In Schuss: Die Biathleten in Ruhpolding. Foto: dpa

Die Biathlonsaison ist lang und anstrengend. In zwei Wochen geht’s dann auch noch nach Kanada und in die USA. Einige deutsche Skijäger sollen daheim bleiben und sich für die WM schonen. Das gefällt nicht jedem.

Ruhpolding - Jetzt also auch Erik Lesser. Mit gekreuzten Armen lief der deutsche Biathlet über die Ziellinie – es war ein Gruß an seinen Lieblingsclub, den Fußball-Drittligisten Erzgebirge Aue, und ein Zeichen an seine Kritiker: Seht her: Ich hab’s geschafft. Der Sieg im Massenstart am Samstag war Lessers erster Sieg in einem reinen Weltcup-Rennen. Jetzt hat auch er die WM-Norm in der Tasche. Eine Einsatzgarantie für den Saisonhöhepunkt in Oslo (3. bis 13. März) ist das allerdings noch lange nicht.

Bei den Männern haben fünf deutsche Skijäger die Norm geknackt, bei den Frauen sechs – bei den WM-Rennen am Holmenkollen starten jedoch jeweils nur vier Athleten des Deutschen Skiverbands (DSV). Die Trainer haben die Qual der Wahl, denn die Ziele sind hoch. „Wir hatten in diesem Winter bereits drei Athleten auf dem Podest. Bei der WM haben wir etwas zu verteidigen“, sagt Männer-Trainer Mark Kirchner. Die deutschen Skijäger haben die Medaillen im Visier. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns, und vor allem müssen alle gesund bleiben“, meint der Coach. Anders als zuletzt. In diesem Winter musste Laura Dahlmeier schon passen, in den vergangenen zwei Wochen pausierte Simon Schempp, Franziska Preuß verpasste den Heimweltcup sogar komplett wegen eines Haarrisses im Steißbein. „Deshalb müssen wir den weiteren Saisonverlauf gut planen“, sagt Kirchner.

Im Februar stehen die Übersee-Weltcups auf dem Programm. Erst geht’s nach Canmore nach Kanada, dann nach Presque Isle in den USA. Ein langer Flug, die Zeitverschiebung und noch ein paar Wettbewerbe mehr im eh schon vollen Terminkalender. Da stellt sich die Frage: Mitfahren und um Weltcup-Punkte kämpfen, oder daheim bleiben und sich optimal auf die Weltmeisterschaft vorbereiten? Vor allem Frauen-Coach Gerald Hönig wird sich gut überlegen müssen, wann und wo er seine Mädels in die Rennen schickt. Franziska Hildebrand und Laura Dahlmeier haben noch Chancen auf den Gesamtweltcup. Und die Vorgabe des Coachs ist klar: „Wir wollen bis zum letzten Saisonrennen um das Gelbe Trikot mitkämpfen.“

Frauen träumen vom Gelben Trikot

Das Leibchen trägt zurzeit die Tschechin Gabriela Soukalova (611 Punkte), ihr folgt Marie Dorin-Habert (538). Dahinter kommen die beiden Deutschen mit 520 und 485 Punkten. „Es wäre schön, wenn eine von uns mal das Gelbe Trikot tragen könnte“, meint die Viertplatzierte Dahlmeier.

Ihre Ruhezeiten müssen die beiden deutschen Top-Athletinnen wohl anders legen. Franziska Hildebrand zum Beispiel pausierte am Sonntag im Staffelrennen. „Sie hat in dieser Saison alle Rennen bestritten. Hinzu kommen wegen ihres Erfolgs zusätzliche Termine. Das ist ganz schön stressig“, erklärt Trainer Hönig. Vor allem aber soll sie wohl Kräfte sparen für die restliche Saison.

Bauchgefühl spielt eine Rolle

Für die DSV-Männer geht es dagegen nicht mehr um den Gesamtweltcup. Zu dominant ist der Franzose Martin Fourcade auch in dieser Saison. Aussetzen kommt aber nicht infrage. Zumindest nicht für Lesser und Simon Schempp. „Ich hoffe, dass ich mich mit meinem Auftritt in Ruhpolding für Übersee qualifiziert habe“, sagt Lesser, und Schempp will in Kanada und den USA „wieder in Top-Form“ sein. „Das sind Weltcup-Rennen. Da will jeder starten“, erklärt Maren Hammerschmidt. Denn vor allem dort können sich die Athleten für einen WM-Einsatz empfehlen.

Wenn die Trainer in Oslo die Startplätze verteilen, dienen die Disziplinwertungen als Grundlage für ihre Entscheidungen. „Und dann schauen wir noch nach der aktuellen Verfassung“, erklärt Mark Kirchner. Auch das Bauchgefühl spielt eine wichtige Rolle. So wie im vergangenen Jahr. Bei der WM in Kontiolahti bekam Lesser den Vorzug vor Benedikt Doll, obwohl er in der Rangliste weiter hinten stand. In der Verfolgung lief er dann als Erster über die Ziellinie – mit überkreuzten Armen versteht sich.