Bienen gelten als wichtige und fleißige Helfer zugleich. Foto: imago images

Anlässlich des Weltbienentages ruft Sabine Holmgeirsson vom Naturschutzbund Baden-Württemberg (Nabu) dazu auf, neue Lebensräume für Wildbienen zu schaffen. Denn das weltweite Bienensterben schreitet unaufhaltsam voran.

Stuttgart - Vor zwei Jahren haben die Vereinten Nationen den 20. Mai zum Weltbienentag auserkoren. Der Grund dafür: Das weltweite Bienensterben schreitet unaufhaltsam voran. Dabei ist die Bedeutung der Bienen für uns Menschen elementar. „Etwa 80 Prozent unserer Nutzpflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen“, sagt Sabine Holmgeirsson vom Naturschutzbund Baden-Württemberg. Laut Deutschem Imkerbund zählen die Insekten neben Rind und Schwein zu den drei wichtigsten Nutztieren überhaupt. Im Interview erzählt Holmgeirsson, wie jede oder jeder Einzelne zum Schutz von Bienen beitragen kann.

 

Frau Holmgeirsson, wie dramatisch ist das Bienensterben in Deutschland?

Da muss man schon mal unterscheiden. Viele sind beim Bienensterben der Meinung, dass ausschließlich die Honigbiene betroffen ist. Eine ganze Zeit lang ist das auch so vermittelt worden. Dabei gibt es bei den Honigbienen gar kein Bienensterben. Wir haben deutschland- und europaweit steigende Imkerzahlen und steigende Bienenvölkerzahlen. Das ist also nicht das Problem.

Was ist dann das Problem?

Wenn wir beim Naturschutzbund von Bienensterben sprechen, dann meinen wir die Wildbienen, von denen es derzeit 585 Arten in Deutschland gibt. Da ist der Rückgang dramatisch. Rund 50 Prozent der Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste, auf einer Vorwarnstufe sind es noch mal 20 Prozent. Insgesamt hat man also etwa 70 Prozent der Wildbienen im Auge, von denen man weiß, dass sie gefährdet sind – mal mehr, mal weniger stark.

Warum sind die Bienen für uns Menschen so wichtig?

Weil Wildbienen und Honigbienen für die Bestäubung von etwa 80 Prozent unserer Nutzpflanzen zuständig sind. Dabei wird ein Teil von den Honigbienen übernommen – die Erdbeere zum Beispiel –, und ein anderer von den Wildbienen. Das hält sich etwa die Waage. Den effektiveren Anteil haben aber oftmals die Wildbienen, weil sie auch bei Temperaturen fliegen, bei denen die Honigbiene noch nicht draußen unterwegs ist.

Beide Bienen haben also ihre Daseinsberechtigung?

Absolut. Viele Imkerverbände sind immer noch der Meinung, dass man die Wildbienen eigentlich durch Honigbienen ersetzen könnte und wir noch mehr Honigbienen bräuchten. Dem ist aber nicht ganz so. Denn die Wildbienen sind zudem auch bei der Bestäubung von unseren Wildpflanzen sehr aktiv. Das heißt: Die ganzen Wiesenpflanzen und Gehölze werden vor allem durch Wildbienen bestäubt, sodass sie sich entsprechend vermehren können.

Wie steht es um die wirtschaftliche Bedeutung von Bienen?

Die ist sehr hoch. Schätzungsweise liegt die Bestäubungsleistung in Deutschland bei 150 bis 200 Millionen Euro pro Jahr, weltweit sind es sogar 250 bis 500 Milliarden US-Dollar. Das ist eine gewaltige Menge.

Was sind die Hauptgründe für das Bienensterben?

