insgesamt sollen am Ende etwa 30 Leute auf der Bühne stehen. An jungen Nachwuchstalenten herrscht kein Mangel. „Was uns im Moment noch fehlt ist ein Mann mittleren Alters, der einen Vater spielen kann“, sagt der Regisseur. Doch er ist zuversichtlich, dass dieser sich noch finden wird.