Topmann im deutschen Biathlon-Team: Simon Schempp aus Uhingen Foto: dpa

Einst war er aufgrund gesundheitlicher Probleme der Wackelkandidat im deutschen Biathlon-Team. Mittlerweile hat sich Simon Schempp zum Topmann gemausert. Doch der 27-jährige Uhinger weiß: Es geht immer noch besser – aber nur, wenn auch der Kopf mitspielt.

Östersund - Für Leistungssportler kann es eine gefährliche Sache sein, sich allzu sehr mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Man kann verzweifeln, wenn es schlecht gelaufen ist. Man kann bequem werden, wenn eine erfolgreiche Zeit hinter einem liegt. Auch Simon Schempp weiß um diese verzwickte Situation und wagt dennoch den Blick zurück – weil er den kritischen Ansatz dabei nicht vernachlässigt.

Also sagt er einerseits: „Die vergangene Saison verlief sehr positiv, ich bin sehr zufrieden.“ Vier Weltcupsiege (drei im Einzel, einer mit der Staffel) und Staffel-Gold bei der WM in Finnland lassen auch kaum einen anderen Schluss zu. Simon Schempp findet aber auch: „Es gibt noch Potenzial für Verbesserungen.“ Das muss er sich nicht herbeireden – er, der junge Mann aus Uhingen, hat am eigenen Leib erfahren, in welchem Bereich er sich noch steigern kann.

„Läuferisch war bis zum Ende der Saison top“, versichert Schempp und macht damit auch deutlich, dass die Zeiten, in denen ihm extreme körperliche Belastungen gesundheitliche Probleme bereitet haben, lange vorbei sind. Die Trainingsumfänge hat er im Sommer noch einmal gesteigert. „Er ist in den letzten Jahren gereift und kann höhere Belastungen nun besser vertragen“, sagt Bundestrainer Mark Kirchner über seinen Spitzenathleten.Nur der Kopf wollte gegen Ende der vergangenen Saison nicht mehr so, wie er sollte. „Körperlich war ich nicht am Limit“, erinnert sich Schempp – und gibt zu: „Aber vom Kopf her.“ Und das hatte Folgen.

So passierte dem Sportsoldaten das eine oder andere Missgeschick, das sich negativ auf seine Leistungen auswirkte. Ein Beispiel: Als der deutsche Biathlon-Tross von Finnland nach Russland reisen wollte, musste Schempp den Umweg über Deutschland nehmen – weil er seinen Reisepass versehentlich mit der Dreckwäsche in die Heimat geschickt hatte. Nach zwei Tagen an diversen Flughäfen war an eine Topleistung nicht zu denken, zudem wurde er auch noch krank. Für die nun anstehende Saison hat er sich daher vorgenommen: „Ich muss mich vom Kopf her zusammenreißen.“ Denn dass er bis zum Ende vorne mitmischen möchte, daran lässt er keinen Zweifel.

Im Gesamtweltcup, den er im vergangenen Winter als Vierter beendete, will Schempp „so weit nach vorne wie möglich“. Im Sprint-Weltcup war er schon zuletzt ein Kandidat für den Gesamtsieg, und dann ist da ja noch die prestigeträchtige WM am Holmenkollen in Oslo. „Da“, sagt der 27-jährige Uhinger selbstbewusst, „geht es um Titel.“ Trainer Kirchner ergänzt: „Wir haben Lust auf mehr, der letzte Winter hat noch einmal einen Kick fürs Selbstvertrauen gegeben.“

Zwei Siege bei Vorbereitungsrennen deuten bei Schempp auf einen guten Saisoneinstand im neu eingeführten Single-Mixed-Rennen an diesem Sonntag (13.45 Uhr) in Östersund hin. „Man merkt schon, dass Simon wieder gut drauf ist“, erklärt Mark Kirchner. Und Simon Schempp sagt: „Das war eine Bestätigung für mein Training, da haben wir im Sommer alles richtig gemacht.“ Das gilt erst Recht, wenn auch im März der Kopf noch mitspielt.