Eine Kinderkunsttour wie sie in diesem Jahr im Stuttgarter Norden veranstaltet wird, hat es 2004 in S-Süd gegeben. Foto: Heinz Heiss

Die Bezirksbeiräte im Norden wissen nicht recht, wohin mit ihrem 30 000-Euro-Etat für gute Zwecke.

S-Nord - Andernorts sind die Regeln fürs Steuergeld streng: Höchstens die Hälfte des Verlusts darf als Zuschuss vergeben werden, aber nie mehr als zehn Prozent des Gesamtetats. Kein Geld gibt es für Veranstaltungen, die sich Jahr um Jahr wiederholen, allenfalls einen Zuschuss als Starthilfe. Niemand soll glauben, dass standardmäßig die Stadt seine Fete bezahlt. Die Höhe eines Zuschusses darf einen festgelegten Prozentsatz der Gesamtkosten nicht übersteigen.

All das sind Vorschriften, die sich die Bezirksbeiräte der Stadt selbst auferlegt haben, um ihre Etats gerecht zu verteilen. Manche der Lokalpolitiker haben derlei Vorgaben niedergeschrieben. Andere haben sie nur lose vereinbart und entscheiden mehr oder minder freihändig über Ausnahmen. Aber allerorts gilt der Grundsatz: Jedes Ja oder Nein über einen Zuschussantrag muss begründbar sein. Niemand soll sich bevorzugt oder benachteiligt fühlen.

Zu wenig Wünsche

Im Norden Stuttgarts gilt hingegen nur eine Regel: Wer Bedarf an einem Zuschuss hat, wird bedacht. Das ist zwar etwas zugespitzt formuliert, aber in der jüngsten Bezirksbeiratssitzung fühlte sich die Bezirksvorsteherin Andrea Krueger sehr wohl bemüßigt daran zu erinnern, dass „wir in diesem Jahr noch 30 000 Euro zur Verfügung haben und nicht allzu viele Anträge“. Anders ausgedrückt, die Lokalpolitiker haben Mühe, ihr Geld unters Volk zu bringen, weil es zu wenige Wünsche an sie gibt. Dementsprechend billigten sie bis zu 900 Euro Zuschuss für die Kinderkunsttour, obwohl wegen eines Rechenfehlers im Antrag unklar war, ob womöglich nur 800 nötig wären. Die Gesundheitswochen bedachten sie mit 1150 Euro, obwohl gesunde Ernährung gewiss keine lokale Aufgabe des Bezirks ist. Die Entscheidungen fielen ohne Murren einstimmig.

„Das ist in anderen Stadtbezirken etwas anders“, sagte Krueger. Weil andernorts die Etats nicht reichen, um alle Wünsche zu erfüllen, wird nicht selten eisern über einen Hunderter hin oder her diskutiert. Offenkundig hat es sich im Norden noch nicht herumgesprochen, dass, wer auch immer Segensreiches für den Stadtbezirk bewirkt, das nicht vom eigenen Konto bezahlen muss, jedenfalls nicht vollständig. Ursprünglich waren die Etats der Beiräte zur Förderung lokaler Kultur gedacht. Aber die Bezirksbeiräte billigen Geld längst für jeden Zweck, der ihnen als guter gilt.

Sponsoring sind enge Grenzen gesetzt

Soziales Wirken, vor allem für Kinder, hat beste Chancen, bezuschusst zu werden. Trikots für den Fußballverein können genauso als förderungswürdig eingestuft werden wie ein Ausflug des Jugendhauses. Bevorzugt werden beim Geldverteilen zwar Vereine und sonstige Organisationen, die vor Ort bekannt sind, aber auch lose Zusammenschlüsse haben Aussicht auf Erfolg. Nicht einmal Geschäftliches ist ohne Chance. Beispielsweise bezuschusste der Bezirksbeirat Sillenbuch das Sommerfest seiner örtlichen Selbstständigen-Vereinigung mit sehr ordentlichen 2500 Euro. Die Degerlocher vergeben an einen im Flecken ansässigen Kleinverlag Jahr um Jahr den Auftrag, einen bezirkseigenen Veranstaltungskalender zu produzieren. Ein Anteil von knapp 5000 Euro an den Herstellungskosten fließt aus der Stadtkasse.

Nicht, dass es im Stuttgarter Norden keinen Bedarf gäbe. Eher im Gegenteil, jedenfalls „im Quartier“, wie Krueger es sagt. Gemeint ist das Viertel rund um den Nordbahnhof. Dort „sind dem Sponsoring enge Grenzen gesetzt“, sagt Krueger. „Im Grunde gibt es keine wesentlich anderen finanziellen Möglichkeiten als die Unterstützung des Bezirksbeirats.“ Der würde auch gern unterstützen. Nur wen? Wer Geld aus dem Etat bekommen will, muss eben erst Geld beantragen. Offenkundig scheitert schon daran Manches. „Es gibt nicht viele, die organisatorische Hilfestellung leisten“, sagt Krueger, „eigentlich ist es immer das Kinder- und Jugendhaus, das den Antrag übernimmt.“