Torschützen unter sich: Behar Hasanaj und Nico Presthofer (von links) trafen im Spitzenspiel, in dem am der Gastgeber Türkspor jubelte. Foto: Yavuz Dural

Die Nachbetrachtung zum siebten Spieltag mit Fokus auf die Filderteams.

Filder - Zwei strahlende Emporkömmlinge, zwei bedröppelte Absteiger – das ist das Ergebnis des mit Spannung erwarteten Knaller-Wochenendes der Stuttgarter Fußball-Bezirksliga, an dem am Sonntag die vier Führenden der Tabelle unter sich waren. Während NAFI Stuttgart den SC Stammheim mit 5:0 ablederte und so die Spitzenposition zurückeroberte, behauptete sich Türkspor gegen den SV Bonlanden mit 2:1. Bei Letztgenanntem dürfte damit spätestens jetzt einem jeden klar sein, dass der angestrebte sofortige Wiederaufstieg nicht zum Selbstläufer wird.

Türkspor Stuttgart – SV Bonlanden

Um eines gleich voranzustellen: „Nein, wir haben keine Krise“, sagt Klaus Kämmerer, der Trainer des SV Bonlanden. Schließlich habe seine Mannschaft anders als beim peinlichen 0:3 vor Wochenfrist gegen den SV Sillenbuch diesmal gegen einen Gegner „mit richtig viel Qualität“ gespielt – gegen einen solchen Kontrahenten könne man dann schon auch einmal verlieren. Und doch: aufpassen müssen die Filderstädter allmählich, dass diese Saison für sie nicht in ganz andere Bahnen gerät als gedacht. Weniger die nun fünf Zähler Rückstand auf das neue Führungsduo der Tabelle müssen Sorgen machen, die sich seit Rundenbeginn von Spiel zu Spiel wiederholenden Unzulänglichkeiten in den eigenen Darbietungen allerdings umso mehr.

Kämmerer nennt es mittlerweile „eine Schallplatte, die ich auflegen muss“. Eine lästige Leier, die sich in wenigen Punkten zusammenfassen lässt. Erstens: die Bonlandener erspielen sich Feldvorteile, aber zu wenig echte Torchancen. Zweitens: diese wenigen nutzen sie nicht. Drittens: der Gegner die seinen derweil schon – weshalb für den Landesliga-Absteiger und vermeintlichen Meisterschaftsfavoriten gerade jede Partie zur zähen Angelegenheit wird. Am Sonntag im Spitzenspiel verkamen dominierte 25 Anfangsminuten sowie eine bemühte Schlussphase zum Muster ohne Wert. „Wir hatten kaum Zwingendes dabei“, räumt Kämmerer ein. Auch sei es gerade „wie verhext – der Ball will einfach nicht über die Linie“. Abgesehen vom Anschlusstreffer Nico Presthofers, der aber die einzige Ausbeute blieb.

Demgegenüber erwies sich für den ambitionierten Vorjahresaufsteiger Türkspor Stuttgart das 1:0 als Signal. Behar Hasanaj netzte nach einem schnell ausgeführten Freistoß ein. Von diesem Moment an drehten die Gastgeber auf. Schützenhilfe erhielten sie zudem, als Andreas Pottmeyer nach der Pause im Strafraum der Ball versprang – die unfreiwillige Vorlage zum zweiten Bonlandener Gegentor. Da half es auch nichts mehr, dass Pottmeyer in der für ihn eher ungewohnten Rolle in der Abwehrzentrale ansonsten eine gute Leistung bot. Die eigentlichen Innenverteidiger Benjamin Taubald und Fabio Lapeschi waren ausgefallen. Der Grund: eine Entzündung an der Hüfte beziehungsweise ein eingeklemmter Nerv.

Zwei schmerzhafte Begebenheiten also. Die dritte war schließlich das Ergebnis auf dem Rasen.

TSV Plattenhardt – Spvgg Cannstatt

Wie war das gewesen? Hatte bis vor kurzem nicht noch manch einer behauptet, in der Offensive des TSV Plattenhardt holpere es? Nun, seit Sonntag kann unter dieses Kapitel erst einmal ein Häkchen gesetzt werden. Wie es ist, wenn die Abteilung Attacke der Filderstädter nicht schwächelt, sondern ins Rollen kommt, hat die aktuelle Partie gezeigt. Mit fünf Treffern innerhalb von nur 26 Minuten schossen sich die Gastgeber in Stimmung. Am Ende stand gegen den Aufsteiger Spvgg Cannstatt ein 5:3, zu dem der Trainer Sascha Krammer „schön“ und „danke“ sagt. In der Tabelle festigt seine Mannschaft mit diesem zweiten Sieg in Serie ihren fünften Platz, mithin jenen als erster Verfolger der großen Vier des Klassements.

Zumindest in der ersten Hälfte bekamen die Zuschauer einen wilden Schlagabtausch zu sehen. Stark spielte dabei vor allem die Plattenhardter Flügelzange auf. Denis Kroer und Alperen Albayrak machten über die Außenpositionen Druck. Kroer gelang nach einem anfänglichen Rückstand der Heimelf auch deren Führungstor, indem er einem Verteidiger im Strafraum den Ball abluchste und flach einschob. Sehenswert auch Christian Mayers Ausgleich. Er zwirbelte die Kugel von der Strafraumgrenze aus in die Dreiangel.

