Über das Äußere lässt sich streiten. Innen soll die neue Bibliothek großartig sein. Überzeugen Sie sich selbst. Klicken Sie weiter. Foto: Wagner

Am Montag nimmt die Stadtbibliothek den Betrieb auf. Vieles wird dann anders sein.

Stuttgart - An der neuen Stadtbibliothek hinter dem Hauptbahnhof, die am Freitag mit einem Festakt eröffnet wird, scheiden sich noch die Geister. Die einen kritisieren den imposanten Würfelbau als Bücherknast, die anderen loben die klare Formensprache. Nächste Woche startet der Normalbetrieb.

Nach fast einem halben Jahrhundert sind Ende August in der Stadtbücherei im Wilhelmspalais die Lichter ausgegangen. Inzwischen läuft der Countdown für die Eröffnung der neuen Stadtbibliothek am Mailänder Platz auf dem A1-Gelände hinter dem Hauptbahnhof.

Eine lange Baugeschichte. Die ersten Pläne für einen Neubau der Stadtbibliothek reichen bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Konkrete Planungen beginnen 1997. Im Jahr 1999 gewinnt der koreanische Architekt Eun Young Yi den Wettbewerb für die neue Bibliothek. Im September 2008 fasst der Gemeinderat den Baubeschluss.

Ein riesiger Würfel. Das achtstöckige Gebäude stellt einen Kubus mit etwa 40 Meter Kantenlänge dar. Die Fassade besteht aus grauem Beton und Glasbausteinen. Bisher liegt dieser Würfel wie ein Solitär auf der Brachfläche des A1-Areals des Projekts Stuttgart 21. Der Grund: Die Bebauung der Fläche zwischen Hauptbahnhof, Heilbronner Straße und Wolframstraße hinkt um Jahre hinter den ursprünglichen Plänen hinterher.

Außen grau, innen lichtdurchflutet. Von außen wirkt die Fassade abweisend und hat dem Bauwerk die Kritik eingetragen, es erinnere mehr an ein Gefängnis als an eine Bücherei. So abweisend das Äußere, so hell zeigt sich der Bau von innen. Ein über fünf Etagen reichendes Treppenhaus, das sich nach oben wie eine umgekehrte Pyramide öffnet, sorgt durch ein Glasdach für lichtdurchflutete Transparenz.

Baukosten und Finanzierung. Die ursprünglich veranschlagten Baukosten von 74,7 Millionen Euro, die aus Aktienverkäufen der Stadt stammen, stiegen auf 79 Millionen. Weitere Kostensteigerungen wurden durch Abstriche im Bauprogramm aufgefangen. So wurde die ursprünglich geplante 1200 Quadratmeter große Wasserfläche vor der Bibliothek gestrichen. Innen wurde für Böden und Wände statt Naturstein Terrakotta und Feinputz eingesetzt.

Logistik des Umzugs. Wer je privat Bücherkisten geschleppt hat, kann sich vorstellen, was es heißt, mit 350.000 Büchern und weiteren 150.000 Datenträgern wie CDs und DVDs umzuziehen. Neben den Mitarbeitern der Bibliothek waren seit Anfang September 25 Möbelpacker mit Lkw unterwegs. Erleichtert wurde der Umzug dadurch, dass die Nutzer selbst kräftig mitgeholfen haben. Etwa 150.000 Medien, die noch im Wilhelmspalais ausgeliehen wurden, können vom 24. Oktober an in der neuen Bibliothek zurückgegeben werden.

Mit der neuen Bibliothek wird auch ein neuer Nutzerausweis eingeführt.

Acht Stockwerke voller Medien. In der neuen Stadtbibliothek mit 20.000 Quadratmetern Nutzfläche ist das Foyer für die Bücheraus- und -rückgabe reserviert. Im ersten Stockwerk ist die Musikbibliothek untergebracht, die zweite Etage ist der Kinderbibliothek vorbehalten, im dritten Stock finden sich die wissenschaftlichen Werke. Platz für die schöne Literatur ist in den Stockwerken vier bis sieben. In der obersten Etage ist die Grafothek mit ihrem Bilderbestand untergebracht.

Neuer Bibliotheksausweis. Mit der neuen Bibliothek wird auch ein neuer Nutzerausweis eingeführt. Anders als der Vorgänger kann er mit Geld aufgeladen werden, so dass unter anderem Internetausdrucke bargeldlos bezahlt werden können.

Bibliothek für Schlaflose. Bücherwürmer können sich in Zukunft rund um die Uhr mit Lesestoff versorgen. Im Eingangsbereich der Bibliothek wird ein Automat aufgestellt und mit einer Auswahl von 150 Büchern und Medien bestückt. Geleert werden kann er durch Eingabe eines Benutzercodes.

Steg über die Baugrube. Bisher ist die neue Stadtbibliothek nur schwer zu erreichen. Parkplätze direkt am Mailänder Platz sind Mangelware. Etwa 100 Stellplätze stehen am Hauptbahnhof zwischen der LBBW und dem Pariser Platz zur Verfügung. Für Nutzer, die mit der Stadtbahn anreisen, wurde an der Haltestelle Türlenstraße für 540.000 Euro ein 94 Meter langer und vier Meter breiter Brückensteg gebaut. Er wird voraussichtlich vier Jahre stehen bleiben und soll dafür sorgen, dass die Bibliotheksbenutzer nicht durch Dreck und Matsch marschieren müssen.

Terminplan der Eröffnung. Offiziell eingeweiht wird die neue Bibliothek am Freitag, 21. Oktober, mit einem Festakt vor geladenen Gästen. Am Samstag, 22. Oktober, kann die Öffentlichkeit die Räumlichkeiten zum ersten Mal im Rahmen der Stuttgartnacht besichtigen. Beginn ist um 19 Uhr. Tags darauf, am Sonntag, 23. Oktober, können zwischen 13 und 18 Uhr jeweils tausend Besucher pro Stunde das Haus besichtigen und gleichzeitig der Uraufführung von Rigoletto 24 lauschen. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen unter www.rigoletto24.com. Am Montag, 24. Oktober, nimmt die Bibliothek dann um 9 Uhr ihren regulären Betrieb auf. Die ersten acht Wochen gelten allerdings als Probebetrieb.