Eigenheimbesitzer, deren Darlehen nach 2005 ausgezahlt wurde und die eine Gebühr bezahlt haben, könnten sich das Geld und die Zinsen von ihrer Bank wieder zurückholen. Foto: Jens Schierenbeck

Eigenheimbesitzer, deren Darlehen nach 2005 ausgezahlt wurde und die eine Gebühr bezahlt haben, könnten sich das Geld und die Zinsen von ihrer Bank wieder zurückholen.

Berlin - Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das die Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkrediten für unwirksam erklärt hat, sehen sich Banken schon milliardenschweren Rückforderungen von Verbrauchern ausgesetzt.

Für die Finanzindustrie könnte es aber noch dicker kommen. Verbraucherschützer und Anwälte, die sich auf Finanzmarktprodukte spezialisiert haben, gehen davon aus, dass das BGH-Urteil auch für Immobiliarkredite und Bauspardarlehen gilt, bei denen eine Bearbeitungsgebühr erhoben wurde. Bei Bauspardarlehen heißt die Bearbeitungsgebühr häufig Darlehensgebühr.

Der Hamburger Anwalt und Experte für Finanzmarktprodukte, Achim Tiffe, erklärt im Gespräch mit unserer Zeitung, warum das Urteil auch für Immobilienkredite und Bauspardarlehen gelte: „Der BGH hatte entschieden, dass bei Darlehen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher Bearbeitungsentgelte grundsätzlich unwirksam sind.“ Immobiliendarlehen und Bauspardarlehen seien nichts anderes als Darlehen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher. Die Unwirksamkeit der Gebühren ergebe sich zudem aus der Urteilsbegründung: „Die Verbraucher werden durch Bearbeitungsentgelte bei Immobiliendarlehen und Bauspardarlehen in der gleichen Form benachteiligt wie bei Verbraucherdarlehen.“ Tiffe bereitet Klagen in der Sache gegen Banken vor. Er geht davon aus: „Das BGH-Urteil muss von den untergeordneten Gerichten und den Ombudsleuten beachtet werden.“

Der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden Württemberg, Niels Nauhauser, sieht es ähnlich: „Es gibt gute Gründe, das Urteil auch auf die in einigen Bauspartarifen vereinbarte Bearbeitungsgebühr für das Bauspardarlehen zu übertragen.“ Er sieht allerdings gewisse Risiken: „In der Vergangenheit waren nicht alle Entscheidungen zu Darlehen auch auf Bauspardarlehen anwendbar.“

Die Branche spielt offensichtlich auf Zeit. Die Verbände von Banken und Bausparkassen tauchen ab, erklären, dass erst die schriftliche Urteilsbegründung zum BGH-Spruch vom 28. Oktober abgewartet werden müsse, oder verweisen darauf, dass für Bauspardarlehen andere Regeln gälten.

Hintergrund ist, dass die Ansprüche von vielen betroffenen Eigenheimern mit Immobilienkrediten und Bauspardarlehen in den nächsten Wochen verjähren. Für die Frage der Verjährung gilt jeweils der Tag der Auszahlung des Darlehens. Alle Ansprüche gegen Banken und Bausparkassen bei Darlehen, die zwischen 2005 und 2011 ausgezahlt wurden, verjähren Ende 2014. Die Ansprüche bei Verträgen, die ab 2012 ausgezahlt wurden, verjähren auf den Tag genau drei Jahre nach dem Auszahlungsdatum.

Häuslebauer sollten nun ihre Verträge überprüfen. Wenn sie betroffen sind, sollten sie ein Schreiben an die Bank aufsetzen und die Gebühr mit Zinsen zurückfordern. Musterbriefe stellen die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg und Sachsen im Internet zur Verfügung. Mit dem Absenden des Schreibens ist es allerdings nicht getan. Experten warnen: Nicht von der Bank vertrösten lassen. Wenn bis Mitte Dezember keine Entschädigung geflossen ist, sei es ratsam einen Anwalt einzuschalten, der das Geld anmahnt. In vielen Fällen ist es 2015 zu spät, um Rückforderungen zu beanspruchen.

Für den Kreditnehmer kann es sich lohnen, die zu Unrecht gezahlten Gebühren bei der Bank einzufordern. Es besteht nicht nur Anspruch auf die Gebühr, sondern auch auf die darauf gezahlten Zinsen und Zinseszinsen. Auch bei bereits abgelösten Krediten besteht nach Überzeugung von Verbraucherschützern ein Anspruch. Und zwar über das Datum der Tilgung hinaus bis zum heutigen Tage. Ein Experte: „Schließlich hat die Bank ja bis heute mit dem zu Unrecht kassierten Geld ihrer Kreditnehmer gearbeitet.“ So können sich die Ansprüche der Verbraucher über mehrere Jahre auf beträchtliche Summen addieren.

Inzwischen sehen viele Bausparverträge keine Darlehensgebühr mehr vor. Die LBS Baden-Württemberg und Schwäbisch Hall etwa haben seit 2000 keine derartigen Tarife mehr im Angebot. Doch Vorsicht! Entscheidend ist das Auszahlungsdatum. Die Ansparphase bei Bauspardarlehen beträgt mindestens fünf Jahre. Es dürften also auch Bausparer von Schwäbisch Hall und LBS Baden-Württemberg die Gebühr bezahlt haben.

Die Debeka erhebt die Darlehensgebühr bis heute. Bei Verträgen, die bis 2000 abgeschlossen wurden, sind zwei Prozent des ausgezahlten Darlehens als Gebühr fällig, danach 1,5 Prozent. Die Debeka erklärt, die von Gerichts wegen beanstandete Bearbeitungsgebühr bei Verbraucherkrediten sei nicht vergleichbar mit der Darlehensgebühr. „Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass die Darlehensgebühr nicht für eine Leistung erhoben wird, die ausschließlich im Interesse der Bausparkasse liegt.“ Es liege im Interesse der Bausparer-Gemeinschaft, dass eine umfassende Bonitätsprüfung der Antragsteller vorgenommen werde, um Kreditausfälle zu vermeiden.

Als ob eine Bank dies nicht ebenso machen würde.