Dass das Spielgerät schließlich auch dreimal im eigenen Netz zappelte? Krammer sieht es entspannt: „Möglich war ebenso ein 8:5. Aber lieber gewinne ich so als mit 1:0.“ Ein Hoch auf das Spektakel. Wirklich gestört hat sich daran wohl nur einer: Daniel Wagner, der Keeper. Mit dessen Aufstellung ging im Übrigen das muntere Wechselspiel zwischen den Plattenhardter Pfosten weiter. Mal Daniel Siegler, der diesmal fehlte (operative Entfernung von Narbengewebe). Mal eben Wagner. Und im Pokalspiel am heutigen Dienstagabend dann sogar der dritte Mann: in der Begegnung in Musberg soll der aus der A-Jugend aufgerückte Dorian Kapaun auflaufen.

SV Sillenbuch – TSV Rohr

Geht nix, zu große Schmerzen – so hatte er es nach dem Aufwärmprogramm signalisiert. Und so saß Adnan Ajdinovic, der Kapitän des TSV Rohr, nur auf der Bank. Schonung für das geprellte Knie. „Eigentlich wollten wir ihn gar nicht einsetzen“, sagt der Co-Trainer Panagiotis Andreadis. Doch erstens kommt es bekanntlich anders und zweitens, als man denkt.

50 Spielminuten später waren die Überlegungen überholt. Der Auftrag an Ajdinovic lautete: auf die Zähne beißen, und ab aufs Feld. Es bedurfte eines Zeichens in einem Spiel, das für die Rohrer bis dahin nicht unbedingt schlecht, aber auch ohne größeren Dampf vor sich hingeplätschert war. Und, siehe da: Ajdinovic kam, sah – und mit seiner Antreibermentalität neigte sich das Geschehen prompt zugunsten seiner Elf. Unter dem Strich stand im Auswärtsspiel in Sillenbuch ein 2:1-Erfolg, ein weiteres Ausrufezeichen des Aufsteigers. Zur Erinnerung: vor Wochenfrist hatte der Gegner noch seinerseits den Titelanwärter Bonlanden mit 3:0 düpiert. Nun musste der Favoritenschreck selbst klein beigeben.

Der Matchwinner neben Ajdinovic war Ömür Karatas. Jener bediente erst seinen Teamkollegen Ramin Sina, der zur Führung traf. Dann, nach einer Vorlage von Marc Scherle, vollstreckte Karatas selbst. Die Folge: in der Tabelle sind die Rohrer nun Sechster – dies mit bereits elf Punkten Abstand zu den beiden definitiven Abstiegsplätzen. „Das beschert uns Ruhe“, sagt Andreadis, was er aber nicht mit einer Verschnaufpause verwechselt wissen will. Die erhält nun erst einmal nur einer: Ajdinovic. Im Pokalspiel heute Abend gegen den MTV Stuttgart diesmal wohl wirklich.

Spvgg Möhringen – MTV Stuttgart

So etwas nennt man Nervenstärke. Die 78. Spielminute lief am Sonntag, als Johannes Löw sein partielles Déjà-Vu-Erlebnis bekam. Wieder ein 0:1-Rückstand seiner Elf in der Endphase einer Partie. Wieder Elfmeter für die Spvgg Möhringen. Wieder die späte Ausgleichschance. Vor drei Wochen in Bonlanden war alles genau so gewesen – und Löw hatte mit einem Fehlschuss den Punktgewinn für die Seinen verpasst. Und nun, dieses Mal? Nachdem in Christopher Müller (Zerrung) und Thomas Brodbeck (Blutblasen an den Füßen) beide anderen potenziellen Schützen bereits verletzt ausgewechselt waren, zögerte der 28-Jährige nicht lang. Er schnappte sich erneut den Ball. Dieser Mut wurde belohnt. Löws aktueller Versuch saß, und so kamen die Möhringer gegen den MTV Stuttgart noch zu einem 1:1.

„Insgesamt hat sich der von uns betriebene Riesenaufwand bezahlt gemacht“, sagt der Trainer Jörg Elser. Gegen einen „guten Gegner“ bewegte sich sein Team auf Augenhöhe, bis die Sache ein für die Gastgeber unglückliches Ende zu nehmen schien. Nach Willie Sauerborns 16-Meter-Schuss zum 0:1 hatte der MTV zwei weitere Großchancen zur Entscheidung. Beide vereitelte der Keeper Martin Brodbeck. Dann fasste sich der Kapitän Steven Jordan ein Herz. Er stürmte mit Vehemenz in den gegnerischen Strafraum, wo er nur noch durch ein Foul zu stoppen war. Die Folge war der erwähnte Strafstoß. Elsers Kommentar: „Steven Jordan hat überragend gespielt. Und dass Johannes Löw eigentlich ein sicherer Elferschütze ist, habe ich gewusst.“ Seit diesem Sonntag umso mehr.