Der Betriebsleiter Franz Robert erläutert den Bezirksbeiräten, wie das Kraftwerk funktioniert. Foto: Rebecca Stahlberg

Die Unmengen Müll, die heutzutage produziert werden, sind nicht gänzlich wertlos. Im Müllheizkraft in Stuttgart-Münster wird er verbrannt und dadurch Fernwärme sowie Strom erzeugt. Der Bezirksbeirat Bad Cannstatt hat die Anlage besichtigt und erhielt dabei ungewöhnliche Einblicke.

Bad Cannstatt - Der Vorfall mit demAustritt von Quecksilber im September 2015hat bei den Bürgern in der Umgebung des Müllheizkraftwerks Münster Verunsicherung ausgelöst. Nun hat man sich verstärkte Kommunikation auf die Fahnen geschrieben. Auch aus diesem Grund hat der Bezirksbeirat Bad Cannstatt das Müllheizkraftwerk der EnBW in Münster besichtigt, sich die Funktionsweise sowie die Schutzmaßnahmen erläutern lassen.

Zunächst berichtete der Betriebsleiter Franz Robert über die Gründungszeit, die ursprüngliche Funktion sowie die Weiterentwicklung und Umbauten am Standort. Früher hat das Kraftwerk aus Kohle Strom erzeugt. Heute wird Müll verbrannt und daraus zu zwei Dritteln Fernwärme – heißes Wasser also – und zu einem Drittel Strom erzeugt. „In den 1960er-Jahren wurde klar, dass der Müll nicht beliebig deponiert werden kann“, sagte Robert. Damals habe man die Müllkessel und den 180 Meter hohen Schornstein gebaut.

Circa 90 Prozent sind Hausmüll

Die Anlage ist ein wärmegeführtes Kraftwerk, sie läuft also nach Bedarf. „Wenn es kalt wird, produzieren wir mehr“, so der Betriebsleiter. Im Detail erklärte er den Lokalpolitikern, wie der Müllkessel funktioniert. Das Kraftwerk versorgt die Bereiche Stadtmitte, Nord/West, Freiberg und Bad Cannstatt mit heißem Wasser. Seit 2005 ist die Deponierung von unbehandeltem Abfall in Deutschland verboten. In Baden-Württemberg gibt es insgesamt sechs Abfallverwertungsanlagen. Circa 90 Prozent des im Kraftwerk verbrannten Müll ist Hausmüll, der Rest ist aussortierter Sperrmüll sowie Reste aus mechanischen Behandlungen. „Müll verbrennen um des Verbrennens willen, ist hirnlos“, verdeutlichte Robert. Nur kombiniert mit der Erzeugung von Fernwärme sei es ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Täglich werden 1500 Tonnen Müll verbrannt, der Bunker fasst 18 000 Kubikmeter. Der Müll kommt sowohl aus Stuttgart als auch aus den Landkreisen Esslingen, Rems-Murr und weiteren.

Die Bezirksbeiräte interessierten sich unter anderem für den Schornstein, aus dem manchmal Unterschiedliches herauszukommen scheint. „Wie es aussieht, hängt von der Temperatur und der Sättigung der Luft ab. Was Sie sehen, ist aber immer nur Wasserdampf“, erklärte Robert. Denn die gereinigten Abgase könne man nicht sehen. Er betonte, dass sie „jederzeit dafür geradestehen müssen, was wir tun“. Es gebe nicht manipulierbare Eichgeräte sowie eine Datenübertragung ans Regierungspräsidium Stuttgart. Auch wurde nach anderen Möglichkeiten der Müllanlieferung gefragt, knapp 27 000 Lastwagen fahren das Kraftwerk im Jahr an. Robert erläuterte einige der Ideen, die in den 90er-Jahren untersucht worden waren wie etwa mit Schiff, mit dem Zug, über ein Band vom Bahnhof Münster aus oder auf den Stadtbahngleisen. Doch es gebe jeweils Argumente, die dagegen sprechen.

Dem Kranführer über die Schulter blicken

Beim anschließenden Rundgang führte der Schichtleiter Udo Ritter die Bezirksbeiräte zum Leitstand, wo der Kraftwerksleiter Rolf Seeger sie begrüßte. Man wolle durch solche Besichtigungen dokumentieren, dass man nichts zu verbergen habe, so Seeger. Danach ging es auf das Kesselhaus des Müllkessels 21 hinauf, wo die Beiräte in 77 Meter Höhe den Ausblick genießen konnten. Ein Blick in das Feuer des Müllkessels sorgte für zusammengekniffene Augen ob der Helligkeit. Weil einer der drei Kessel derzeit in Revision ist, hatten die Lokalpolitiker außerdem die seltene Gelegenheit, auch dort einen Blick hineinzuwerfen. Zuletzt ging es hinauf in die oberste Etage des Bunkers, wo die Beiräte dem Kranführer über die Schulter blicken konnten, der den Müll mit einem riesigen Greifer packt und in den Schredder lädt. Robert bedankte sich bei den Lokalpolitikern für ihren Besuch und ihr Interesse. „Wir wollen mehr mit den Leuten reden und offen sein“, sagte er.