Freude über den höchsten Saisonsieg: Marcel Stannull und Ronald Ried (von links) kamen mit dem SV Bonlanden in Sillenbuch zu einem 9:0. Foto: Günter Bergmann

Die Nachbetrachtung zum 25. Spieltag mit Fokus auf die Filderteams.

Filder - Beim Tanz in den Mai, so besagt es ein mittelalterlicher Brauch, werden mittels Hexenfeuer die bösen Geister vertrieben. Vielleicht haben die Bezirksliga-Fußballer des SV Bonlanden, des TSV Plattenhardt und der Spvgg Möhringen bei ihren Auftritten am Wochenende ja daran gedacht. Alle drei spielten gegen ungute Vorzeichen, um nicht zu sagen Geister, an. Und alle drei gingen schließlich als Sieger vom Platz, zuvorderst die Bonlandener. Jene veranstalteten mit einem 9:0-Auswärtserfolg einen besonders heißen Tanz, der fünf Spieltage vor Saisonende die eigenen Aufstiegsambitionen eindrucksvoll unterstreicht.

SV Sillenbuch – SV Bonlanden

Nein, sie hatten das Hinspiel nicht vergessen gehabt. Nicht das damalige Ergebnis, dieses 0:3, ihre bislang schwärzeste Stunde in dieser Saison. Und auch nicht die Begleitumstände. Unter im Nachhinein betrachtet „fadenscheinigen Gründen“, knurrt der Trainer Klaus Kämmerer, habe der Gegner damals eine zeitliche Verlegung erwirkt – ehe er quasi zum Dank für das Bonlandener Entgegenkommen frech die drei Punkte mitnahm.

Nun, am Sonntag, war der Tag der Revanche. Und jene fiel für besagten Kontrahenten, den SV Sillenbuch, böse aus. Getrieben vom Willen, Saures zurückzugeben und zugleich die eigenen Aufstiegsambitionen zu bekräftigen, ballerten sich die Filderstädter zu ihrem höchsten Rundenerfolg. Endstand: 9:0. Mai-Tanz statt Herbst-Tristesse. Nach einem anfänglichen Geduldsspiel wurde es in der zweiten Hälfte eine Demontage, in der Kämmerer nebenbei ein Signal sieht. „Wir haben eine Ansage gemacht“, sagt er mit Blick auf die am nächsten Sonntag folgende Spitzenpartie gegen Türkspor Stuttgart. Die Botschaft lautet: Konkurrenz, bitte warm anziehen. Passend zur meisterschaftsentscheidenden Phase läuft der zwischenzeitlich stotternde Bonlandener Motor auf Touren.

Rote Karte nach 19 Minuten

Freilich, die Frage ist: kommt dieses Hoch noch rechtzeitig? Aus eigener Kraft sind nach wie vor nur noch Platz zwei und die Relegationsteilnahme möglich. Aktuell, als weiter Dritter, würden Kämmerer und die Seinen leer ausgehen – so wie diesmal ihr Torjäger. Die Überraschung beim Schützenfest: ausgerechnet Nico Presthofer blieb ohne persönliches Erfolgserlebnis. Seine beste Chance vereitelte der Sillenbucher Marc Raitze mit einer Handabwehr auf der Torlinie, wofür er schon nach 19 Minuten die rote Karte sah. Auch das sowie die Tatsache, dass ihnen in Markus Löw und Sascha Blessing ihre zwei wichtigsten Leistungsträger fehlten, ließ die Gastgeber schließlich auf verlorenem Posten stehen.

Am spektakulärsten netzten Rüchan Pehlivan und Steffen Schmidt ein. Der eine traf per Volleyschuss, der andere drosch die Kugel aus 20 Metern ins Netz – und betrieb damit weitere Werbung in eigener Sache. Schmidt ist mittlerweile der Einzige des Kaders, der an der Humboldtstraße noch nicht für die nächste Saison zugesagt hat. Die Bonlandener haben in den Landesligisten TV Echterdingen und TSV Weilheim zwei heiße Mitbewerber. Wie im Aufstiegsrennen also auch hier ein Dreikampf. Und ebenfalls einer mit offenem Ausgang.

TSV Plattenhardt – Croatia Stuttgart

Anhaltende Personalnot. Dazu die Tatsache, dass es in der Tabelle um nichts mehr geht. Dazu der zuletzt schwindsüchtige 0:5-Auftritt im Auswärtsspiel beim MTV Stuttgart. Unter diesen Vorzeichen hätte es in der Tat etwas mulmig werden können in Plattenhardter Reihen. Sehnsucht Sommerpause? Die verbleibenden Spieltage als zähe Zugabe? Nun, umso größer ist die Erleichterung bei den Verantwortlichen über die Antworten, die die Mannschaft am Sonntag gab. „Laufbereitschaft und körperliche Präsenz haben wieder absolut gestimmt“, sagt der Trainer Sascha Krammer nach dem 1:0-Sieg gegen Croatia Stuttgart, das Team der Stunde aus den vergangenen Wochen.

