Bei einem Telefonat des deutschen und ukrainischen Präsidenten seien „Irritationen aus der Vergangenheit ausgeräumt“ worden, heißt es in Berlin.
Die Präsidenten Deutschlands und der Ukraine haben in einem persönlichen Telefonat den Anlauf gemacht, einen Strich unter die Verstimmungen der vergangenen Wochen zu ziehen: In einem 45-minütigen Gespräch zwischen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seien „Irritationen aus der Vergangenheit“ ausgeräumt worden, teilte eine Sprecherin des Bundespräsidenten mit.
Ein für den 11. April angesetztes Telefonat sei abgesagt worden
Beide Seiten hätten das Gespräch als „sehr wichtig und sehr gut“ bezeichnet, hieß es weiter. Steinmeier habe Selenskyj seine „Solidarität, Respekt und Unterstützung für den mutigen Kampf des ukrainischen Volkes gegen den russischen Aggressor ausgesprochen“.
Lesen Sie aus unserem Angebot: Olaf Scholz spielt „beleidigte Leberwurst“
Deutschland habe die Ukraine „in ihrem Verteidigungskampf von Anfang an finanziell, wirtschaftlich und auch militärisch unterstützt“ und stehe „mit vereinten Kräften solidarisch an der Seite der Ukraine“. Wie aus dem Bundespräsidialamt zu erfahren war, sprach Selenskyj eine Einladung sowohl an den Bundespräsidenten als auch an die Bundesregierung nach Kiew aus. Den Angaben zufolge hatte Steinmeier bereits am 8. April den Wunsch nach einem Telefonat mit Selenskyj an die Ukraine übermitteln lassen. Ein für den 11. April angesetztes Telefonat sei dann aber abgesagt worden, auch weitere Termine seien von ukrainischer Seite verschoben worden.
Eine Ausladung des Staatsoberhauptes ist in der bundesdeutschen Geschichte einmalig
Das nun erfolgte Telefonat der beiden Staatsoberhäupter ist ein klares Zeichen für den beiderseitigen Wunsch nach einem Neustart in dem Verhältnis. Die Lage war seit der gescheiterten Reise Steinmeiers nach Kiew Anfang April angespannt, Gespräche hatte es seitdem nicht gegeben. Damals hatte Steinmeier auf Initiative Polens mit dem polnischen und den drei baltischen Amtskollegen nach Kiew reisen wollen.
Als Steinmeier schon in Warschau war, wurde der polnischen Seite in einer diplomatischen Note aus der Ukraine deutlich gemacht, dass der deutsche Präsident nicht willkommen sei. Hintergrund ist dessen Russlandpolitik als Außenminister unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eine Ausladung des Staatsoberhauptes ist in der bundesdeutschen Geschichte einmalig.
Auch Macron wird in diesen Tagen in Kiew erwartet
Seit dem Affront ist die deutsche Reisediplomatie - neben der Frage der deutschen Unterstützung der Ukraine im Krieg – ein politisches Dauerthema. Erst dieser Tage hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) noch einmal deutlich gemacht, dass die Absage auch einer Reise von ihm im Weg stehe. Daraufhin hatte der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, der die Missstimmung zuletzt immer wieder in Interviews und auf Twitter befeuert hatte, den Bundeskanzler als „beleidigte Leberwurst“ bezeichnet.
Nach dem Telefonat könnte nun sowohl eine Reise des Kanzlers als auch des Präsidenten anstehen.
Zunächst allerdings ruht die Aufmerksamkeit auf dem kommenden Sonntag und Montag, wenn das Gedenken ans Ende des Zweiten Weltkrieges begangen wird. Zu diesem Datum wird Bundestagspräsidentin Bärbel Bas nach Kiew reisen.
Zugleich wird erwartet, dass Bundespräsident Steinmeier am Sonntag in einer Rede das Thema der Unterstützung der Ukraine in den Mittelpunkt stellt. Auch der französische Staatspräsident Emmanuel Macron wird in diesen Tagen in Kiew erwartet – Spekulationen, dass Scholz ihn begleiten könnte, halten an.