Das Waiblinger Amtsgericht an der Bahnhofstraße. Foto: Pascal Thiel

Ein 22-jähriger Angeklagter ist auf Bewährung aus der U-Haft entlassen worden. Diese Gelegenheit hat er genutzt, einen weiteren Betrug zu begehen. Doch vor Gericht flog das nun auf.

Waiblingen - Bis auf weiteres werden Sie in Untersuchungshaft genommen.“ Der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts Waiblingen hat bereits Justizwachtmeister in den Verhandlungssaal beordert – dass der 22-jährige Angeklagte nicht mehr als freier Mann das Gerichtsgebäude an der Bahnhofstraße verlassen würde, hatte sich daher bereits abgezeichnet. Zu Beginn der Verhandlung am Montag war das nicht der Fall gewesen.

Gewerbsmäßiger Schwindel mit fiktiven Eintrittskarten

Der wegen 68 Fällen des gewerbsmäßigen Betrugs angeklagte Mann aus Kernen hatte sämtliche Taten gestanden. Über eine Internetplattform hatte er Eintrittskarten oder Gutscheine für Veranstaltungen verkauft, die nicht existierten. Die Preise lagen zwischen 32,50 Euro und 400 Euro. „Es sind keine riesigen Beträge. Aber nicht jeder Konzertbesucher ist vermögend und 200 Euro in den Wind schreiben zu müssen, ist für viele bitter“, bemerkte der Richter in der Urteilsbegründung. Zwei Jahre ohne Bewährung verhängte das Gericht für diese Taten.

Eine Frage der Staatsanwältin hatte wie ein Paukenschlag den Prozess in eine andere Richtung versetzt. „Sie brauchen jetzt nichts dazu ausführen, aber uns liegt eine Anzeige aus dem Dezember 2018 wegen eines neuen Vorfalls vor“, sagte die Anklägerin. „Dazu hab ich noch gar nichts von der Polizei gehört“, erwiderte der 22-Jährige reichlich verdutzt. Auch seine Verteidigerin wirkte einigermaßen sprachlos.

Davor hatte sie noch berichtet, ihr Mandant habe in ein paar Fällen den Schaden wieder gutgemacht – soweit es ihm mit Hartz IV möglich sei. Der angerichtete Schaden durch die 68 Fälle beläuft sich auf mehr als 7000 Euro. Ein Betrag, den der 22-Jährige unter seinen Lebensumständen so schnell nicht bezahlen können wird.

„Ich habe keinen Schulabschluss“, sagte er nach seinem Lebenslauf befragt. „Ich bin nach der achten Klasse ausgeschult worden. Eigentlich war ich ganz gut in der Schule, aber die war nie so mein Ding. Ich wollte lieber arbeiten.“ Doch das habe nicht geklappt. „Ich bin zum Jobcenter, aber die hatten nichts für mich.“ So sei er die meiste Zeit zu Hause bei seinem Eltern gewesen und habe Playstation gespielt. Schuld an der ganzen Misere sei sein Drogenkonsum gewesen. Er habe täglich Marihuana im Wert von 25 bis 50 Euro geraucht. „In dem Zustand war ich ein anderer. Ich hatte keine Reue.“

Ein nicht nachvollziehbares Verhalten

Und scheinbar kein Einsehen. Die Polizistin, bei der nach und nach eine Anzeige nach der anderen einging und die den 22-Jährigen bereits seit Jahren kennt, versuchte noch, ihm ins Gewissen zu reden: „Jetzt wird es aber langsam eng.“ Vergeblich, schließlich wurde er im vergangenen Jahr verhaftet und verbrachte zwei Wochen in Stammheim. „Das war eine schlimme Zeit“, sagte er darüber. Eine Warnung schien es ihm jedoch nicht gewesen zu sein, denn die neue Straftat hat er nur wenig später begangen. Der Schaden: 400 Euro.

Nachvollziehbar sei dieses Verhalten nicht, bemerkte der Vorsitzende Richter. An eine Bewährung sei in diesem Fall nicht zu denken gewesen, allein schon wegen der gebrochenen Bewährung, durch die der Haftbefehl im vergangenen Jahr außer Vollzug gesetzt worden war.