Da gibt es eine Menge. Zum einen ist es wirklich die intensive Landwirtschaft, auch wenn die Landwirte das nicht gerne hören. Wir haben etwa 50 Prozent landwirtschaftliche Fläche in Deutschland, von der ein großer Teil sehr ausgeräumt ist. Man kann schon sagen: Ab Juli blüht draußen nicht mehr viel. Da bleiben eigentlich nur noch unsere Gärten, also der Siedlungsbereich, wo aber viele Nistmöglichkeiten nicht mehr existieren.

Welche weiteren Ursachen gibt es?

Der Rückgang von Streuobstflächen zum Beispiel, gegenüber 1960 gibt es 70 Prozent weniger davon. Und so eine Streuobstwiese ist ein einziges Biotop – gerade für Wildbienen, aber auch für Honigbienen. Also da ist einiges an Fläche versiegelt und verbraucht worden. Erschwerend hinzu kommen auch der Klimawandel, fehlende komplette Dunkelheit infolge der so genannten Lichtverschmutzung, fehlende Misthaufen, die Überdüngung und der Pestizideinsatz.

Wie so oft tragen also wir Menschen die Hauptschuld?

Absolut, es ist unser menschliches Handeln. Auch in unseren Gärten nehmen wir den Insekten die Lebensräume weg. Das Beispiel der Schottergärten zeigt: Es wirkt alles sehr steril aufgeräumt. Im Siedlungsbereich sieht alles genudelt und geleckt aus. Da ist kein Platz mehr für Wildbienen oder Insekten. Und wenn Löwenzahn blüht, dann schlagen die Leute die Hände über dem Kopf zusammen. Klar breitet der sich aus, ist aber auch ein wunderbarer Wildbienenmagnet. Wer wirklich Wildbienen beobachten will, der sollte Löwenzahn im Garten haben.

Was kann man privat sonst noch tun, um Bienen zu schützen?

In seinem Garten mal eine wilde Ecke lassen, auch mal für freie Bodenstellen sorgen. 70 Prozent der Wildbienen nisten im Boden, nicht im Wildbienenhotel. Das heißt: Wenn wir da Lebensräume schaffen wollen, müssen wir auch wirklich mal einen Sand- oder Laubhaufen aufschütten. Oder eben den Boden nur ganz mager bepflanzen. Solche Plätze lieben die Wildbienen.

Wie sieht Ihr eigener Garten aus?

Ich habe einen ganz verwilderten Rasen, den man schon gar nicht mehr so nennen kann. Weil meine Kinder schon groß sind, brauchen wir den aber auch nicht mehr. Da habe ich jetzt Hahnenfußgewächse drauf, gerade kommt auch das Habichtskraut. Außerdem fängt jetzt die Schafgarbe an zu blühen. Dann wachsen dort natürlich die Gänseblümchen und ganz viele Stauden, bei denen man eigentlich nicht viel machen muss, die aber gleichzeitig eine sehr gute Sache für den Garten sind. Ziel sollte es sein, dass man das ganze Jahr über immer etwas Blühendes hat. Das geht mit den ganzen Zwiebelpflanzen, Krokussen und Schneeglöckchen im Frühjahr los und dauert bis in den Herbst hinein an.

Wobei hilft der Weltbienentag?

Der Weltbienentag hilft uns insofern, dass er wirklich auf das Problem aufmerksam macht und noch mal verdeutlicht, dass die Bienen ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Vor einiger Zeit gab es mal eine Aktion des Nabu: Wie leer wären unsere Supermarktregale, wenn es die Bestäuber nicht gäbe? Die Antwort war erschreckend. In diesem Fall könnte man wirklich 80 Prozent der Lebensmittel ausräumen. Von Kaffee über Obst und Gemüse bis hin zu allen möglichen anderen Lebensmitteln, das wäre alles nicht mehr vorhanden – sofern man nicht alles von Hand oder mit Roboter-Bienen, die inzwischen schon entwickelt werden, bestäuben ließe. Und genau darauf will der Weltbienentag eben hinweisen. Wie wichtig die Bienen sind – sowohl die Honig- als auch die Wildbienen. Wir brauchen beide, da sie sich perfekt in der Landschaft ergänzen.

