Der Chef einer Prozessfinanzierungsfirma soll 1,2 Millionen Euro Schaden verursacht haben Foto: dpa

Einem Ex-Firmenvorstand einer Aktiengesellschaft wirft die Staatsanwaltschaft Insolvenzverschleppung, vorsätzlichen Bankrott, Betrug, Untreue und den Missbrauch von Kreditkarten vor. Knapp 1,2 Millionen Euro Schaden soll der 61-Jährige zwischen 2007 und 2011 verursacht haben.

STUTTGART - Eigentlich will der 61 Jahre alte Angeklagte ein Geständnis ablegen – eigentlich. Zu dem einen oder anderen Vorwurf sagt er auch unumwunden: „Ganz klar, das trifft zu.“ Dann aber rudert der ehemalige Vorstand einer Firma für gewerbliche Prozesskostenfinanzierung in Stuttgart zurück, was den Prozess vor der 10. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts nicht gerade vereinfacht.

Dem ehemaligen Justizmitarbeiter und gescheiterten Firmenvorstand einer Aktiengesellschaft wirft die Staatsanwaltschaft Insolvenzverschleppung, vorsätzlichen Bankrott, Betrug, Untreue und den Missbrauch von Kreditkarten vor. Ein ganz schönes Pfund. Knapp 1,2 Millionen Euro Schaden soll der 61-Jährige zwischen 2007 und 2011 verursacht haben. „Ich wollte niemanden betrügen“, sagt der Angeklagte.

Das Geschäft der Prozessfinanzierer läuft folgendermaßen: Eine Privatperson oder eine Firma hat Außenstände, der Schuldner zahlt nicht. Auch Erbstreitigkeiten und anderer Geldzwist, der vor Gericht geklärt werden soll, fällt ins Portfolio der Prozessfinanzierer. Das Unternehmen prüft die Erfolgsaussichten einer Klage. Obsiegt man vor Gericht, bleiben 25 bis 30 Prozent der erstrittenen Summe beim Finanzierer.

„Das lief sehr erfolgreich“, sagt der Angeklagte, aber: „Ich war wohl zu naiv, was die Zusammenarbeit mit Anwälten betrifft.“ Mehrere Fälle hätten sich jahrelang hingezogen, wodurch kein Geld floss. Ab 2008 war die Stuttgarter Firma laut Anklage zahlungsunfähig. Einen Insolvenzantrag stellte der 61-Jährige nicht. Auch die Buchführung wurde nicht mehr regelkonform gemacht, von den Bilanzen ganz zu schweigen. „Wir konnten den Steuerberater nicht mehr bezahlen“, so der Familienvater.

Trotzdem hat er weitergemacht. Er soll sechs Verträge mit Kunden geschlossen haben, in denen er ihnen eine Garantiesumme versprach. Und das, obwohl seine Firma pleite war. Im Fall eines Maklers, der sechs Millionen Euro Courtage einklagen wollte, schloss der 61-Jährige einen Vergleich, behielt dies aber für sich – und strich die 621 000 Euro komplett ein.

„Ich habe das Geld aber nicht sinnlos ausgegeben, sondern eine Immobilie gekauft“, sagt er. Zudem soll er 290 000 Euro von Firmenkonten abgehoben haben, um das Geld vor Gläubigern zu retten. Den Erlös aus einem gewonnenen Prozess in Höhe von 72 000 Euro splittete er auf: 12 000 Euro in bar an sich, 60 000 Euro gingen aufs Konto seines Sohnes.

Jetzt steht der Mann mit 1,2 Millionen Euro Schulden da und hält sich mit einem 450-Euro-Job als Fahrdienstleiter bei einem Busunternehmen über Wasser. Sein Verteidiger Andreas von Scholley will sich für eine Bewährungsstrafe verkämpfen. Ob sich die Kammer unter Vorsitz von Richter Claus Belling bei solch einem Nicht-Geständnis dazu durchringen kann, bleibt abzuwarten.