Sabine Rosien freut sich über die Bienen, die dank Bernhard Gomm in ihrem Garten leben. Foto: Georg Friedel

Seit Jahrzehnten baut Bernhard Gomm Nisthilfen für Wildbienen. Der Experte sieht viel Pfusch bei der Herstellung und oft fehlende Kenntnis beim Aufstellen der Insekten-Hotels.

Bernhard Gomm steht auf dem Bahnhofsvorplatz Zuffenhausen am Rand einer bewachsenen Böschung, die hoch zur B10/27-Trasse führt: Ziel ist ein dort aufgestellter Kasten aus Holz in sehr steiler Hanglage. Zuvor hat der „Spezialist für Wildbienen-Insekten-Hotelbau“, wie sich Gomm selbst bezeichnet, in seinem früheren Garten an der Hördtstraße die Gründe dafür aufgezählt, warum so viele Nistkästen leer bleiben oder nach kurzer Zeit kaputt gehen. Im Grunde ist es das Gleiche wie in der real existierenden Bauwirtschaft: Der „Pfusch am Bau“ sei ein eminentes Problem. Mindestens 25 Prozent der Nisthilfen seien ungeeignet für Wildbienen, schätzt der 85-jährige Experte aus Zuffenhausen. Die Ursachen sind vielfältig: „Viele Kästen sind falsch aufgehängt oder haben zu wenig Vordach, dann regnet es rein.“ Auch müssen sie ein bisschen nach vorne geneigt sein, damit kein Wasser eindringen kann.

„Das Bessere ist der Feind des Guten“

Also macht er regelmäßig Bestandsaufnahmen, gibt Tipps und inspiziert neben seinen eigenen Objekten auch andere Wildbienenhotels. Nicht immer macht er sich damit nur Freunde: „Das Bessere“, sagt Gomm, sei eben „der Feind des Guten“. Um zu zeigen, was er damit meint, stapft er nun schnaufend den begrünten Steilhang gegenüber der Stadtteilbibliothek Zuffenhausen hoch. Etwa 30 Meter vor der dort gebauten Lärmschutzwand an der B 10/27 spickt er vorsichtig in einen rechteckigen Kasten mit Röhrchen und verschiedenen Hölzern mit Bohrlöchern. Bis auf ein einziges zugekleistertes Schilfröhrchen sind in diesem Wildbienenhotel noch alle Zimmer frei. Für Gomm sind die Gründe für den Leerstand klar: Die Ausrichtung der Nisthilfe müsse immer gegen Süd-Südost erfolgen, das sei hier nicht der Fall, sagt er und fügt an: „Diesem Wildbienenhotel fehlt die Sonne und der Schutz. Die Nisthilfen sollten immer von der Wetterseite abgewandt sein.“ Überlebenswichtig sei, dass die aus den Eiern schlüpfenden Larven, die sich später zur Puppe und zur flugfähigen Wildbiene weiterentwickeln, vor Kälte, Wind und Nässe geschützt seien. Was auf der Information-Tafel als kleines Paradies für Wildbienen angekündigt wird, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung für die geflügelten Gäste als unattraktive Bleibe. Gomm sagt, er habe die beteiligten Akteure schon öfters darauf hingewiesen, dass hier seit nunmehr drei Jahren gähnende Leere im Wildbienenhotel herrscht und seine Expertise und Hilfe angeboten. Bisher vergeblich. Solche sicherlich gut gemeinten Beispiele kennt Gomm zuhauf und hat sie in einem Ordner gesammelt. Auch was Baumärkte oder Gartencenter teilweise für bis zu 120 Euro anbieten, sei gelinde gesagt ungeeignet. Wer glaubt, er könne sein Bienenhotel am Draht oder an der Schnur baumelnd aufhängen, liegt laut Gomm schon mal ganz falsch: „Das funktioniert nicht.“

„Das schönste Geschenk“

Es geht auch einfach: Gomm hat in seinem ehemaligen Garten Lochziegel-Platten aufgestapelt und größere Holzplatten als Wetterschutz darübergelegt: „Alles voll – 400 Stück“, jubiliert der Wildbienenfreund. Einer Nachbarin hat er mit zwei in ihrem Garten aufgebauten und sehr gut genutzten Wildbienenhotels das schönste Geschenk gemacht: „Das ist die größte Freude für mich“, sagt Sabine Rosien und berichtet: „Im Frühjahr kommen die Wildbienen aus ihren Brutröhren raus, dann beobachte ich sie.“ Manche seien dunkelbraun oder fast schwarz, andere hätten orangerote Flecken: „Sie sind wunderschön und ich kann ihnen stundenlang zuschauen, wie sie schaffen.“

„So ein rappelvolles Wildbienen-Hotel ist einfach faszinierend“, wirbt auch Gomm für seine „Fünf-Sterne-Nisthilfen“. Als früherer Sachverständiger für Beschichtungen von Trinkwasserbehältern weiß er, dass nur werkbesessene Gründlichkeit letztendlich zum Erfolg führt. Ein halbes Dutzend Patente hat er in seiner Berufszeit mitentwickelt. Und mit ähnlicher handwerklicher Genauigkeit und Gründlichkeit geht er nun im höheren Alter auch als Bauherr und Architekt von Bienenhotels an das Thema ran: Von den Lochgrößen über die richtige Lochabrundung, dem passenden Material bis hin zum Dach. Erfahrung macht den Meister. Früher schuf Gomm mit dem Team der Kolping-Werkstatt Exemplare der Luxusklasse. 1988 hat die Kolpingsfamilie Zuffenhausen den Umweltpreis der Stadt Stuttgart bekommen. Das Projekt mit den Nisthilfen nahm dann 2010 nochmals Fahrt auf: Die Partnerschaft „Lebensraum für Bienen schaffen“ zwischen dem Kolping-Landesverband Baden-Württemberg und dem Naturschutzbund Baden-Württemberg (Nabu) wurde gegründet. 2012 gab’s erneut den Umweltpreis der Stadt. Hunderte Nisthilfen hat der 85-Jährige im Laufe der Jahre gezimmert und so zum Erhalt gefährdeter Hautflügler beigetragen. Laut Nabu sind von den rund 580 Wildbienenarten in Deutschland rund die Hälfte gefährdet. Das Schwinden der Lebensräume, der Einsatz von Pestiziden, aber auch die Konkurrenz um Nahrung durch die zunehmende Hobby-Imkerei machen ihnen zu schaffen. Wildbienen produzieren keinen Honig, aber sie sind trotzdem sehr wichtig. Sie bestäuben diejenigen Pflanzen und Blüten, die Honigbienen verschmähen.

Wer Interesse an einem Wildbienen-Hotel oder Fragen hat, kann Bernhard Gomm kontaktieren, Mail an bernhard.gomm@t-online.de