Hervorzuheben waren dabei drei Spieler. Erstens Bilal Toy. Der Aufrücker aus der eigenen „Zweiten“ erzielte das entscheidende Tor, indem er einen Querpass von Paulo Bayrak verwertete. Zweitens Denis Antonov. Gerade erst aus dem Urlaub zurück, stabilisierte der 33-Jährige die Abwehr. Drittens einmal mehr der Keeper Daniel Wagner. Jener verhinderte, so Krammer, mit „zwei Riesenparaden“ den Ausgleich – und dürfte somit verschmerzen können, dass es in einer anderen Angelegenheit für ihn schief ging. Als es kurz vor der Pause einen Elfmeter für die Gastgeber gab, schritt zur Ausführung: richtig, Wagner. „Er schießt öfter auch im Training und ist normalerweise ein sicherer Schütze“, begründet Krammer die ungewöhnliche Aktion. Betonung auf „normalerweise“. Diesmal wurde der eigentliche Toreverhinderer zum Toreverhinderer wider Willen: Er jagte den Ball über den Querbalken.

Spvgg Möhringen – SC Stammheim

Der Trainer Karl-Heinz Fuhrmann hatte nach eigenem Bekunden damit gerechnet – insofern also auch keine Enttäuschung in Möhringen, als am Sonntag die anderen Ergebnisse verlauteten. Sieg für Münster, Sieg für Obertürkheim, Sieg für den MTV. Auch die Konkurrenz im Kampf um den Klassenverbleib hat gewonnen. Und so beträgt der Abstand zur Abstiegszone trotz des eigenen 2:0-Erfolgs gegen den SC Stammheim weiter nur zwei Punkte. Sollte es am Ende zur Rettung reichen, dürfte der aktuelle Auftritt gleichwohl als Möhringer Meilenstein in die Geschichte der Saison eingehen. Denn zustande kam er laut Fuhrmann unter „extrem schwierigen Vorzeichen“.

Der Grund: im Vorfeld der Begegnung brachen ihm mal eben drei Viertel seiner Abwehrkette weg. Matteo Brunetti: privat verhindert. Marcus Budday: Kreislaufprobleme. Ari Huber: Mathe statt Sport wegen anstehender Abiklausur. So war guter Rat teuer – und initiierte Fuhrmann eine Notaktion. In die Innenverteidigung beorderte er kurzerhand den gerade erst aus Amerika zurückgekehrten Johannes Löw. Jener eilte quasi vom Flughafen aufs Fußballfeld. Und, siehe da: er legte dort einen bemerkenswerten Kaltstart hin. Obschon seit rund zwei Monaten ohne Training, geschweige denn Spielminute, „war er richtig gut“, sagt Fuhrmann.

Malchow als Matchwinner

Gleiches galt auch noch für zwei andere. Löws Nebenmann Steven Jordan räumte alles ab. Und im Angriff wartete Bastian Malchow mit dem entscheidenden Doppelschlag auf. Malchow – ausgerechnet noch einer, der unter Fuhrmann bereits auf dem Abstellgleis schien. Wegen beruflich bedingter Fehlzeiten hatte der 25-Jährige zuletzt nur noch eine Mitläuferrolle bekleidet. Bis jetzt. „Inzwischen haut er sich voll rein. Er weiß: wenn er einen Platz will, muss er dafür etwas tun“, sagt Fuhrmann. Der Lohn: Malchow schloss zwei Konter erfolgreich ab. Er war damit beim Möhringer Tanz in den Mai der Matchwinner.

NAFI Stuttgart – TSV Rohr

Tanz in den Mai? Der TSV Rohr war am Sonntag das Filderteam, das aus der Reihe tanzte, wenn man im Sprachbild bleiben will. Im Spiel beim Spitzenreiter mühte sich der Aufsteiger vergeblich um eine Überraschung. Unter dem Strich stand ein 2:5. „Meine Jungs haben es probiert. Über 90 Minuten war der Gegner jedoch einfach besser“, sagt der Trainer Moudachirou Amadou. Die eigenen Hoffnungen, die Wahl-Zuffenhausener könnten nach ihrem 2:3 im Gipfelduell in Bonlanden angeknockt sein, sie erfüllten sich nicht.

Aber immerhin: eine halbe Stunde lang waren die Rohrer ebenbürtig – und gingen durch Ramin Sinas 23. Saisontreffer, einen Kopfball, sogar in Führung. Dann leitete ein umstrittener Elfmeter die Wende ein. Marc Scherle soll den NAFI-Angreifer Ugur Capar zu Fall gebracht haben. Laut Amadou war es eher ein Windhauch. „Kann man pfeifen, muss man aber nicht“, meint sein Gegenüber Damir Bosnjak. Am Ende, keine Frage, war der Erfolg der Heimelf verdient. Und so beginnt für diese der Mai nun, wie der April geendet ist: als Tabellenerster. Auch Bosnjak und die Seinen wollen noch böse Geister vertreiben: die aus der vorigen Saison, als sie den seinerzeit fast schon sicheren Meistertitel auf der Zielgeraden noch verspielten. Und dieses Mal?