Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) Foto: dpa

Wer einen Angehörigen pflegt, soll die Möglichkeit bekommen, im Job kürzerzutreten, ohne in finanzielle Nöte zu geraten. Kabinett und Bundestag billigten jetzt einen entsprechenden Gesetzentwurf.

Berlin - Bei einem plötzlichen Pflegefall in der Familie sollen Arbeitnehmer künftig zehn Tage lang bezahlt im Job pausieren können.

Bis zu zwei Jahre können sie zudem künftig im Job kürzertreten: Sie bekommen einen Rechtsanspruch auf sechs Monate Pflegezeit, also auf eine komplette Auszeit, sowie auf bis zu 24 Monate Familienpflegezeit mit einer Reduzierung der Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden. Entsprechende Regelungen brachten Bundeskabinett und Bundestag am Mittwoch in Berlin auf den Weg.

Die zehntägige Auszeit ist zur Organisation der Pflege vorgesehen. Der Lohnersatz soll ab 1. Januar bis zu 90 Prozent des Nettoeinkommens betragen. Die Auszeit gab es bislang zwar schon - allerdings unbezahlt. Zur Finanzierung dieses Pflegeunterstützungsgelds werden aus der Pflegekasse rund 100 Millionen Euro bereitgestellt.

Ebenfalls können Arbeitnehmer heute schon sechs Monate aus dem Job aussteigen, um sich um einen kranken Angehörigen zu kümmern. Künftig sollen sie ein zinsloses Darlehen für diese Zeit aufnehmen können, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Pflege und Beruf besser in Einklang bringen

Pflege und Beruf sollten besser miteinander in Einklang gebracht werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Berechtigt zur Inanspruchnahme der Möglichkeiten sind künftig etwa auch Stiefkinder, Schwäger oder Partner in homosexuellen Partnerschaften, die keine eingetragenen Lebenspartnerschaften sind.

SPD-Fraktionsvize Carola Reimann wertete das Gesetz als wichtigen Schritt für pflegende Angehörige. Sie sprach sich zugleich dafür aus, dass über die Pläne hinaus künftig die Ansprüche auch bei Wahlverwandtschaften bestehen. Menschen, die füreinander einstehen, sollten auch ohne verwandtschaftliche Beziehungen die Auszeit zur Pflege nehmen können, sagte Reimann.

Außerdem haben Angehörige ab 2015 einen Rechtsanspruch darauf, in der letzten Lebensphase des pflegebedürftigen Familienmitglieds drei Monate lang weniger zu arbeiten oder auch ganz auszusetzen. Der Rechtsanspruch gilt auch für die Betreuung eines pflegebedürftigen minderjährigen Kindes.

Das Familienministerium geht davon aus, dass 2018 rund 7000 Menschen die Möglichkeiten zur Arbeitszeitreduzierung nutzen könnten. 4000 könnten sich demnach für das Darlehen entscheiden. Die Familienpflegezeit hatten im vergangenen Jahr nur rund 150 Menschen genutzt. Nach Angaben des Ministeriums gibt es zurzeit rund 400.000 Berufstätige in Deutschland, die einen Angehörigen pflegen.

Der Sozialverband VdK begrüßte die Regelungen, kritisierte aber, dass die Familienpflegezeit nur für Unternehmen ab 15 Mitarbeitern verpflichtend sein soll.