Wo Biber sich niederlassen, bringt das viele Vorteile für die Natur – es kann aber auch zu Konflikten mit Menschen führen. Hier helfen geschulte Berater. Foto: dpa/P. Pleul

Die Biberpopulation im Rems-Murr-Kreis wächst und stärkt die Artenvielfalt. Doch überflutete Felder und angenagte Bäume führen zu Konflikten. Geschulte Berater sollen Lösungen für ein besseres Miteinander finden.

Von wegen Fischdieb – Biber sind reine Pflanzenfresser! Die Nagetiere sind nicht nur in Sachen Speiseplan besser als ihr Ruf, das wurde jüngst beim Treffen der Biberberater in Großerlach deutlich. Rund 80 geschulte Ehrenamtliche aus den Landkreisen des Regierungsbezirks sowie zahlreiche Fachleute versammelten sich, um über Chancen, aber auch potenzielle Konflikte im Hinblick auf eine wachsende Biberpopulation zu diskutieren. Im Fokus des mittlerweile 16. Treffens der Biberberatenden standen die Themen „Biberpopulation und Artenvielfalt“. Und nach Fachvorträgen am Vormittag ging es zur Exkursion raus in die Natur, dorthin wo die pelzigen Gesellen sichtbare Spuren hinterlassen haben: an die Dämme und Biberburgen der Rot, einem Nebenfluss der Kocher.

 

Positive Effekte auf die Artenvielfalt

Dort war zu sehen: Biber sind regelrechte Baumeister und werden nicht umsonst als „Ingenieure des Ökosystems“ bezeichnet. Sie fällen Bäume, bauen Dämme und Burgen, graben Hohlräume und Kanäle, stauen Gewässer und fluten mitunter Auen, Wiesen und Felder. Sie verändern Bach- und Flussläufe und schaffen so neue Biotope, von der zahlreiche Lebewesen profitieren.

„Der Biber verändert seinen Lebensraum auf besondere Weise, wodurch eine vielfältige Wasserlandschaft entsteht“, erklärt Timo Skorzak, Referent für Biberangelegenheiten beim Regierungspräsidium (RP) Stuttgart. Diese Mischung aus stehenden und fließenden Gewässern sowie aus nährstoffreichen und nährstoffarmen Bereichen biete vielen Arten Vorteile, besonders Libellen, Amphibien und wassernahen Vogelarten wie etwa Schwarzstorch, Eisvogel oder Teichrohrsänger. Studien hätten gezeigt, dass die Artenvielfalt in Bibergebieten zunimmt; bei Tieren um bis zu 83 Prozent und bei Pflanzen um bis zu 79 Prozent.

Ein Biber hat Pappeln angenagt. Foto: Lederer

Vor 150 Jahren waren die Biber hierzulande fast ausgerottet, mittlerweile steigt ihre Zahl wieder an. Während etwa 11500 Exemplare in Baden-Württemberg vermutet werden, sind es im Landkreis nur etwa 50 Biber, Tendenz steigend. Ihre Reviere haben sie vornehmlich in Alfdorf an der Lein und an der Rot, sagt Uwe Hiller, Naturschutzfachkraft im Landratsamt.

Konflikte zwischen Mensch und Tier

Wo immer die Tiere mit Menschen in Berührung geraten, drohen auch Konflikte mit Gewässeranrainern. Hier kommen die ehrenamtlichen Biberberater ins Spiel. Im Regierungsbezirk Stuttgart sind es etwa 100 geschulte, ehrenamtliche Berater, die bei Fragen und Problemen rund um den Biber zur Stelle sind. Die durch die höheren Naturschutzbehörden der Regierungspräsidien ausgebildeten Fachleute agieren in ihren jeweiligen Landkreisen als Ansprechpersonen für Biberangelegenheiten. Etwa acht dieser Berater gibt es im Rems-Murr-Kreis. Größer sei der Bedarf aktuell nicht, sagt Uwe Hiller. Noch nicht.

Maßnahmen zur Konfliktlösung

Doch Beratung ist wichtig, denn durch Information und vorbeugende Maßnahmen könnten viele Konflikte zwischen Mensch und Tier vermieden werden, ergänzt Niels Hahn, Biberbeauftragter im RP: „Wir haben einen großen Werkzeugkasten, um Konflikte zu lösen, die durch die Ansiedlung von Bibern entstehen können.“ Beispielsweise helfen Maschendrahthosen gegen das Annagen von Bäumen. Drainagerohre können Abhilfe schaffen, wenn das Wasser durch einen Biberdamm zu hoch steigt. Und mittels Drahtgeflechten können bestimmte Bereiche an Böschungen gesichert werden, damit der Nager Wege nicht untergraben und so zum Einbruch bringen kann.

Streng geschützte Tiere

In manchen Fällen helfe auch ein finanzieller Ausgleich, wenn beispielsweise Landwirte ihre Nutzung von betroffenen Flächen extensivieren oder Grundstücke verkaufen. Das wirksamste und effektivste Mittel im Bibermanagement ist meist ein ausreichend breiter, gar nicht oder nur sehr extensiv genutzter Gewässerrandstreifen, der neben dem Biber auch dem Gewässer, dem Grundwasser und damit den Menschen selbst zugutekommt. Betroffene sollten sich in jedem Fall so früh wie möglich an die Biberberater oder die Naturschutzbehörde wenden.

Doch nicht immer kann allen Betroffenen geholfen werden, und so hat mitunter auch der übrigens streng geschützte Biber das Nachsehen – und muss nach einem Umzug seinen Damm und seine Burg an einer anderen Stelle des Bachlaufes neu aufbauen.

Biber – Ingenieure mit Nagezähnen

Erscheinung
 Der Biber (Castor fiber) ist das größte Nagetier Europas. Ausgewachsene Exemplare wiegen zwischen 23 und 30 Kilogramm und können über einen Meter lang werden. Biber sind reine Pflanzenfresser und bekannt dafür, Dämme und Burgen zu bauen, die Gewässer stauen und Feuchtgebiete schaffen. Mit ihren großen orangefarbenen Schneidezähnen fällen sie Bäume, um Nahrung und Baumaterial zu sammeln.

Ausrottung
  Die Tiere wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein vom Menschen wegen ihres Fells, ihres Fleisches und wegen ihres duftenden Drüsensekrets („Bibergeil“) gejagt. Letzteres wurde unter anderem als Aromastoff verwendet. Biber verschwanden in weiten Teilen Europas und in fast ganz Deutschland von der Karte. Durch Schutzmaßnahmen und Auswilderungen im 20. Jahrhundert haben sich die Bestände des Bibers in den vergangenen Jahrzehnten wieder deutlich erholt.

Berater
  Im Landkreis helfen ehrenamtliche Biberberater bei Problemen mit Bibern. Kontakt unter Telefon 07 1 51/501 22 54.