Das Gericht verurteilte die Betrügerin und Urkundenfälscherin zu einer Bewährungsstrafe. Foto: dpa

Es ist ein skurriler Betrugsfall, den das Amtsgericht Böblingen am Mittwoch zu verhandeln hatte. Eine 31-Jährige hatte ihren Arbeitgeber Glauben gemacht, mit Drillingen schwanger zu sein.

Weil im Schönbuch - Die Stiftung Liebenau lässt sich offenbar nicht nur formal vom Grundsatz der christlichen Nächstenliebe leiten. Zumindest hat das Sozialunternehmen gegenüber einer früheren Mitarbeiterin Gnade walten lassen.

Bis heute hat die Stiftung darauf verzichtet, bei der Frau rund 8600 Euro Lohn einzutreiben, der zu Unrecht überwiesen wurden. Um diese Summe hat die 31-Jährige die Stiftung betrogen, auf eine Art, die „etwas skurril ist“, wie der Richter Werner Kömpf feststellte. Dass der Betrug auffliegen würde, war vom Tag der Tat an unvermeidbar. Ebenso wie die Tatsache, dass die Frau sich irgendwann vor dem Amtsgericht würde verantworten müssen. Am Mittwoch hat Kömpf sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Die 31-Jährige hatte im Haus Martinus in Weil im Schönbuch als Pflegehelferin gearbeitet. Am 16. Juli 2014 gab sie die frohe Botschaft bekannt, dass sie Mutter werden würde. Das ärztliche Attest reichte sie erst nach, als die Personalabteilung es forderte. Es kam per Fax mit dem Briefkopf der Universitätsklinik Tübingen. Gemäß dem Schreiben erwartete die Frau eine schwere Schwangerschaft. Drillinge sollten in ihrem Leib heranwachsen. Angesichts dessen verhängten die Ärzte ein Arbeitsverbot. Was unnötig gewesen wäre. Das Haus Martinus befreit schwangere Pflegekräfte ohnehin von der Arbeit. Nicht nur, weil bettlägerige Bewohner des Pflegeheims gehoben werden müssen, sondern auch wegen der Gefahr von Infektionen.

Die Vorlage für das gefälschte Attest war schlicht aus den Internet kopiert

Die Vorlage für das gefälschte Attest hatte die Frau schlicht aus dem Internet kopiert. Dies nicht zum ersten Mal. In der Anklageschrift war auch eine Urkundenfälschung aus dem Jahr 2012 erfasst. Damals hatte die 31-Jährige ihrem Arbeitgeber eine gefälschte Heiratsurkunde vorgelegt. Dies aus Scham, wie sie sagte. Ihr damaliger Verlobter habe sie drei Tage vor dem Hochzeitstermin verlassen. „Ich konnte das einfach nicht zugeben“, sagte sie vor Gericht. Allem Anschein nach waren seinerzeit auch die Lebensumstände der Frau etwas skurril. Jener Mann lebte unter falschem Namen mit ihr zusammen.

Zwischen der Tat und der Anklage vergingen Jahre, weil die 31-Jährige zwischenzeitlich verschwunden war. Bei der Polizei ging eine Vermisstenanzeige ein. Ihr Vermieter vermisste weniger seine Mieterin als seine Miete und war ebenfalls auf der Suche nach ihr. Zwischenzeitlich lebte sie ein Jahr lang ohne Obdach. Im Haus Martinus wurde sie zunächst mit unbezahltem Urlaub weiter beschäftigt. Als nach einem Besuch der Polizei offenbar wurde, dass die Mitarbeiterin wohl nicht mehr erscheinen würde, folgte die Kündigung. Die war zumindest theoretisch erschwert, weil der Kollegenkreis sie in den Betriebsrat gewählt hatte.

„Sie haben grundlos alles aus den Händen gegeben, was sie hatten“, sagte Kömpf der Angeklagten und empfahl ihr, sich neue Arbeit zu suchen. „Schließlich herrscht absoluter Pflegenotstand.“ Derzeit lebt die 31-Jährige vom Geld ihres aktuellen Lebensgefährten. Acht Monate Haft zur Bewährung verhängte der Amtsrichter für die vorgetäuschte Schwangerschaft, zwei Wochen für die letztlich folgenlose Fälschung der Heiratsurkunde.

Die 8600 Euro Lohn „wird der Arbeitgeber wohl abschreiben müssen“, sagte Kömpf. Zumindest scheint eine Wiederholung im Haus Martinus erschwert, wie eine Verwaltungsangestellte erklärte. Kopien von Urkunden würden nicht mehr akzeptiert. „Wir verlangen jetzt Originale, und die schauen wir genau an.“