Sollte also jeder Tag ein Weltbienentag sein?

Eigentlich ja (lacht). Wenn man in den Baumarkt geht, um Pflanzen für die Umgestaltung seines Gartens zu kaufen, sollten immer auch die Bienen bedacht werden. Denn auch wenn man sie manchmal als lästig oder gefährlich empfindet, so sind sie doch unverzichtbar für uns. Deshalb tut man etwas Gutes, wenn man die Tiere fördert.

Frau Holmgeirsson, wie dramatisch ist das Bienensterben in Deutschland?

Da muss man schon mal unterscheiden. Viele sind beim Bienensterben der Meinung, dass ausschließlich die Honigbiene betroffen ist. Eine ganze Zeit lang ist das auch so vermittelt worden. Dabei gibt es bei den Honigbienen gar kein Bienensterben. Wir haben deutschland- und europaweit steigende Imkerzahlen und steigende Bienenvölkerzahlen. Das ist also nicht das Problem.

Was ist dann das Problem?

Wenn wir beim Naturschutzbund von Bienensterben sprechen, dann meinen wir die Wildbienen, von denen es derzeit 585 Arten in Deutschland gibt. Da ist der Rückgang dramatisch. Rund 50 Prozent der Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste, auf einer Vorwarnstufe sind es noch mal 20 Prozent. Insgesamt hat man also etwa 70 Prozent der Wildbienen im Auge, von denen man weiß, dass sie gefährdet sind – mal mehr, mal weniger stark.

Warum sind die Bienen für uns Menschen so wichtig?

Weil Wildbienen und Honigbienen für die Bestäubung von etwa 80 Prozent unserer Nutzpflanzen zuständig sind. Dabei wird ein Teil von den Honigbienen übernommen – die Erdbeere zum Beispiel –, und ein anderer von den Wildbienen. Das hält sich etwa die Waage. Den effektiveren Anteil haben aber oftmals die Wildbienen, weil sie auch bei Temperaturen fliegen, bei denen die Honigbiene noch nicht draußen unterwegs ist.

Beide Bienen haben also ihre Daseinsberechtigung?

Absolut. Viele Imkerverbände sind immer noch der Meinung, dass man die Wildbienen eigentlich durch Honigbienen ersetzen könnte und wir noch mehr Honigbienen bräuchten. Dem ist aber nicht ganz so. Denn die Wildbienen sind zudem auch bei der Bestäubung von unseren Wildpflanzen sehr aktiv. Das heißt: Die ganzen Wiesenpflanzen und Gehölze werden vor allem durch Wildbienen bestäubt, sodass sie sich entsprechend vermehren können.

Wie steht es um die wirtschaftliche Bedeutung von Bienen?

Die ist sehr hoch. Schätzungsweise liegt die Bestäubungsleistung in Deutschland bei 150 bis 200 Millionen Euro pro Jahr, weltweit sind es sogar 250 bis 500 Milliarden US-Dollar. Das ist eine gewaltige Menge.

Was sind die Hauptgründe für das Bienensterben?

Da gibt es eine Menge. Zum einen ist es wirklich die intensive Landwirtschaft, auch wenn die Landwirte das nicht gerne hören. Wir haben etwa 50 Prozent landwirtschaftliche Fläche in Deutschland, von der ein großer Teil sehr ausgeräumt ist. Man kann schon sagen: Ab Juli blüht draußen nicht mehr viel. Da bleiben eigentlich nur noch unsere Gärten, also der Siedlungsbereich, wo aber viele Nistmöglichkeiten nicht mehr existieren.

Welche weiteren Ursachen gibt es?

