Zwei plus zwei: Ausgelassene Stimmung beim gemeinsamen Spiel. Foto: AdobeStock/Kzenon

Paarfreundschaften klingen nach Dia-Abend und gelten als spießig. Dabei können sie die Beziehung zum eigenen Partner aufpeppen und haben noch weitere Vorteile.

Um den Ruf des Pärchenabends steht es nicht gut. Treffen Paare auf Paare, vergeht meist nicht viel Zeit, bis der Abend in Richtung Realsatire kippt. Peinliche Kosenamen, unverhältnismäßige Begeisterungsbekundungen nach Brettspielsiegen, Popotätscheln vor anderen – die Fallstricke der Interaktion zwischen Paaren sind mannigfaltig und bieten mehr Einblicke, als vielen lieb ist.

 

Doch jetzt wandelt sich das Bild. Offenbar profitieren wir von Paarfreundschaften enorm. Diese These stellen die US-Amerikaner Geoffrey Greif und Kathleen Holtz Deal in ihrem Buch „Two Plus Two. Couples and their couple friendships“ (Zwei plus zwei. Paare und ihre Paarfreundschaften) auf.

Darin gehen sie der Frage nach, warum Paarfreundschaften unser Leben reicher machen. Die Professoren für Sozialarbeit an der University of Maryland in Baltimore haben dazu rund 400 Personen interviewt. Aber was genau genießen wir an der Zeit zu viert?

Andere Paare bieten einen guten Vergleich

Nach Geoffrey Greif schätzen wir Paarfreundschaften, weil sie uns Einblicke in andere Paarbeziehungen geben. „Sie sind wie ein Fenster in eine andere Beziehung. Wir beobachten, wie das andere Paar mit seinen Kindern umgeht, wie es Freizeit- und Arbeitsanforderungen in Einklang bringt und seine Zuneigung ausdrückt“, sagt Greif.

Manchmal gebe dies neue Impulse für die eigene Paarbeziehung. „Wenn das andere Paar davon schwärmt, wie viel Freude es ihnen bringe, gemeinsam im Chor zu singen, dann kann uns das durchaus anregen, selbst nach gemeinsamen Aktivitäten zu suchen.“

Doch auch wenn wir uns von anderen gerne inspirieren lassen – die Suche nach Abwechslung läuft meist in einem abgesteckten Rahmen. Denn Greifs Umfragen zeigen zwar, dass 78 Prozent der Befragten Freundschaften mit anderen Paaren wichtig sind, aber die meisten suchen dabei nach Paaren, die ihnen ähneln.

Kinder können die Paarfreundschaft sprengen

Denn mit neuen Lebensabschnitten ändern sich auch unsere Erwartungen an Freundschaften. Ein gutes Beispiel dafür stellt die sogenannte Rushhour der Lebens dar: Zwischen 30 und 40 verdichten sich die Ereignisse. Freundschaften konkurrieren plötzlich zeitlich mit Kleinkindern, Wohnortwechseln und Herausforderungen im Job.

Gerade kinderlose Freunde schauen dann oft fassungslos zu, wie aus Ausgehfreunden pflichtbewusste Eltern werden. Die Kluft zwischen Windelwechseln einerseits und Clubnächten andererseits könnte nicht größer sein.

Wenn da nicht beide Seiten ein hohes Maß an Verständnis mitbringen, katapultiert es Freunde schnell aus der Umlaufbahn. Während frische Eltern rasch kapieren, dass es unendliche Vorteile mit sich bringt, Freunde, die ebenfalls Kleinkinder haben, zu treffen, reagieren Ungebundene genervt auf die jungen Eltern.

Bloß nicht über Sex und Geld reden!

Paarfreundschaften haftet aber etwas Spießiges an. Sie erinnern an Treffen mit grausam-langweiligen Diavorträgen über Wanderurlaube in Südtirol, zum Essen gibt es Mettwurstigel und Käsespieße.

Psychotherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger beschäftigt sich seit 40 Jahren mit dem Thema Freundschaft. Er sagt: „Bei Pärchenabenden wird in der Regel über all das nicht geredet, was spannend ist: die eigene Partnerschaft, Sex und erstaunlicherweise auch Geld.“

Das sei insofern interessant, als ein Großteil der Frauen bei Zweiertreffen über genau diese Dinge sprechen würde. Bei Treffen zu viert wird dann thematisch abgespeckt. Da spreche man dann stattdessen über den erhitzten Wohnungsmarkt, Whiskey-Verkostungen und den letzten Urlaub in Skandinavien.

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„Treffen Paare auf Paare, ist das in jedem Alter großes soziales Kino: Selbstdarstellung inklusive“, sagt Krüger. Das könne schnell in Angeberei ausarten. Ob der unfassbare Tauchgang auf den Malediven tatsächlich begeistern oder einfach nur Neid schüren soll, hängt davon ab, ob die Viererrunde sich gegenseitig etwas gönnt oder von Gedanken an Repräsentativität geprägt ist.

Denn nicht jedes Vierertreffen gestaltet sich als Selbstläufer. Oft prallen verschiedene Lebenswelten aufeinander. Angebereien oder ein harscher Ton zwischen einem Paar können manche Runde implodieren lassen. Zum Beispiel wenn einer der Partner den anderen ständig unterbricht oder korrigiert. Dann ist soziale Intelligenz gefragt: Wie geht man damit um?

Ältere Paare sind toleranter

Psychotherapeut Krüger rät: „Beim nächsten Treffen zu zweit vorsichtig ansprechen. Zum Beispiel indem man sagt: Dein Mann hat dich vor Kurzem vor uns allen korrigiert. Wie war das für dich?“ Doch spielt die betroffene Person den Vorfall herunter, könne man das Thema erst mal ruhen lassen.

Dass zwei Menschen des Vierergespanns eine engere Beziehung verbindet, ist nicht ungewöhnlich, gehört aber zu den Fallstricken der Paarfreundschaft. US-Forscher Geoffrey Greif: „Gerade für junge Menschen ist Zeit sehr kostbar. Deswegen wollen sie diese auch nicht mit Menschen verbringen, die sie nerven.“

Ältere Paare hingegen wüssten meist zu schätzen, dass ein paar Stunden mit jemandem, den sie nicht mögen, nicht so schlimm sind, wenn es dem Partner ein gutes Gefühl gibt. „Nehmen Sie den Fall des Freundes, der den Ehemann zum Arzt fährt. Die Frau des Ehemanns mag den Freund vielleicht nicht, weiß aber zu schätzen, dass er ihrem Ehemann geholfen hat, und ist daher bereit, sich für ein paar Stunden Unannehmlichkeiten zu machen.“

Wie gut kommt der eigene Partner an?

Toleranz ist also angesagt. „Falls es gar nicht funktioniert, kann man immer noch beschließen, sich mit dem anderen Paar nur für bestimmte Aktivitäten zu verabreden“, sagt Greif. Unabhängig davon gibt es aber einen unschlagbaren Vorteil, der Paarfreundschaften von Einzelfreundschaften unterscheide: dass wir unseren Partner in Gesellschaft erleben.

„Nichts ist attraktiver, als zu sehen, wie unser Partner eine ganze Runde unterhält, empathisch ist oder andere zum Lachen bringt“, sagt Greif. „Das kann durchaus für einen gewissen Kitzel sorgen, weil es uns zeigt: Er oder sie hätte woanders Chancen.“

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Wer also seine Ehe oder Beziehung etwas auffrischen will, der treffe sich mit anderen. Und wenn der Abend eine allzu schreckliche Wendung nimmt: einfach den Mettigel und den Beamer mit den Urlaubsfotos auf den Tisch stellen. Dann erledigt sich der Abend von allein.