Das einzige Filderteam, bei dem es gerade glatt läuft, ist die Spvgg Möhringen. Im Bild: der Neuzugang und Torschütze Marian Wieser. Foto: Yavuz Dural

Vor dem doppelten Derby-Spieltag vergrößert sich der Stimmungskontrast unter den Filderteams.

Filder - Das abschließende Urteil lautete: „Total verrückt.“ Bezogen hat Roger Bay, der Trainer des SV Bonlanden II, dies zwar auf die eigene Partie – genau so gut passen würden die Worte aber auf das bisherige Gesamtabschneiden der Fußball-Bezirksligisten von den Fildern in dieser Saison. Wer etwa hatte damit gerechnet, dass aus deren Kreis ausgerechnet der Außenseiter Spvgg Möhringen nach vier Spieltagen als Einziger noch ungeschlagen ist? Oder wer bitte war davon ausgegangen, dass der vermeintliche Titelfavorit SV Vaihingen derart schwer in die Gänge kommt? Und mal ehrlich: konnte jemand erahnen, was gerade dem TSV Plattenhardt widerfährt? Letzterer steht auch nach diesem Sonntag als großer Verlierer da. Nächste Niederlage, weiter null Punkte, weiter letzter Tabellenplatz. Nächster Jubel. Tabellenplatz drei – beim Blick aufs Klassement dürfte den Kickern der Spvgg Möhringen gerade warm ums Herz werden. Die Dauerabstiegskämpfer der vergangenen Jahre bewegen sich in für sie völlig neuen Sphären. Die Frage ist: wie viel Aussagekraft hat dieser Zwischenstand? Gibt es Anlass, sich selbst auf die Schultern zu klopfen – oder gebührt der Dank für das bisherige Abschneiden doch eher dem Spielplangestalter? „Wir bleiben realistisch“, sagt der Trainer Jörg Elser, nachdem den Seinen mit einem 5:2 gegen den SSV Zuffenhausen der nächste Sieg gelungen ist, „die Punkte, die wir bislang geholt haben, muss man holen, wenn man nicht hinten reinrutschen will.“ Gegen eines der vermeintlichen Topteams haben die Möhringer noch nicht gespielt. Andererseits, das weiß auch Elser: ein Start wie der jetzige stärkt das Selbstvertrauen, und er kann in ein Fahrwasser führen.

Ansehnliche Lektion in Sachen Konterspiel

Aufgestellt ist der Vorjahresneunte momentan so, dass seinem Coach auch bei Ausfällen kein graues Haar zu wachsen braucht. Am Sonntag purzelten sein Sohn Sascha (Verspätung wegen Marderschaden am Auto) und Matthias Rätzke (Zerrung) kurzfristig aus der Startelf. Jedoch: kein Problem. Mühe hatten die Gastgeber mit ihrem Gegner nur eine halbe Stunde lang – bis dieser laut Elser „früh den Eindruck erweckte, mit den Kräften am Ende zu sein“. Danach erzielte Steffen Müller per Abstauber die Führung und folgte in Durchgang zwei eine ansehnliche Lektion in Sachen Konterspiel. Drei weitere Treffer resultierten aus überfallartigen Angriffszügen, darunter jene der Liga-Tordebütanten Pedro Carvalho Fumega und Marian Wieser.

Alles in allem fünf Ausrufezeichen für die anstehenden nächsten Aufgaben? Die heißen SV Vaihingen und TSV Weilimdorf – und markieren das Ende der Spielplan-Gunst. „Nach diesen zwei Begegnungen wird man mehr sagen können“, sagt Elser. Auch darüber, was vom jetzigen dritten Tabellenplatz tatsächlich zu halten ist.

Die Torfabrik leidet nicht unter einem Angriffsproblem

Nächste Sorge. Wir war das doch gleich? Die bisherige Torfabrik SV Bonlanden II leidet in dieser Saison unter einem Angriffsproblem? Nun, die Antwort für alle Unkenrufer hat die Offensivabteilung der Filderstädter am Sonntag gegeben – nämlich mit mal eben fünf Toren. Dass der Trainer Roger Bay sich dennoch weniger entspannt als durch den Fleischwolf gedreht fühlte, hat einen simplen Grund: Viel fehlte nicht, und es wäre trotzdem erneut schief gegangen. Unter dem Strich stand gegen den Aufsteiger FC Stuttgart-Cannstatt ein 5:4. Der Siegtreffer gegen einen 70 Minuten lang in Unterzahl spielenden Gegner gelang erst in der Nachspielzeit. Glückliche Fügung für den Favoriten: der Gästekeeper ließ einen laut Bay „völlig harmlosen Schuss“ von Niels Wüllbier durchrutschen. „In 1000 Fällen ist so ein Ball einmal drin“, sagt der Coach, „aber einen solchen Dusel braucht man dann halt auch mal.“

Vollends perfekt war damit der rasante Zick-Zack-Kurs an diesem Nachmittag. In der ersten Hälfte hatten die Bonlandener bei einer frühen Zwei-Tore-Führung und nach einem Platzverweis für den Cannstatter Mesut Tanribuyurdu wegen Nachtretens gegen Yannic Buchwald bereits wie der sichere Sieger ausgesehen – bis das für Bay „Unglaubliche“ geschah. Nämlich: vier Gegentreffer durch einen Kontrahenten, der vermeintlich bereits am Boden lag. Die dabei nötige Aufbauhilfe leisteten die Filderstädter mit Schlafmützigkeiten und Nachlässigkeiten selbst.