Der Rückgang von Streuobstflächen zum Beispiel, gegenüber 1960 gibt es 70 Prozent weniger davon. Und so eine Streuobstwiese ist ein einziges Biotop – gerade für Wildbienen, aber auch für Honigbienen. Also da ist einiges an Fläche versiegelt und verbraucht worden. Erschwerend hinzu kommen auch der Klimawandel, fehlende komplette Dunkelheit infolge der so genannten Lichtverschmutzung, fehlende Misthaufen, die Überdüngung und der Pestizideinsatz.

Wie so oft tragen also wir Menschen die Hauptschuld?

Absolut, es ist unser menschliches Handeln. Auch in unseren Gärten nehmen wir den Insekten die Lebensräume weg. Das Beispiel der Schottergärten zeigt: Es wirkt alles sehr steril aufgeräumt. Im Siedlungsbereich sieht alles genudelt und geleckt aus. Da ist kein Platz mehr für Wildbienen oder Insekten. Und wenn Löwenzahn blüht, dann schlagen die Leute die Hände über dem Kopf zusammen. Klar breitet der sich aus, ist aber auch ein wunderbarer Wildbienenmagnet. Wer wirklich Wildbienen beobachten will, der sollte Löwenzahn im Garten haben.

Was kann man privat sonst noch tun, um Bienen zu schützen?

In seinem Garten mal eine wilde Ecke lassen, auch mal für freie Bodenstellen sorgen. 70 Prozent der Wildbienen nisten im Boden, nicht im Wildbienenhotel. Das heißt: Wenn wir da Lebensräume schaffen wollen, müssen wir auch wirklich mal einen Sand- oder Laubhaufen aufschütten. Oder eben den Boden nur ganz mager bepflanzen. Solche Plätze lieben die Wildbienen.

Wie sieht Ihr eigener Garten aus?

Ich habe einen ganz verwilderten Rasen, den man schon gar nicht mehr so nennen kann. Weil meine Kinder schon groß sind, brauchen wir den aber auch nicht mehr. Da habe ich jetzt Hahnenfußgewächse drauf, gerade kommt auch das Habichtskraut. Außerdem fängt jetzt die Schafgarbe an zu blühen. Dann wachsen dort natürlich die Gänseblümchen und ganz viele Stauden, bei denen man eigentlich nicht viel machen muss, die aber gleichzeitig eine sehr gute Sache für den Garten sind. Ziel sollte es sein, dass man das ganze Jahr über immer etwas Blühendes hat. Das geht mit den ganzen Zwiebelpflanzen, Krokussen und Schneeglöckchen im Frühjahr los und dauert bis in den Herbst hinein an.

Wobei hilft der Weltbienentag?

Der Weltbienentag hilft uns insofern, dass er wirklich auf das Problem aufmerksam macht und noch mal verdeutlicht, dass die Bienen ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor sind. Vor einiger Zeit gab es mal eine Aktion des Nabu: Wie leer wären unsere Supermarktregale, wenn es die Bestäuber nicht gäbe? Die Antwort war erschreckend. In diesem Fall könnte man wirklich 80 Prozent der Lebensmittel ausräumen. Von Kaffee über Obst und Gemüse bis hin zu allen möglichen anderen Lebensmitteln, das wäre alles nicht mehr vorhanden – sofern man nicht alles von Hand oder mit Roboter-Bienen, die inzwischen schon entwickelt werden, bestäuben ließe. Und genau darauf will der Weltbienentag eben hinweisen. Wie wichtig die Bienen sind – sowohl die Honig- als auch die Wildbienen. Wir brauchen beide, da sie sich perfekt in der Landschaft ergänzen.

Sollte also jeder Tag ein Weltbienentag sein?

Eigentlich ja (lacht). Wenn man in den Baumarkt geht, um Pflanzen für die Umgestaltung seines Gartens zu kaufen, sollten immer auch die Bienen bedacht werden. Denn auch wenn man sie manchmal als lästig oder gefährlich empfindet, so sind sie doch unverzichtbar für uns. Deshalb tut man etwas Gutes, wenn man die Tiere fördert.