Das Mittagessen ist ein wichtiger Baustein der Ganztagsschule. Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die Ganztagsschule darf zum Wohle der Kinder nicht aufs Abstellgleis, kommentiert Renate Allgöwer

Stuttgart - Es ist so eine Sache mit Anspruch und Wirklichkeit. Vor Jahren hat sich die damalige grün-rote Landesregierung dem gebundenen Ganztagsbetrieb an der Grundschule verschrieben: mit rhythmisiertem Wechsel zwischen Unterricht und betreuten Angeboten, mit hohem pädagogischen Anspruch, mit dem Versprechen auf Entkopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg und mit der Pflicht zur Teilnahme am Ganztagsbetrieb.

Nur diese Angebote wollte der Staat noch fördern – weil sie pädagogisch wertvoll sind. Das ist relativ unumstritten. Doch die Bürger folgten dem hehren Anspruch des Staates nicht. Zumindest nicht in dem erwarteten Maß. Viele Eltern wollen die Ganztagsgrundschule einfach nicht. Sie wollen für ihre Kinder eine Betreuung – dann, wenn es ihre persönliche Situation erfordert. Diesem Wunsch kommt das Land jetzt weit entgegen, indem es diese freiwilligen nachmittäglichen Betreuungsangebote der Kommunen finanziell unterstützt.

Entscheidung nicht aus pädagogischen Gründen

Die reine Lehre des gebundenen Ganztags hat sich nicht durchsetzen lassen. Darauf reagiert die CDU-Kultusministerin jetzt. Die Entscheidung erfolgt nicht aus pädagogischen Gründen. Susanne Eisenmann selbst schätzt die Bedeutung der Ganztagsschule hoch ein. Der Wiedereinstieg des Landes in die Finanzierung neuer unverbindlicher Kinderbetreuung hat nichts mit besseren Bildungschancen für die Kinder zu tun. Sie ist ein freiwilliger Millionenbeitrag der Regierung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Das ist legitim. Die gebundene Ganztagsschule sollte aber angesichts der neuen Vielfalt und Flexibilität der Betreuungsangebote nicht aus dem Fokus der Politik geraten. Sonst wäre für viele Kinder eine Chance vertan.

renate.allgoewer@stzn.de