Zwischen der Filialkette Nordsee und der Gewerkschaft ist ein heftiger Streit entbrannt. Foto: dpa

Die Gewerkschaft und die Restaurantkette Nordsee streiten sich vor Gericht. Grund ist die Einstufung von 200 Beschäftigten als Leitende Angestellte – kurz vor der Betriebsratswahl.

Bremen - Zwischen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Fischrestaurantkette Nordsee ist ein heftiger Streit über die Mitbestimmung entbrannt. Das Bremerhavener Unternehmen habe die jüngsten Betriebsratswahlen bereits im Vorfeld „massiv gestört“ und nach den Wahlen fast alle Ergebnisse gerichtlich angefochten, kritisierte die NGG. Das sei ein „beispielloser Vorgang“ und ein „breiter Angriff auf die gesetzlich verankerte betriebliche Mitbestimmung“, meinte der stellvertretende Gewerkschaftschef Guido Zeitler. Eine Firmensprecherin wollte sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht dazu äußern, „da es sich um ein laufendes Verfahren handelt“.

Nach Darstellung der NGG soll sich der Konflikt so abgespielt haben: Vor den Betriebsratswahlen vom 21. März habe Europas größte Fischrestaurantkette „kurzerhand mehr als 200 regulär Beschäftigte einseitig zu Leitenden Angestellten erklärt“, darunter viele bisherige Betriebsratsmitglieder. Damit habe sich die Zahl der angeblich Leitenden auf einen Schlag mehr als verzehnfacht. Eine Gehaltserhöhung oder eine reale Ausweitung ihrer Kompetenzen sei damit nicht verbunden.

NGG-Vizechef Zeitler sprach von einem „ganz billigen Taschenspielertrick“. Denn Leitende Angestellte dürften einem Betriebsrat weder angehören noch ihn mitwählen. Außerdem müssten sie „massive Einschränkungen im Kündigungs- und Arbeitsschutz hinnehmen“.

Die NGG will die Wahlen für unwirksam erklären lassen

Laut NGG-Sprecherin Karin Vladimirov beteiligten sich die Betroffenen trotz ihrer neuen Einstufung an den jüngsten Wahlen, indem sie mit abstimmten und sich teilweise auch wählen ließen. Deshalb habe das Unternehmen kürzlich bei mehreren Arbeitsgerichten den Antrag gestellt, die Wahlen fast aller Betriebsräte für unwirksam erklären zu lassen.

Im Gespräch mit unserer Zeitung verteidigte NGG-Sprecherin Vladimirov am Dienstag die Wahlteilnahme der neu Eingestuften. Sie seien zwar allesamt Filialleiter, aber trotzdem keine Leitenden Angestellten. Denn sie erfüllten nicht die Kriterien, die das Arbeitsrecht für diese Einstufung vorschreibe. So fehle den Filialleitern die Kompetenz, Beschäftigte selbstständig einzustellen oder zu entlassen. „Sie wurden nur als Leitende Angestellte deklariert, ohne es wirklich zu sein“, so Vladimirov.

Laut NGG richten sich die Wahlanfechtungen gegen alle zwölf regionalen Betriebsratsgremien, die für jeweils mehrere Filialen in Deutschland zuständig seien; nur die Wahl des Betriebsrats in der Hauptverwaltung werde offenbar nicht angefochten. Bisher habe noch keines der angerufenen Arbeitsgerichte eine Entscheidung gefällt.

Die Gewerkschaft will den Streit durch alle Instanzen austragen

Vizechef Zeitler kündigte an: „Wir gehen mit unseren Mitgliedern in diesen Kampf.“ Wenn nötig, werde der Streit durch alle Instanzen bis hinauf zum Bundesarbeitsgericht ausgetragen.

Dass auch Filialleiter in den Betriebsräten mitwirkten, sei bei der Nordsee historisch so gewachsen, sagte Vladimirov weiter.

Schon 2016 hatte der Konzern den Zorn der Gewerkschaft auf sich gezogen: Laut NGG kündigte er damals den Haustarifvertrag und wechselte in den niedrigeren Tarif der Systemgastronomie, der seitdem für neu Eingestellte gelte. Die unterste Gehaltsgruppe liege hier knapp über dem Mindestlohn.

NGG-Vize Zeitler: „Der Ton ist in der Vergangenheit rau geworden und die ehemals gute Sozialpartnerschaft nur noch ein Schatten ihrer selbst.“