Fazit: Offensivsorgen erst einmal beseitigt, auch Dank des Bezirksliga-Debütanten Kevin Weiner – der 19-Jährige feierte nach einjähriger Sportpause infolge einer Herzoperation ein Comeback im Bonlandener Trikot. Dafür gibt es nun eine neue Baustelle. „Hinten“, ächzt Bay, „war das eine Katastrophe.“

Klarer Aufwärtstrend beim SVV

Nächste Angriffsflaute. Der Abteilungschef Thomas Illig erkannte „unsere bisher beste Saisonleistung“. Im Vergleich zur vorigen Woche attestiert er den Seinen sogar „einen klaren Aufwärtstrend“. Insofern: Kurve bekommen? Alles wieder im Lot beim SV Vaihingen? Nun, nicht ganz. Der Haken ist, dass die Mannschaft auch bei Croatia Stuttgart nur zu einem Unentschieden kam, diesmal einem 0:0 – die dritte Partie in Serie ohne Sieg. Und so hält das Warten auf den Durchbruch beim Landesliga-Absteiger an. Die Findungsphase des neuformierten Aufgebots setzt sich fort. Eben „dass wir viele neue Spieler im Kader haben, muss man berücksichtigen“, sagt Illig, räumt aber mit Blick auf die bisherige Punkteausbeute zugleich ein: „Wir hatten uns sicherlich mehr ausgerechnet.“

Das große Manko war aktuell ein bereits leidig bekanntes. Stichwort „Chancenverwertung“. Gegen einen mit Mann und Maus verteidigenden Gegner taten sich die Vaihinger beim Kreieren von Möglichkeiten schwer – jene, die sie dann hatten, vergaben sie. Vor allem zwei Szenen berechtigten zum Hadern: Mitte der zweiten Hälfte scheiterte Fabio Andretti erst an der Querlatte, ehe sein Angriffskollege Max Knoll den Ball im Nachschuss übers leere Tor bugsierte. Es hätte die Erlösung sein können – so war es ein weiterer Dämpfer, nach welchem Illig nun auf zwei Rückkehrer hofft. Ob es mit Daniel Knoll und Thomas Drephal besser wird? Die beiden Langzeitverletzten arbeiten für ihr Comeback.

Plattenhardter haben Scheiße am Fuß

Nächste Enttäuschung. Der Weltmeister Andreas Brehme hat es einmal so formuliert: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“ Kaum wo könnte man diese Aussage gerade besser nachvollziehen als beim TSV Plattenhardt, in dessen Reihen man sich zunehmend zwicken muss. Null Punkte, letzter Tabellenplatz – bloß ein schlechter Traum? Aus Filderstädter Sicht leider nein. Auch im dritten Anlauf ging es schief, dies zum dritten Mal mit dem gleichen Resultat. Nicht nur das: zudem zum dritten Mal unter ähnlichen Umständen. In dem 1:2 beim bis dato gleichfalls sieglosen SV Sillenbuch erkennt der Trainer Marco Russo „ein Spiegelbild der vorangegangenen Partien“. „Wir treffen Latte und Pfosten, der Gegner macht die Tore“, sagt der Coach. Neu hinzu kamen erschwerende personelle Umstände: Zu allem Überfluss mussten Michael Suhr (Verdacht Muskelfaserriss) und der Kapitän Bernd Giersdorf (Rückenbeschwerden) verletzt vom Platz.

Die Treffer fielen alle in der ersten halben Stunde. Beim 0:1 machte der Keeper Tim Steck eine unglückliche Figur, indem er einen 30-Meter-Freistoß passieren ließ. Der zwischenzeitliche Ausgleich gelang dem Neuzugang Özenc Ates nach einem Zuspiel von Pascal Garziella. Ansonsten? „Wir haben viel investiert“, sagt Russo, „aber die Mannschaft hat sich nicht belohnt.“ Paulo Bayrak und Talha Gürleyen scheiterten wie angedeutet am Aluminium.

So ist klar, was die Stunde fürs Derby am nächsten Sonntag gegen den SV Bonlanden geschlagen hat. Angst, dass der Saisonstart nun vollends in die Hosen geht? Pah! „Das“, sagt Russo trotzig, „ist jetzt die Topgelegenheit.“ Jene zur Wende. Drei Niederlagen nacheinander, das nebenbei, hatte der Coach in seiner mittlerweile 21-monatigen Amtszeit im Weilerhau bisher nie kassiert.